Sagt man was oder sagt man nichts?

(11 Kommentare.)

Die CDU hat hat eine Umfrage gemacht, online, ob das geplante „Verbrenner-Aus“ rückgängig gemacht werden soll. Was sachlich an dieser Forderung irreführend oder falsch ist, steht beim Volksverpetzer; die Umfrage halte ich für unehrlich und manipulativ, aber das erwartet man so im Wahlkampf.

Die CDU hat die Umfrage zurückgezogen, nachdem 85% der Antworten nicht im Sinn der CDU waren, steht hier auch bei der Tageschau. Und die Begründung sieht für mich derart irreführend und inkompetent und unehrlich aus, so völlig jeglicher Ansichtssachee, dass ich das nicht so, auch nicht im Wahlkampf.

Die Umfrage sei „massiv manipuliert“ worden, und:

Für die Umfrage sei ein Sicherheitsstandard gewählt worden, der eine Balance zwischen hohem Sicherheitsniveau und Niedrigschwelligkeit bieten sollte, sagte Schleifer. „Gegen ein solches Maß an krimineller Energie, wie sie hier vorliegt, hilft nur ein aufwendiges System mit Zwei-Faktor-Authentifizierung unter Angabe von E-Mail oder Mobilnummer“, sagte Schleifer.

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/cdu-kampagne-verbrenner-100.html

Und das scheint mir hanebüchener Unfug. Manipuliert wurde die Umfrage insofern tatsächlich, als der Link dazu auf Social Media geteilt wurde und jeder teilnehmen konnte, der wollte. War das denn anders gedacht? Ich selber habe auch teilgenommen. Und es ist kein Problem bei so einer Umfrage, mehrfach abzustimmen. Dafür ist ein überraschend geringes Maß an krimineller Energie notwendig, man kann zum Beispiel einmal am Handy und einmal am Tablet und einmal am Rechner abstimmen. Oder einmal in Chrome und einmal in Firefox. Oder beliebig oft im privaten Modus des Browsers. (Den hat jeder Browser und der klingt nur kriminell und ist gar nicht privat, das heißt vor allem nur, dass Cookies danach automatisch gelöscht werden.) Und überhaupt, kriminelle Energie, ist es denn kriminell, mehrfach an einer Umfrage teilzunehmen? Ich halte das für Geschwätz, um technische Inkompetenz zu tarnen, und weil man gar nicht erst daran gedacht hat, dass von der falschen Seite dazu aufgerufen werden könnte, an so einer Umfrage teilzunehmen.

Technisch ist so eine Umfrage einfach unsinnig. Dass der „Sicherheitsstandard“ eine „Balance“ sei, ist Unfug. Das ist gar kein ernst zu nehmender Sicherheitsstandard.

Nur: Soll ich etwas darüber schreiben oder nicht? Ich habe den vielen, die schon darüber geschrieben haben, nichts Originelles hinzuzufügen. Ärgert mich die Verlogenheit oder die Inkompetenz oder für wie dumm man mich verkauft? Ich halte es halt mal für mich fest. Hat ja auch etwas mit Informatik zu tun.

Nachtrag: Und ein Hauptproblem ist, dass die Medien das mit der kriminellen Energie verbreiten. Ja, als Zitat, weil das ein Mensch gesagt hat. Aber das muss doch auch stimmen, bevor man das so unkommentiert weitergibt? Muss man da nicht nachfragen? (Aber das geht auf die Bildzeitung zurück, klar.)


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11 Antworten zu „Sagt man was oder sagt man nichts?“

  1. Derartige Umfrageergebnisse sind so alt wie das Internet selbst. Beim Umbau des Wembley-Stadions hat z. B. der englische Fußballverband um Namensvorschläge für eine neue Fußgängerbrücke (nebst Begründung) gebeten und war dann über eine massive Mehrheit für „Didi-Hamann-Bridge“ (last player to score in the old Wembley Stadium) dermaßen überrascht, dass die Brücke heute ganz anders heißt.
    Wirklich erstaunlich an dieser Verbrenner-Umfrage ist nur die Internet-Unerfahrenheit der CDU und ihrer Mitarbeiter: das Ergebnis hätten sie sich denken MÜSSEN.

  2. „Wirklich erstaunlich an dieser Verbrenner-Umfrage ist nur die Internet-Unerfahrenheit der CDU und ihrer Mitarbeiter“

    Ja, man fühlt sich wieder wie 2005.

  3. Sabine

    Boaty McBoatface lässt grüßen!

    Ich hab natürlich auch abgestimmt (aus dem Elektroauto, übrigens) und den Link die Familie weitergeschickt – einer davon surft eh immer im Privatmodus und teilte allen gleich entzückt mit, wie oft man da seinen Senf dazugeben kann. Aber schon beim Abstimmen dachte ich mir, was das für eine amateurhafte Umfrage ist, und auch noch so dumm gestellt.

    Die Inkompetenz in grundlegenden Fragen des digitalen Daseins ist bei dieser Partei fast ebenso erschreckend wie das verbohrte Festhalten an obsoleter Technologie. Und dann der “spin” mit der angeblichen “kriminellen Energie” – was ist denn das bitte für ein Niveau?

  4. Ja, Thomas, unbedingt darüber schreiben!

  5. Norman

    Die Frage ist doch: Warum ist dies die stärkste Volkspartei?

  6. Aginor

    Mir ist unbegreiflich wie die so inkompetent sein können.

    Dass sie manipulativ sind und lügen, das habe ich erwartet. Politiker im Wahlkampf eben. Aber inzwischen ist doch das Internet wirklich nicht mehr Neuland, das hätten sie besser hinkriegen können. Die haben doch sicher wenigstens ein paar Leute die sich auskennen.

    Wenn ich das Dach meines Haus nicht zumache (sei das Loch durch einen Schaden verursacht oder noch beim Bau übrig) und es regnet dann hinein, da rede ich doch auch nicht von einem unerwarteten, gemeinen Regenangriff mit viel krimineller Energie.
    (frei nach Felix von Leitner, der bringt diese Analogie gerne bezugnehmend auf Berichte über sogenannte Hackerangriffe, die oft nur deswegen funktionieren weil jemand es nicht für nötig hielt, eine bekannte Lücke zu schließen).

    (Und ja, ich musste auch an den Bud Spencer Tunnel und Boaty McBoatface denken.)

    Gruß
    Aginor

  7. Ellen

    ja bitte immer wieder, damit dieser Unfug präsent bleibt und nicht in der Informationsflut untergeht.
    Und vielleicht ist die Frage bald: warum WAR dies die stärkste Volkspartei.
    Gruß
    Ellen

  8. Susann

    Das Problem ist doch in erster Linie, dass jemand eine Umfrage macht und nicht kapiert, dass die Umfrage auch vom politischen Gegner instrumentalisiert werden kann statt nur von einem selber. Das ist geradezu sträflich naiv.

  9. Nachtrag: Hier ist das technisch ausführlicher analysiert, aber gleicher Tenor: https://www.golem.de/news/cdu-verbrenner-umfrage-zu-einfach-um-kriminell-zu-sein-2405-185507.html

  10. Bermerkenswert: „kriminelle Energie“, wenn die Leute etwas abstimmen und die Entscheidung in eine Richtung bewegen, die den Urhebern nicht gefällt. Und dann wird von anderen Seiten genauso eine Abstimmung wiederholt (“ Jetzt aber wirklich, wie stehen Sie zum Verbrenner-Aus“?), die allesamt zum selben Ergebnis führen.
    Ich kann das alles im Moment ohnehin schwer aushalten, wenn es um Politik geht. Vieles fühlt sich echt an wie Kindergarten. Hauptsache große, bestenfalls verletzende Worte schwingen und die Gegenseite als Klugscheißer oder sonst was betiteln. Und sich dann wundern, wenn auf einmal wieder Fäuste fliegen – und nix damit zu tun haben wollen.

  11. Ich habe jetzt schon mehrfach gehört, dass die Gesellschaft gar nicht so gespalten ist, wie man immer meint, und hoffe, dass das so ist. Nazis und Nazi-Wählende gibt es, und zu viele, aber die Mehrheit sind immer noch die anderen. Dennoch wäre es höchste Zeit, mit der Politik-Hetze aufzuhören; ich meine mich an einige Schlüsselmomente zu erinnern, wo es mit der auch hier angefangen hat.

    Das Problem mit der kriminellen Energie und ähnlichen hanebüchenen Formulierungen: Man bezahlt einen Dienstleister, der sagt dann so etwas Unhaltbares (fast so, als gehöre das zu seinen vertraglichen Aufgaben?) und läuft dann herum und behauptet, „laut Fachleuten“ (heißt: der mäßig vertrauenswürdige Dienstleister eben) sei „mit bisher nicht da gewesener krimineller Energie“ manipuliert worden (Julia Klöckner). Und kann sich jederzeit darauf zurückziehen, dass man das ja nie selber behauptet, sondern nur „Fachleute“ zitiert habe.

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