Also: Hier steht mitnichten alles über Schulbücher, sondern nur über wenige Aspekte davon. Aber meine kleine Blog-Reihe habe ich nun einmal voller Hybris so genannt.
Das Schulbuch aus Sicht der Verwaltung
Schüler und Schülerinnen erhalten in Bayern (und nicht nur da) seit über fünfzig Jahren (mit einer kurzen Ausnahme) die für den Unterricht benötigten Schulbücher kostenlos. Lernmittelfreiheit heißt das.
Dazu erhält jede Schule einen jährlichen Etat, aus dem sie diese Schulbücher kauft. Die für die Schulbücher zuständige Lehrkraft sammelt und koordiniert die Wünsche der verschiedenen Fächer, schaut zu, dass alle etwas kriegen, und sorgt dafür, dass der Etat nicht überschritten wird.
(Diese Entscheidung, welche Bücher gekauft werden, ist auch eine politisch-menschliche, glaube ich. Gerade bei einem der Lehrplanwechsel alle zehn Jahre würde man manchmal gerne ein Jahr aussetzen und mit den alten Schulbüchern weitermachen – so kann man erst einmal in Ruhe sehen, was die neuen Bücher taugen. Aber das geht nur schwer, weil die Eltern, und damit die Schulleitung, halt schon erwarten, dass mit dem Neuesten gearbeitet wird.)
Dieses Geld darf aber nur für solche Schulbücher verwendet werden, die vom Kultusministerium zugelassen sind. Verwenden darf man im Unterricht nämlich so ziemlich alles, was man hat, insbesondere natürlich auch alte Lehrwerke, aber aus diesem Etat kaufen darf man nur aktuell zugelassene Lehrwerke. Und damit so ein Buch zugelassen wird, schickt der Verlag es an das Kultusministerium, das schickt es an einen Gutachter (eine erfahrene Lehrkraft, die dafür Geld erhält), der hat an dem Buch etwas auszusetzen, was der Verlag dann korrigiert und das Buch wieder einreicht, worauf es dann die Zulassung erhält.
Das Schulbuch aus meiner Sicht als Fachlehrer
Zu meiner Schulzeit und in meinen ersten Berufsjahren war es unter Deutschlehrkräften fast schon verpönt, mit dem Deutschbuch zu arbeiten. Das kann nur selektive Wahrnehmung gewesen sein, dennoch: man hat Arbeitsblätter erstellt und Texte kopiert, die man selbst ausgewählt hat. Und ich bin auch immer noch äußerst unzufrieden mit der Textauswahl in Deutschbüchern. Dennoch nutze ich das Buch mehr als früher, einfach um Kopien zu sparen. Dann gibt es halt nur die zweitbesten Texte. Und Deutsch-Lehrerbände, so mit Lösungen oder Erweiterungsvorschlägen oder was da so drin steht, die habe ich noch nie benutzt und werde das wohl auch nie tun.
Im Informatikunterricht nutze ich das Buch pflichtschuldig, aber manchmal nur sehr wenig. Ich brauche es nicht.
Im Englischunterricht bin ich mehr auf Bücher angewiesen. Und da sind Lehrerbände praktisch, bei denen etwa alle neuen Vokabeln im Text farbig markiert sind – in meinen ersten Jahren habe ich das noch mit dem Textmarker selber gemacht. Sind darüber hinaus auch noch die Lösungen von Aufgaben angegeben, nehme ich das mit, ertappe mich aber dabei, wie das zu Oberflächlichkeit führt: Dann schaue ich mir die Aufgaben nicht genau genug an und denke nicht mit.
Das Schulbuch aus der Sicht von Schüler*innnen
Als Schüler und Schülerin kriegt man von diesem Prozess fast nur das Ergebnis mit und das Schulbuch in die Hand gedrückt. Allerdings gibt es eine Ergänzung: Schon zu meiner Schulzeit es im Französischunterricht das das Buch begleitende Arbeitsheft zum Ausfüllen, das man selber bezahlen musste. Das gibt es immer noch. Inzwischen auch noch eines für Englisch. Und auch noch eines für Deutsch. Diese Arbeitshefte haben sich wirklich als praktisch erwiesen – oder sind zumindest eine beliebte Konvention geworden.
Zusatzmaterial zum Schulbuch
Der Verlag hat neben diesem Arbeitsheft noch mehr im Angebot, was man als Schüler oder Schülerin meist gar nicht mitkriegt. Da gibt es zum Beispiel, und das für jede Jahrgangsstufe: einen Schulaufgabentrainer, ein grammatisches Beiheft, ein Satz Grammatikübungen, einen Vokabeltrainer. Für Lehrkräfte gibt es außerdem noch eine Lehrkräftefassung des Buchs, eine Handreichung, Vorschläge zur Leistungsmessung, und einen Foliensatz. Und es gibt die Hörtexte und Videos, die eigentlich essentiell zum Sprachbuch gehören. Dieses Material ist alles nicht lernmittelfrei – wer als Schüler*in Hörtexte aus dem Schulbuch haben will, muss sich das Workbook kaufen, da sind die dan drin. Das finde ich komisch.
Und dieses Lehrkräftematerial: Das kauft entweder die Fachschaft aus dem eigenen, kleineren Etat, oder man kauft es sich selber. Ich halte es für Verschwendung, alles davon als Schule zu kaufen, weil das meiste selten oder nie gebraucht wird; das dürfen dann bitte die selber zahlen, die das nutzen. Anders ist es mit dem Audiomaterial zum Englischbuch, das ist wesentlicher Teil des Lehrwerks, und das hat mir die Schule gefälligst zu stellen. (Tut sie auch, keine Sorge.)
Digitales
Und dann gibt es noch digitale Unterrichtsassistenten – so eine Art digitales Schulbuch, als Software für den Rechner, als App, oder über den Browser. Das sieht für Schüler*innen und Lehrkräfte ähnlich aus, die einen haben halt mehr Zusatzmaterial darauf, je nachdem, was bezahlt wurde. Ich finde die aktuell verfügbaren Systeme, die ich kenne, enorm unpraktisch. (Aber manche Kollegen und Kolleginnen schwören darauf.) Gib mir die Audiodateien als mp3 sinnvoll benannt in einem einzigen Verzeichnis, mehr will ich nicht. Stattdessen kriege ich Oberflächen, die aussehen ganz wie ein Schulbuch, auf denen die Audiodatei per Mausklick startet – aber so, dass ich diese Datei in acht Jahren nur schwer wiederverwenden kann, wenn meine Lizenz ausgelaufen ist. Ganz klar: Der Trend geht zum Leihwerk, wie beim Kindle – Schulbücher auf Zeit.
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