Grußformen in der Schule

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Man grüßt sich in der Schule, das ist schon einmal gut. Lehrkräfte grüßen einander, Schüler und Schülerinnen grüßen Lehrkräfte und umgekehrt, man grüßt einander mündlich im Klassenzimmer oder auf dem Gang, und schriftlich im Messenger oder im Info-Portal.

Dabei gibt es Formen, unter anderem meine und die von anderen; meine sind die richtigen. Aber vermutlich ist das auch wieder Ansichts- oder Generationensache.

Mündlich

„Hallo“ oder „Guten Morgen“, jeweils auch mit kleinen Varianten: Das ist alles okay, egal zwischen wem. „Grüß Gott“ wäre auch in Ordnung, das hört man aber selten. „Moin“ geht nur bei dem einen Kollegen, der in Kiel geboren wurde.

„Servus“ geht sehr viel seltener. Zwischen Schülern und Schülerinnen (eher: Schülern) ist das natürlich völlig okay, zwischen Lehrern und Lehrerinnen (eher: Lehrern, und da auch nur von bestimmter Sozialisation) auch. Zwischen Schülerinnen/Schülern und Lehrkräften ist das in der Regel nicht okay, aber zumindest in meiner Gegend verbreitet. Die Schüler und Schülerinnen (eher: Schüler) wissen allerdings nicht, dass das nicht akzeptabel ist.

Manche Lehrkräfte haben wohl nichts gegen „Servus“ oder reden die Klassen selbst so an, das wird jedenfalls immer wieder erzählt. Vermutlich sind das dann die Lehrkräfte, die auch „kids“ sagen. Ich kenne allerdings nur welche, die das ebenfalls nicht gut finden; nicht alle monieren das so regelmäßig wie ich – man muss sich seine Erziehungskämpfe aussuchen: Pünktlichkeit, Mütze, Servussagerei, da setzt man halt Schwerpunkte.

Warum geht „Servus“ nicht? Es ist zu kumpelhaft. Beim Wandern: ja, beim Sport: auch, ebenso in der Kneipe. In der Bank? Nein. In der Schule: auch nicht. Dass es regional hier in München verbreitet ist, ändert nichts, dass es nicht in allen gesellschaftlichen Situationen angebracht ist.

Wer entscheidet das? Mindestens der Angesprochene.

Schriftlich

Das gibt es mehr Spielraum. Schriftlich gibt es im Kollegium über das Infoportal und den Messenger, zwischen lehrkräften und Schülern/Schülerinnen über den Messenger.

Nie verkehrt: Mit „Sehr geehrter Herr/Sehr geehrte Frau“ den Kontakt beginnen. Die nächsten Stufen wären „Liebe Frau/Lieber Herr/Lieber Max“ beziehungsweise „Hallo Herr/Hallo Séverine“ beziehungsweise ganz ohne Anredeformel.

Korrekt ist dabei die Anredeform mit „Liebe/Lieber“. Ich weiß noch, wie mir das in der 5. Klasse beigebracht wurde, das heißt, ich wusste es vorher schon, aber in der 5. Klasse musste ich einen Brief damit wirklich schreiben und abschicken. Das war mir damals viel zu intim; das Hallo-Sagen schien angemessen distanziert. Teenager halt. Den meisten meiner Kollegen und Kolleginnen, nicht nur den jüngeren, ist das „Lieber“ aber wohl auch zu persönlich, jedenfalls vermeiden und scheuen sie es und beginnen mit „Hallo“. Soll sein, soll sein, von mir aus.

Gar nicht korrekt ist aber das „Liebe Grüße“ als Schlussformel. Gegen Ende des letzten Jahrtausends konnten Die Fantastischen Vier noch singen „Mit freundlichen Grüßen“ (Youtube), die Zeiten sind vorbei: Auch in Geschäftsbriefen, sagen mir sich in diesen Gefilden herumtreibende Menschen, sind die Grüße immer häufiger lieb anstatt freundlich. Dienstlich dann auch gerne mal als LG abgekürzt.

Richtig sind: Mit freundlichen Grüßen, vielen Grüßen, herzlichen Grüße, und wenn Verhältnis und Inhalt tatsächlich innig sind, dürfen die Grüße natürlich auch lieb sein.

Vorschlag

Am besten beginnt man mit „Sehr geehrt“ und schaut, was zurückkomt. Vielleicht ist es ein Angebot, auf „Lieber“ zu wechseln, dann macht man damit weiter, oder schlägt das Angebot aus. Man kann pro Nachricht immer um eine Eskalationsstufe auf einmal herauf oder herunter gehen. Bei mir landet man dann in Messengernachrichten, je nach Häufigkeit der Nachrichten, bald auf Formen ohne Anrede und Schlussgruß, aber wenn der andere nicht will, komme ich gerne eine Eskalationsstufe entgegen. Bei Nachrichten im Infoportal, meist länger, verwende und erwarte ich Anrede- und Schlussformel.

Kurz: Schauen, wie die andere Person reagiert, und erst einmal eine Stufe entgegenkommen. „Servus“ geht bei mir nicht, „Sehr geehrter Herr“ von einem meiner aktuellen Schüler oder einer Schülerin ist mir unnötig förmlich, mindestens im Messenger. Ich würde dann ja gerne auf der gleiche Eskalationsstufe antworten, aber wie lautet die: Sehr geehrte Séverine?


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Kommentare

19 Antworten zu „Grußformen in der Schule“

  1. Hier im Norden geht „Moin“ ja immer, zumindest mündlich. Schriftlich dann eher unter Kollegen. Von Eltern und Schülern akzeptiere ich auch „Guten Morgen/Tag/Abend“. „Servus“ hat hier bisher nur ein Schüler (dafür konsequent bis zum Abi) zu mir gesagt, mit Augenzwinkern auf mein „Moin“ vermutlich.

    „LG“ ist für mich unter Kollegen okay, es hätte ja auch distanziert einfach nur „Gruß/Grüße“ sein können. Ansonsten sehe ich derartige Floskeln als öffnende und schließende Tags, also als Beginn und Schluss einer Mail, ohne tiefere Bedeutung. Daher kann ich auch sehr lange „Mit freundlichen Grüßen“ schreiben, ohne dass das eine hohe Distanz bedeuten soll.

  2. Chris

    Nördlich von München reißt neuerdings das „Servus“ (lange Jahre fast vergessen, da weder cool noch schick) ganz grauenvoll ein: Schüler zu Lehrer, den er irgendwo trifft, fremde Person bei Spaziergang im Wald, auch wenn Person 18 und Spaziergänger 70. Vor Jahrzehnten war „Servus“ exklusiv dem Gruß unter Freunden, innerhalb der Familie, vielleicht von Handwerkern, die sich nicht kannten, vorbehalten. Mich irritieren die neuen Konventionen, aber was weiß ich schon …

  3. Gepiros

    Ja, Servus von Schülern geht gar nicht.

    Ich finde die Ortsangabe immer recht charmant. Also Gruß aus dem LZ, aus Raum 204, aus dem Zug etc.

    Von daheim aus:

    Herzliche Grüße aus Rosen🌹heim

  4. Guten Morgen,

    manche Kollegen eröffnen das Gespräch mit „Moinsen“. Ich weiß nicht, woher es kommt, jedenfalls finde ich es grauenhaft. Ich selbst beginne, je nach angesprochener Person, mit „Hallo …“ oder „Guten Tag / Guten Morgen…“ und schließe mit:

    Grüße
    Carsten K.

  5. Danjke für die Einschätzungen! Ich habe auch auf Mastodon gepostet: https://fnordon.de/deck/@herr_rau/115553305930385974 – da sieht man das eher auch so wie hier, aber vereinzelt gibt es hartnäckige Servus-Vertreter für Randgebiete von München und Oberbayern, die das da als unmarkierte Form sehen. Das nehme ich mal zur Kenntnis, behalte mir aber eine gewisse Skepsis vor. „Never trust a native speaker“ hieß es in der Anglistik immer.

  6. Man muss immer zwei oder drei native speakers befragen, einer allein ist gefährlich.

  7. Eule

    Die Grußformel „Liebe/r“ empfinde ich in nichtfamiliärem Kontext („Liebe Tante Kunigunde“) als grundsätzlich hierarchisch von oben herab. Sowas schreibt ein Professy an Studentys, weil „sehr geehrte/r“ zu förmlich wäre und „Hallo“ zu jovial. Ich höre da meist wahlweise einen Seufzer oder einen erhobenen Zeigefinger mitschwingen. Von unten nach oben empfinde ich es als etwas unbeholfen; für die Schülys ist es schriftlich aber in der Regel das was sie nutzen.

    Ich selbst nutze gegenüber Schülys und Kollegys „Hallo“, auch schriftlich. Mündlich auch „Moin“, halbironisch „Morgen allerseits“ oder manchmal humoresk „Hallöchen“ (das kann gerade in möglichen Konfliktsituationen helfen, diese etwas aufzubrechen, weil meist irgendwer über eine derartige Peinlichkeit lachen muss).

    Was im Schulkontext immer geht ist natürlich „Guten Morgen“, und zwar zu jeder Tageszeit und faszinierenderweise auch außerhalb des Gebäudes – ich habe mehr als einmal erlebt, dass Schülys mich abends irgendwo gesehen und reflexhaft mit „Guten Morgen“ gegrüßt haben.

    Als Abschiedsformel „Viele Grüße“, denn bei „Liebe Grüße“ schwingt zu viel persönliche Nähe und Zuneigung mit. Oder in Messengern halt gar nichts, da empfinde ich Abschiedsformeln eher als Ärgernis (und nutze nur widerwillig knappe Eingangsformeln). Eine Message soll einen klaren Sachverhalt knapp umreißen, das ist kein Brief.

  8. Ivo

    Hallo Eule,

    wirklich aus Interesse:

    Sagst du auch in der Schule: „Hey, Kollegys, die Schülys haben wieder das Klo verwüstet!“? Oder benutzt du das nur schriftlich?

    Danke.

    Ivo

  9. Sabine

    Ich glaub fast, ich bin allein mit meiner tief sitzenden Abneigung gegen das schriftliche „Hallo Frau/Herr…“, das sich für mich massiv respektlos anfühlt. Wer mir damit kommt, hat gleich mal einen schlechten Start, so dass ich mich dann zu Fairness nötigen muss. Ich präferiere „Liebe/r Frau/Herr“, wobei ich das nicht mit irgendwelchen Gefühlen für die angesprochene Person verbinde, genauso wenig wie „Grüß Gott“ etwas mit persönlichem Glauben zu tun hat. Das sind für mich schlicht Formeln, die sich gehören, aber ich sehe schon, das ist alles extrem subjektiv und ich muss mich immer irgendwie bemühen. Was ja letztendlich die Grundlage der Höflichkeit sein sollte. Seufz. Zefix, warum richten sich nicht alle nach mir?

    „Moin“ und gar „Moinsen“, also echt, da kann man gleich nach einer Schrippe oder nach Rotkohl fragen. Da poppt bei mir innerlich der Atlas der Deutschen Alltagssprache auf. Geht vielleicht bei einem echten Nordlicht, quasi als Integrationsangebot.

    Und dann ist da noch der Hausmeister, bei dem ich regelmäßig für das in der Schule eingebürgerte „Guten Morgen“ einen Vortrag kassiere, dass man „Mahlzeit“ sagen müsse und der Morgen nur bis 9 geht. Alles, was recht ist, dieser Bürogruß kommt mir nicht über die Lippen.

  10. Eule

    @Ivo

    Das benutze ich tatsächlich schriftlich und mündlich (allerdings eher selten als Anrede), und ich bin auch nicht alleine damit. „Ein paar Schülys aus deiner Klasse haben mich gefragt, ob …“

    Ich sehe zwei große Vorteile bei dieser Form gegenüber anderen Arten entgendernder Formulierungen: Erstens fügt sie sich nahtloser ein (was bei anderen Arten aber teils bewusst nicht gewollt wird). Und zweitens führt die latente Albernheit öfters dazu, dass andere Leute sie auch mal benutzen WOLLEN, was sonst eher nicht passiert. Und manchmal bleiben sie dann dabei.

  11. >Die Grußformel „Liebe/r“ empfinde ich in nichtfamiliärem Kontext („Liebe Tante Kunigunde“) als grundsätzlich hierarchisch von oben herab.

    Du schreibst, dass die SuS das üblicherweise nutzen, und das sehe ich auch so; für mich klingt das aber nicht unbeholfen, sondern souverän neutral – für mich ist das in beide Richtungen freundliche Augenhöhe. Alle anderen Formen sind viel weniger symmetrisch, finde ich, bis auf das unschöne Hallo. Und bei humoresk bin ich selber raus, aber das ist Typsache. :-)

    Guten Morgen geht immer, ja, auch wenn der Nachmittagsuinterricht um 14 Uhr sprachlich für mich immer etwas zwiespältig ist.

  12. Schriftlich nutze ich beim ersten Mal grundsätzlich Sehr geehrt*e Herr*Frau inklusive Doktortitel o.ä., beim zweiten Mal und auch abhängig von der Reaktion, wechsle ich schriftlich zu Liebe*r Herr*Frau.

    Hallo ist für mich ein rein mündlicher Gruß, das nutze ich in Brief oder Email gewöhnlich nicht, ggf. aber in Chatnachrichten o.ä.

    Ich mache in hierarchischen Strukturen die Erfahrung, dass mein Liebe Frau Müller mit Sehr geehrte Frau Poupou beantwortet wird, das finde ich irritierend und wechsle dann meist wieder zurück und schreibe auch wieder sehr geehrte Frau Müller.

    Servus ist in Berlin und Umland kein Thema.

    Studis mailen mir entweder mit sehr geehrte Frau Poupou oder gerne auch komplett ohne jede Anrede, gelegentlich mit Hallo.

    Als Schlussformel ende ich gewöhnlich mit freundlichen Grüßen, wenn die Begrüßung sehr geehrt war. Sonst gerne mit viele Grüße oder auch herzliche Grüße. Bei freundschaftlicher Beziehung auch liebe Grüße, oder LG, wobei ich letzteres online sehr häufig auch ohne engen Kontakt nutze, ich glaube einfach um eine freundliche Stimmung zu verbreiten.

    Was mir die Fußnägel hochrollt: verschnupfte Grüße oder müde Grüße. Ich verstehe schon wie die Absender*innen das meinen, es klingt für mich aber immer wie ein welker Blumenstrauß.

    LG
    Poupou

  13. Anna Busch

    Ich bin derzeit als Lehrkraft in den USA. Da besteht der interkulturelle Unterschied darin, dass man ab der zweiten bis dritten Email zum Du wechselt, unabhängig vom hierarchischen Status. Bei persönlichen Treffen siezt man nur im nicht-beruflichen Umfeld (beim Arzt, auf dem Amt), sobald man sich im beruflichen Umfeld persönlich trifft, geht man schnell zum Du über, auch beim deutschen Amt (zum Beispiel bei Empfängen in der Botschaft, beim Generalkonsulat u.ä.).

  14. USA: Dass Vornamen üblich sind, wusste ich. (Auch wenn das noch nicht viel heißt.) Das bein Deutschen Amt, also auf Deutsch, war mir neu, vielen Dank!

    >verschnupfte Grüße oder müde Grüße
    Ich bin schon mal kein Freund von Launigkeit, das allein schon mal. :-)

  15. […] Früher am Telefon musste ich „Grüß Gott“ sagen, denn der Auftraggeber saß in München. Heute bin ich schriftlich-dienstlich bei „Liebe/r“, mündlich – sofern ich das Gegenüber kenne und mag, also in 99% der Fälle, bei einem „IT, southpark, Hi!!!“ Herr Rau trat eine epische Diskussion zum Thema Grußformen los. […]

  16. Felix Scholz

    Hallo (oder Servus für die Bayern unterhalb des Weißwurst-Äquators),

    ich muss Ihnen leider widersprechen. Ich weis Sie kommen nicht aus München, aber ich kenne es so, dass das Servus für alles geht. Entweder ist es die bayrische Gemütlichkeit, oder der kollegiale Tatendrang der Oberbayern, aber das Servus ist Standard. Und auch wenn es langsam ausstirbt, hört man es doch noch häufig in allen Bereichen des bayrischen Lebens. Neulich hat mich sogar eine Post-Mitarbeiterin damit angesprochen.

    Wobei ich Ihnen jedoch recht geben muss ist die Empfängeradressierung. Sobald man öfters im Kontakt steht, sollte man seine Ideen davon austauschen, wie man gerne angesprochen wird. Das finde ich passiert sowieso viel zu wenig. Seien es Pronomen, oder Spitznamen. Aber vor allem im schulischen Bereich, bleibt es dann meistens doch bei einem „Wollt ihr das Du oder Sie?“ am Anfang vom Schuljahr. Wenn man Glück hat wird noch ein Spitzname erfragt.

    Sollte man vielleicht mal über die gesellschaftlichen Adressierungsnormen nachdenken? Vielleicht. Aber dann gibt es glaube ich doch deutlich schwerwiegendere Probleme um seine Zeit damit zu verschwenden.

    Damit also freundliche Grüße!

  17. Vielen Dank, Felix, für die Anmerkungen! Kollegialer Tatendrang der Oberbayern, damit kann ich leben. Dennoch, da bleiben feine Nuancen, die vielleicht nicht alle gleich wahrnehmen.

    >schwerwiegendere Probleme um seine Zeit damit zu verschwenden.
    Das hörte man früher noch öfter. Aber man verwendet ja seine Zeit nicht nur auf Probleme, sondern auch auf das Vergnügen.

  18. MM

    Die Zeit meiner Münchner Diaspora liegt ja schon etwas zurück, aber muss das original Minga-Style nicht heißen: „Grießbrei!“, was mit „Grüß Erna, Herr Lehrer!“ beantwortet wird? (Ohne Autokorrektur: „Griaß eich!“/“Griaß eana“) Aber laut den im Umland Beheimateten gibt es München eh keine echten Bayern mehr, sondern nur noch Zuagroaste. Das Netteste, was ich außer dem obligatorischen Saupraiß zu hören bekam, war „Südschwede“ von einem Kollegen, der mit Namen Bayer hieß, aber ein Schwoab war.

  19. „Griaß eana“ wäre schön und echt, aber „Servus“ ist halt so wie die Verkleidung am Oktoberfest.

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