Erfahrungen als Mitarbeiter, und mündliche Schulaufgaben Deutsch

(8 Kommentare.)

Ich habe jetzt erst mitgekriegt, dass alle Gymnasien und FOS/BOS in Bayern wohl schon seit letztem Jahren einen oder eine Lehramtsbeauftragte haben, der oder die eine Ansprechperson für Werbeaktionen für den Lehramtsberuf ist. Dafür gab es Onlinemeetings und Grußwörter für diese Lehramtsgewinnungsbeauftragen, und es können wohl Teams aus anderen Schularten kommen und dort vor den Klassen ihre Schulart präsentieren? Ich habe noch nicht wirklich etwas davon mitgekriegt und bin ja mal gespannt, was da geschieht.

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Was hat sich geändert, wenn man Mitarbeiter der Schulleitung und Vertretungsplaner und obendrein an einer neuen Schule ist:

  • Ich habe deutlich mehr Schlüssel als vorher. Das liegt aber an der Schule, weil es da mehr Schränke gibt.
  • Ich habe deulich mehr Passwörter und Zugänge als vorher. Das liegt zu einem kleinen Teil an meiner neuen Funktion, zum Großteil an den zentralen Münchner Lösungen für ihre Schulen, was WLAN und Computer betrifft.
  • Ich arbeite mehr, trinke weniger Kaffee am Tresen. Aber ich habe auch Freiheiten: zu Pausenaufsichten teile ich mich nicht ein, letztlich weil ich genau da ja auch ansprechbar sein muss; Vertretungsstunden mache ich regelmäßig, aber ich kann mir aussuchen, in welchen Klassen.
  • Ich war früher sehr pünktlich am Klassenzimmer, und bin jetzt nur noch pünktlich.

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Das ISB empfiehlt mündliche Schulaufgaben für das Fach Deutsch. Schulaufgaben heißen in Bayern die größeren benoteten Prüfungen, in Deutsch: Aufsätze. Schon seit einiger Zeit wird die Debatte in der Mittelstufe propagiert, jetzt empfiehlt man den Ersatz der unnötigen der drei Schulaufgaben in der 11. Jahrgangsstufe.

(Ich bin gar nicht mal dagegen, halte nur die Begründungen und Motive für nicht ganz überzeugend. Die gleiche Behörde macht ja Druck auf die Schulen, bloß keine der erlaubten Sprach-/Grammatik-Schulaufgaben zu schreiben, ohne das jemals wirklich als bindende Dienstanweisung zu formulieren – weil ja das Schreiben von Aufsatzschulaufgaben so unglaublich wichtig ist. Bis, na ja, 0bis es in anderem Zusammenhang dann halt doch nicht mehr wichtig ist.)

Erlaubt ist das schon sehr lange, habe ich auch schon gemacht, aber jetzt scheint man das ernst zu nehmen und hat dazu drei Modelle entwickelt, an denen man sich orientieren kann (Link):

  1. Das Epochengespräch: jeweils 2 Schüler oder Schülerinnen werden gemeinsam in einem Gespräch vor dem Hintergrund einer literarischen Epoche geprüft. Vorbereitungszeit etwa eine Woche, Prüfungszeit 6 Minuten – für beide, wohlgemerkt. Vor der Klasse, mit vorbereiteten Fragenkatalogen für leichten und mittleren Schwierigkeitsgrad, aus dem zufällig ausgewählt wird.
  2. Literarisches Quartett: jeweils 4 Schüler und Schülerinnen, 1 gemeinsamer gelesener längerer Text, das Gespräch selbst strukturiert in Phasen eingeteilt. Dauer: eine Viertelstunde, zwanzig Minuten?
  3. Präsentationsprüfung: letztlich ein ordentliches Referat mit ordentlicher Präsentation. Dauer: 3 Stück pro Doppelstunde.

Sinnvoll erscheint mir das letzte; man schenkt sich dann auch die separaten Referate.

Ein Wunschtraum scheint mir das erste zu sein – man muss viele Themen und Fragenkataloge dazu vorbereiten, aber immerhin kriegt man so ratzfatz die Klasse durch, und ich glaube, die Schüler und Schüler haben gar nichts gegen einen vorher bekannten Fragenkatalog, zu dem sie dann etwas herunterbeten, und sie behalten das gelernte möglicherweise gut dabei. Die 6 Minuten für zwei (oder 9 Minuten für drei) halte ich für sportlich, gehen aber in die richtige Richtung; das Abitur wird ja jedes Jahr um eine halbe Stunde verlängert, und die Zeiten, als man in der 6. Klasse in Englisch nur 1 Seite Schulaufgabe hatte (nämlich zu meiner Schulzeit) sind auch lange vorbei. Prüfungen, auch die mündlichen in den Fremdsprachen, werden länger und länger, wobei gleichzeitig über zu viel Prüfungsaufwand geklagt wird. Da sollte man mal anfangen, kürzer zu treten. Den Prüfungsgürtel enger schnallen, sozusagen. Davon reden viele Lehrkräfte, es macht dann aber doch niemand.

Das mit dem literarischen Quartett probiere ich dieses Jahr aus, erst einmal halt als kleiner Leistungsnachweis statt Schulaufgabe. Reicht ein kurzer Text von 20 Seiten, oder muss es ein Roman sein? Eine Filmanalyse wäre theoretisch auch möglich, aber mir wird insgesamt zu wenig das Lesen geübt.


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8 Antworten zu „Erfahrungen als Mitarbeiter, und mündliche Schulaufgaben Deutsch“

  1. Susann

    Die Verlängerung der Abiturzeit begeistert hier nicht…was zu passieren scheint: die Schüler sind fertig, haben aber noch endlos viel Zeit, werden dann nervös und beginnen, ihre Arbeiten zu verschlimmbessern. Das könnte man sich eigentlich auch sparen.

  2. Muss man heute wirklich die komplette Zeit beim Abitur absitzen, auch wenn man schon mit allen Fragen durch ist?
    Zu meiner Zeit (1970er Jahre) konnte man seine Arbeit abgeben und gehen.

  3. Susann

    Kann man heute auch noch, aber viele trauen dann ihrem Gefühl nicht und glauben, wenn sie „zu früh“ fertig sind, haben sie nicht genug geschrieben oder liegen mit ihrem Konzept falsch.

  4. Winfried Adam

    Hallo Herr Rau,
    lit. Quartett funktioniert in aller Regel gut – bei Texten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Die werden nach meiner Erfahrung intensiver als die obligatorischen Klassenlektüren gelesen,
    viele Grüße
    Winfried Adam

  5. Ich halte die Verlängerung der Zeit auch für gar keine gute Idee, das mit dem Verschlimmbessern stellen viele fest. Gut, wird man dann sagen, muss man den SuS halt besser beibringen, mit ihrer Zeit zu arbeiten, also mehr noch längere Prüfungen davor und so weiter. Das will ich nicht.

    Man kann früher gehen, aber – so habe ich das an zwei Schulen erlebt – nicht in der letzten halben Stunde, weil sonst zu viel Gewusel ist. Das hängt aber auch davon ab, ob alle in einer Turnhalle schreiben oder auf mehrere Klassenzimmer verteilt sind.

  6. @Winfried Adam Danke für die Ermutigung und Teilen der Erfahrungen!

  7. In Latein sind in der elften nun auch immer mehr neue Formate angedacht. Zum Beispiel eine reine Interpretationsschulaufgabe, in dem die Klasse zu einem vorgegebenen lateinischen Originaltext mit deutscher Übersetzung die Stelle nach gewissen Gesichtspunkten abgeklopft werden soll – auf der einen Seite eine tolle Sache, weil so etwas im Studium sehr wichtig wird. Die Lehrkräfte beäugen das allerdings auch mit einer gehörigen Portion Skepsis, da in diesem Prüfungsmodus natürlich nicht mehr die Sprachkompetenz abgeprüft wird, sondern man mehr oder weniger dasselbe wie in Deutsch macht – nur halt in kompakterer Form

  8. Ich habe nichts dagegen, wenn die Inhalte von Deutsch, Geschichte, Latein ineinander übergehen, solange der tatsächliche Zweck nicht Kürzung oder Vereinfachung ist. (In diesem Fall hängt es davon ab, wie sinnvoll die Vereinfachung ist.) Für Latein mag ich das nicht beurteilen. In Englisch vermisse ich die Übersetzung ins Deutsche arg, auch wenn da ebenfalls eher Deutsch als Englisch getestet wird.

    Andererseits habe ich schon die erste Klage gehört von Mathematiklehrkräften, die jetzt – und alle anderen Fächer uach – endlich mal ernsthaft auch die Sprachrichtigkeit bei der Bewertung berücksichtigen müssen. Dürfen täten sie schon lange, aber es hat dann halt doch niemand. Weil dann ja nicht mehr nur Mathematik getestet wird, sondern Deutsch. Das ist wahr, ich finde es aber in Ordnung. (Aus einem Elternforum vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten: „Rechtschreibung in anderen Fächern als Deutsch zu benoten ist Mobbing!“ Ich verstehe den Gedanken dahinter, aber nein.)

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