Das Kind steckt in der zweiten Hälfte der 4. Klasse und soll im kommenden Schuljahr aufs Gymnasium. Wie geht das?
Anders als bei Grundschulen können die Eltern entscheiden, auf welche konkrete Schule das Kind soll, das hat nichts mit dem Wohnort, dem Schulsprengel zu tun. Aber natürlich ist es sinnvoll, eine Schule in der Nähe zu wählen. Man sucht sich also ein Gymnasium aus und schreibt das Kind dort ein. Dazu gibt es einen Termin im Jahr (zum Beispiel: heute), bei dem man mit allen nötigen Unterlagen bei der Schule autaucht. Man braucht:
* das Original der Geburtsurkunde (die Schule macht sich eine Kopie davon)
* das Übertrittszeugnis (Original bleibt an der Schule)
* eventuell ein Foto für die Jahreskarte des öffentlichen Nahverkehrs, wenn man mehr als 3 km von der Schule entfernt wohnt
Es gibt dann meist eine lange Schlange, gefolgt von einem kurzen Gespräch mit den Vertretern der Schulleitung, worauf man in einer weiteren mehr oder weniger langen Schlange zur Datenerfassung erkommt, wo Namen und Adressen in den Computer eingegeben und Fahrausweise bestellt werden. Das machen die Sekretärinnen und ein oder zwei Lehrer. Ich zum Beispiel. Wenn also heute mein gesamter Unterricht ausgefallen ist, liegt das daran, dass ich freundlich grüßen und Namen in den Computer tippen musste. Mein regulärer Unterreicht wäre mir lieber, zumal ich heute von 8 bis 18 Uhr in der Schule bin statt wie sonst von 11 bis 15 Uhr. Gestern hatte ein Kollege die Idee, die Schule könnte doch beim zuständigen Landratsamt um personelle Unterstützung bitten, damit keine Lehrer einspringen müssen. Ist eigentlich sinnvoll, ich werde sicher die Schulleitung mit diesem Vorschlag triezen.
Interessant ist so eine Einschreibung aber schon. Man spricht nur kurz mit den Eltern, aber man gewinnt doch Eindrücke. Manchmal sind die Kinder dabei, manchmal die jüngeren Geschwister. Manchmal kennt man Eltern schon, weil die bereits andere Kinder an der Schule haben. Und manchmal…. also gut: einmal, nämlich heute, kannte eine Mutter mein Blog. Ich habe mich im ersten Schreck ganz nüchtern verhalten statt mich offensichtlich zu freuen und jungenhaft-verschämt mit meinen Locken zu spielen… oder was man da so tut.
Am Abend des Einbreibtages weiß die Schule dann ungefähr, wieviel neue Fünftklässler es im nächsten Schuljahr geben wird. Manchmal sind es mehr und manchmal weniger. Wieviele wünscht sich eine Schule?
Hier wird es interessant. Von der Zahl der Schüler an einer Schule hängt vieles ab: Wie viele Mitarbeiter im Direktorat es neben dem Stellvertreter gibt (also wieviel A15-Stellen). Wieviele Anrechnungsstunden der Stellvertreter kriegt, um seinen Tätigkeiten nachzugehen. Und vor allem: wie viele Lehrerstunden der Schule insgesamt zur Verfügung stehen. Das sind Größenordnungen von 1400 Lehrerstunden auf 1100 Schüler. Grob geschätzt, ich kenne keine genauen Zahlen und habe keine Tabelle.
Aus diesem Budget muss aller Unterricht in den Klassen, in der Kollegstufe und im Wahlunterricht bestritten werden. Seit einigen Jahren kann das die Schule selber entscheiden: Mehr Spielraum. Gleichzeitig wurde die Anzahl der Stunden reduziert.
Konkret stellt sich folgende Frage: Nehmen wir an, es haben sich 168 Schüler angemeldet. Das sind entweder sechs Klassen mit 28 Schülern oder fünf Klassen mit 33 oder 34 Schülern. Was soll die Schule machen? Auf der einen Seite sind kleine Klassen besser, keine Frage. Andererseits erhält jede fünfte Klasse 26 Stunden Unterricht von verschiedenen Lehrern. (Tatsächlich sind es im Schnitt sogar mehr Stunden, wenn nämlich aus fünf Klassen sechs gemischte Sport- oder Religionsgruppen gebildet werden. In diesen Fächern werden die Schüler aus dem Klassenverband genommen und neu zusammengesetzt.)
Für fünf fünfte Klassen gehen somit aus dem Gesamtbudget 130 Lehrerstunden drauf, für sechs fünfte Klasse 156. Diese 26 Stunden mehr oder weniger könnte man sonst zum Beispiel verwenden für kleinere – oder mehr – Kurse in der Kollegstufe, oder kleinere Klassen in anderen Jahrgangsstufen, oder gar Wahlunterricht.
Selbst wenn die Budgetrechnung aufgeht, gibt es manchmak ein Problem: Für viele Fächer gibt es nicht genug Lehrer an den Schulen (Personalpolitik Kultusministerium); jede zusätzliche Klasse erfordert mehr Deutsch-, Englisch-, Informatikstunden (oder was auch immer). Soviele Deutsch-, Englisch-, Informatiklehrer gibt es aber nicht. Lehrer sind knapp, und wenn das Ministerium keine Lehrer hat, müsste Pflichtunterricht ausfallen. Das soll natürlich gar nicht passiern.
Anmerkung: Diesen Beitrag und vor allem alle Zahlen darin habe ich im Laufe des gestrigen Tages verfasst. Die Zahlen sollen nur die Probleme illustrieren; bitte daraus keine Rückschlüsse auf die Menge der heutigen Einschreibungen ziehen. Ich veröffentliche natürlich keine echten Zahlen.
Schreibe einen Kommentar