Black Panther: Wakanda Forever (kleinere Spoiler)

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Als Marvel-Fan seit jungen Jahren freue ich mich, dass der Film ordentliche bis gute Besprechungen kriegt. Ich verfolge die Marvel-Filme genau, auch die immer zentraler werdenden Disney-TV-Serien, aber die Serien kann ich gar nicht schauen und von den Filmen habe ich jetzt auch etliche verpasst. Wenn nicht Frau Rau insistiert hätte, vielleicht hätte ich diesen Film jetzt gar nicht gesehen.

Zu lang

Er hat mir dann auch nur mäßig gefallen. Zu lang, zu viel Material, das für die Geschichte oder die Charakterisierung der Figuren nicht wichtig ist. Ich mag ja Ostereier, aber hier sind die Ostereier, die man früher in eine Post-Credits-Szene gesteckt hätte, ausgewalzt zu einem sättigenden Omelette. Ich sehe Martin Freemann immer gerne, aber seine Figur und deren Ex-Frau/CIA-Chefin tragen nichts zum Film bei. Auch „the scientist“ ist überflüssig: Es handelt sich um eine Figur, die eine Erfindung gemacht hat, die inzwischen vom CIA verwendet wird – und Namor will die Verbreitung der Erfindung verhindern, indem er „the scientist“ (eher: the engineer?) tötet. Ich mag ja gern glauben, dass das eine Welt ist, in der Erfinder ganz allein in der Garage Unerhörtes erfinden, aber wenn die Erfindung erst einmal in der Welt ist, lässt sie sich auch da nicht mehr so einfach zurückholen. Da hängt mein Disbelief schief. Tatsächlich ist „the scientist“ ja nur im Film, um dann am Ende ein Superheldenkostüm zu kriegen und für den angekündigten Disney-Sechsteiler vorgestellt zu werden.

Das Ende ist wieder die übliche Marvel-Schlacht, lang und breit, aber diesmal immerhin mit einer Funktion: Beim Zuschauen soll man der Sachen überdrüssig werden, sich wünschen, dass die endlich aufhören. Lasse ich gelten, auch wenn nicht sehr subtil. Parallelen zum Zeitgeschehen habe ich noch in keiner Besprechung gelesen.

Bonuspunkte für alle Szenen mit M’Baku (Winston Duke) und General Okoye (Danai Gurira).

Wings and all

Namor, the Submariner, eine Golden-Age-Figur, 1939 von Bill Everett erfunden, ist eine schwierige Gestalt. Unterwassergesellschaften sind immer schwierig: Pinkeln die einfach ins Wasser oder wie? Wie kommunizieren sie, so mit Schallwellen unter Wasser? Er ist auch schwierig, weil er zwar auch im Comic keine weißen, kaukasischen Züge trägt, aber als Kind eines westlichen Mannes und einer Atlanterin doch irgenwie der weißhäutige Anführer der blauhäutigen Eingeborenen ist. Und er ist schwierig, weil er fliegen kann mit seinen kleinen niedlichen Flügelchen an den Fußgelenken.

Großes Lob für Marvel, dass es sich all dem gestellt hat, einschließlich der Flügelchen, die wirklich ein bisschen dämlich aussehen. Aber das muss so. Ansonsten haben sie die Hintergrundgeschichte von Namor doch recht angepasst, den Kern aber behalten. Das Vornehme der Comicversion fehlt allerdings. Er ist nicht sehr sympathisch, aber so war er ja auch gedacht.

Normale Menschen

Normales Menschen, also nichtsuperheldische, spielen keine Rolle. Normale Nationen, also nichtsuperheldische, auch nicht. Der erste Film endet mit einem neuen Thema, den sich neu anbahnenden Beziehungen zwischen Wakanda und dem Rest der Welt. Der zweite Film beginnt damit, dass Wakanda genau diese Beziehungen wieder abbricht. Das ist gut genug motiviert, aber halt nicht das, was mich interessiert hätte.

Den Mangel an Zivilisten ohne Superfähigkeiten habe ich zum ersten Mal 2014 in einem Blogeintrag zu Captain America 2 festgehalten, und es ist noch schlimmer geworden. Die Comics sind voll von Nebenfiguren ohne Superfähigkeiten. Ja, das gilt natürlich besonders für Spider-Man, den bürgernähsten Superhelden; eine Selbstbezeichung ist ja auch your friendly neighborhood Spider-Man. Das waren Dutzende. Aber auch bei den Fantastic Four gab es zumindest in den ersten Jahrzehnten Wyatt Wingfoot, Willie Lumpkin, den Vermieter des Baxter Building (Name fällt mir nicht ein… evtl ein Herr Baxter?), die Fans, die Johnny Storm um Autogramme bitten, Alicia Masters. Die Avengers hatten Jarvis, und, und, ich müsste nachschauen – Presseinterviews, Rick Jones, da waren bestimmt noch mehr. Die Serie Damage Control zeigte die Marvel-Welt aus Sicht der Menschen ohne Kräfte, die hinterher den Dreck aufnehmen müssen, ähnlich auch Marvels von Kurt Busiek und Alex Ross. Der Alltag halt. Ein bisschen geht wohl auch die Disney-Serie She-Hulk in diese Richtung, habe ich gelesen, aber in den Filmen merkt man nichts davon – zugegeben, die letzten Spider-Man-Filme haben noch Reste davon.

Hier ist ein ausführlicher Video-Essay von Patrick Willems and Siddhant Adlakha, der sich mit genau diesem Thema beschäftigt und argumentiert, dass die Spider-Man-Filme von Sam Raimi die besten sind, eben weil sie voller unsuperheldischer Nebenfiguren sind – Polizisten, Fußgänger, Vermieter, Zeitungsverkäufer, Straßenmusikerin, Punk (Lucy Lawless), Pizzakundin (Emily Deschanel), Anmeldung beim Wrestling (Octavia Spencer), Paketdienst (Jim Norton) – alle interagieren mit Spider-Man oder Peter Parker.

(Der eigentliche Essay beginnt erst ab Minute 5 oder so, der Link führt dahin.)


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Kommentare

2 Antworten zu „Black Panther: Wakanda Forever (kleinere Spoiler)“

  1. Aginor

    Zu den Normalos in der Superheldenwelt:

    Ich glaube das ist, was mir an manchen Marvel-Geschichten mit am besten gefällt. Wenn (einigermaßen) normale Menschen eine Rolle spielen. Die Bürger in Spiderman sind in der Tat ein gutes Beispiel.

    Auf ein bisschen höherer Ebene aber auch. Z.B. ist Hawkeye zwar immer noch ein Avenger und hat unbestritten übermenschliche Fähigkeiten, aber im Vergleich zu Thor und Co. ist er eben doch noch ein bisschen ein Normalo.

    Und das hat für mich auch die Serie „Agents of Shield“ so interessant gemacht, das sind eben nicht alles Superhelden, sondern die Organisation die ebendiesen zuarbeitet, sie unterstützt während sie (vermutlich aus Gründen der Produktionskosten) off-screen arbeiten (Agents of Shield spielt zeitweise parallel mit den Filmen des MCU und nimmt Bezug auf diese), und eben den vielen Dingen nachgeht für die Superhelden keine Zeit haben.

    Übrigens finde ich man muss sich durch die frühen Folgen (die erste Handvoll ungefähr) der Serie etwas durchkämpfen, die sind so ein bisschen… simpel gestrickt. Danach wird die Serie IMO besser.

    Auch Agent Carter fand ich aus dem selben Grund irgendwie sympathisch. Die Serie spielt so ein bisschen _am Rand_ des Hauptgeschehens des MCU.

    EDIT: Hingegen stoßen mich superstarke Helden ein wenig ab. Superman, Green Lantern, Doctor Manhattan und dergleichen (alle DC comics, aber gibt es bestimmt bei Marvel auch). Erlauben einfach keine guten Stories wie ich finde.

    Gruß
    Aginor

  2. […] Black Panther: Wakanda Forever (kleinere Spoiler) – Herr-Rau.de […]

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