Ich habe in meinem Schulleben insgesamt drei halbwegs böse Briefe gekriegt, ansonsten nur freundliche Kärtchen und Grüße. Aber diese Briefe kennen wohl viele Lehrer. Meinen ersten habe ich im Referendariat erhalten, eine Klage über meinen „sehr individuell gestalteten Notenschlüssel“ in der Englisch-Schulaufgabe. Und dass das sicher an meiner Referendarsunerfahrenheit liegt. Ich habe damals auf den Brief geantwortet, in eher selbstbewusstem Tonfall, wie ich damals dachte, aber es kann sein, dass etwas von der Pampigheit des ursprünglichen Briefes auf mich abgefärbt hat. Darauf kam dann noch ein erbosteres Schreiben, laut dem die Schülermutter in Zukunft nicht mehr zum Schmiedl, sondern gleich zum Schmied gehen würde. Nu, das war’s dann auch.
Dann gab es noch, ein paar Jahre später, einen wohl etwas freundlicheren Brief, in dem es um den Preis der Deutsch-Schullektüre ging. Dieses Schreiben ist nicht mehr erhalten, aber meine Antwort darauf schon – besonnen und sehr brav, wie ich finde.
Eine Variante ist die Beilage zur Schulaufgabe (für Nichtbayern: schriftliche Prüfung), in der man erklärt, warum man die Schulaufgabe für ungeschickt hält. Diese Form kommt auch mit Verbesserungsvorschlägen und Ratschlägen fürs nächste Mal. Ich habe so etwas zwar noch nie gekriegt, kenne das aber von Kollegen: es kommt schon mal vor, dass die sich das an die Tür des eigenen Faches im Lehrerzimmer kleben. Das ist natürlich respektlos. Ts, ts. Aber manchmal verständlich. Hängt halt davon ab. Einige meiner Kollegen geben selber gerne Rückmeldungen an die Lehrer ihrer Kinder, und genauso wie die es verdient haben werden, werden auch manche meiner Kollegen solche Schreiben verdienen.
Wenn die Kommunikation nur einfacher wäre. Manche Lehrer sind oft nur in Sprechstunden erreichbar, da sind dann Briefe naheliegend. Und manche Eltern meinen, sich gegen den „OStR“ mit eigenen Titeln und Berufsbezeichnungen wappnen zu müssen. Wenn die Kommunikation nur einfacher wäre. Patentrezept gibt’s nicht.
— Auslöser dieses Blogeintrags war folgende schöne Rückmeldung, die ich einem Kollegen entwendet habe. München, irischer Pub, Kugelschreiber auf Papierserviette: Kommentar zur mündlichen Englisch-Schulaufgabe mit Bitte, sich die Note noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Diesmal nicht von den Eltern, sondern wohl von der jungen, muttersprachlichen Nachhilfelehrerin:
Den Text darf ich natürlich nicht abdrucken, und der Kollege hat das auch nicht groß herumgezeigt, aber ich habe halt ein neugierig wanderndes Auge und flinke Finger. Ich weiß nicht genau, wie ernst das gemeint war, oder mit wieviel Hoffnung auf Erfolg. Der Tonfall war jedenfalls durchaus freundlich.
(Gespeichert ist das Bild unter dem Namen serviette.jpg – und das war keine einfache Entscheidung. Serviette vs napkin sagt nicht nur etwas über regional unterschiedlichen Gebrauch aus, sondern ist vor allem eines der bekanntesten Merkmale, mit dem ursprünglich zwischen gehobenen Englisch und verachtetem Middle-class-Englisch unterschieden wurde. „Serviette“ ist fast so schlimm wie „toilet“. Generell kann man sagen, dass alles, was feiner klingt, eben das nicht ist. Lange Geschichte.)
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