Damit die Spieler und Spielerinnen ein dazu angespornt werden, ihren Figuren beim Rollenspiel-Klassiker Dungeons & Dragons ein bisschen Tiefe zu verleihen, so war es jedenfalls vielleicht am Anfang gedacht, haben diese Figuren eine Ausrichtung, auf englisch: alignment. Die Ausrichtung gibt die Weltsicht der Figur an, oder die Prinzipien, nach denen sie ihr Leben führen.
Es gibt zwei Dimensionen für die Ausrichtung. Die eine unterscheidet nach gut, neutral und böse. Wer gut ist, möchte anderen helfen und dass es ihnen auch gut geht. Wer böse ist, sieht andere gerne leiden. Neutral heißt, dass das Wohlergehen oder Leiden für die Person nicht besonders relevant ist.
Die andere Dimension unterscheidet nach rechtschaffen (lawful), neutral und chaotisch. Wer rechtschaffen ist, für den oder die sind Regel und deren Einhaltung wichtig; wer chaotisch ist, hält überhaupt nichts von Regeln und bekämpft sie. Neutral heißt, dass man sich an Regeln halten kann oder nicht, das ist egal.
Ingesamt gibt es also neun verschiedene Ausrichtungen. Nach ein paar Jahrzehnten hat das Internet dieses System entdeckt und zum Spiel gemacht: Finde für jede mögliche Ausrichtung eine Figur bei Superhelden, bei Star Trek, bei Schnittarten von Sandwiches, bei der alten Frage, was man als Sandwich akzeptiert und was nicht. Ob das Model psychologisch oder erzählerisch sinnvoll ist, das ist nicht die Frage; wie bei Lyrik ist erst einmal eine Form, mit der gespielt werden will, indem man sich an sie hält. Hier eine Diskussionsgrundlage für Harry Potter:
Lawful Good Hermine | Neutral Good Harry Potter | Chaotic Good George Weasley |
Lawful Neutral Argus Filch | True Neutral Rita Skeeter | Chaotic Neutral Gilderoy Lockhart |
Lawful Evil Dolores Umbridge | Neutral Evil Voldemort | Chaotic Evil Bellatrix Lestrange |
(Komplexer wird das, wenn man unterscheidet zwischen dem, wofür sich die Figuren selber halten, und was die Sicht des Lesers oder der Leserin ist. Dolores Umbridge hält sich nicht für böse.)
Das kann man auch in der Schule spielen lassen. Lehrkräfte in diese Kategorien einzuteilen ist natürlich nicht statthaft. Chaotic, neutral oder lawful, das ginge noch relativ leicht; aber good, neutral und evil, das würde brenzlig. Echt evil sind Lehrer und Lehrerinnen ohnehin nicht, man müsste das irgendwie metaphorisch meinen. Ich selber… halte mich für lawful good, wäre gerne neutral good, bin aber an schlechten Tagen so etwas wie lawful neutral?
Aber bei literarischen Figuren geht das vielleicht, insbesondere bei Werken, in denen es viele davon gibt. Meine Klasse schlug für Herr der Fliegen folgende Verteilung vor:
Lawful Good Piggy, Ralph | Neutral Good Ralph, Simon | Chaotic Good Simon, Piggy |
Lawful Neutral Samneric | True Neutral Samneric | Chaotic Neutral Samneric |
Lawful Evil Roger | Neutral Evil Jack | Chaotic Evil Jack, Roger |
Für mich ist Piggy sicher lawful good, Ralph sicher neutral good, Simon vielleicht chaotic good – oder doch true neutral? Das kann man als Diskussionsbasis nehmen.
Die Erweiterung des Modells hieße, ein Koordinatensystem mit zwei Achsen anzulegen. Statt neun Wahlmöglichkeiten gäbe es dann vier Quadranten, und man könnte auf der Skala lawful-chaotic mehr in der Mitte oder mehr links oder ganz rechts stehen.
(Rechtschaffen müde fühle ich mich manchmal nach einem langen Arbeitstag.)
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