Rechenfehler im Hessischen Landboten, und Freeform am iPad

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„Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ In der Oberstufe Büchners Hessischen Landboten gemacht, Faksimile, also Fraktur, damit sie was zu üben haben. Darin ist eine Aufstellung, wie viel Steuern und Abgaben die Bürger des Großherzogtums Hessen jährlich zahlen.

Ein Schüler hatte nichts Besseres vor als nachzurechnen, und Büchners Addition stimmt nicht: Es kommen weder 6.363.364 noch 6.363.363 Gulden heraus, die zwei Zahlen, die Büchner nennt, sondern 6.363.436. Ich finde, das solltet ihr wissen.

***

Der Deutsch-Kurs – fast alle mit Tablets bewehrt – sollte zu einem gegebenen Text ein Diagramm erstellen, eine Art Exzerpt, alle auf ihre eigene Weise, notfalls auch nur als Stichpuntkliste. Danach verglichen wir ein paar. Schon bald zeigte ein Schüler ein tolles, ausführliches, elaboriertes Diagramm. Es stellte sich heraus: das hatte er mit Freefom gezeichnet, einer standardmäßig auf allen iPads installierten App. Aber er hatte es nicht alleine gezeichnet, sondern spontan mit zwei anderen aus dem Kurs zusammen. Da kommt natürlich mehr heraus dabei!

In der Stunde darauf sammelten wir kollaborative Programme. Mein Eindruck: Die Zusammenarbeit muss vom Temperament her passen. Nicht alle wollen das, nicht alle sehen das ein, nicht alle können mit allen. Man kann die Werkzeuge zeigen, und ob man sich darauf einlässt, bleibt den einzelnen überlassen. Auf den schulischen iPads geht Freeform ohnehin nur alleine und nicht kollaborativ, weil man natürlich, und anders als bei anderer Software, ein uneingeschränkt zugängliches Apple-Konto braucht. Das geht technisch zwar auch mit Schulgeräten, aber nicht, wenn man – wie beim Konzept der Stadt München und sicher vieler anderer Institutionen – möglichst viel Kontrolle über die Software behalten und nicht an die Schüler und Schülerinnen abgeben möchte. Auch in dieser Hinsicht sind solche Tablets eine Sackgasse.


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8 Antworten zu „Rechenfehler im Hessischen Landboten, und Freeform am iPad“

  1. Ach, die Kontrolle.. montags konfiguriere ich mit dem Kollegen wohlüberlegt die Rechte für die Betriebshandys und Mittwoch bin ich kurz davor in den Tisch zu beißen, weil ich gegen meine eigene Sperre laufe. Ich bin bei dem Thena sehr zwiegespalten..

  2. Andreas D.

    man hätte jedem Schüler eine anonyme x45tzyyxcZ???@schueler.bayern.de Adresse geben können. Mit der könnten die sich eine AppleID erstellen und dieses wirklich nette tool ohne Preisgabe eigener Daten nutzen. Wie auch mit den anderen Apps kollaborieren, so dass es funktioniert. Anders als in der BayernCloud.
    Die hingegen funktioniert nicht zuverlässig – und das Office-Tool ist auf einem Tablet nahezu unbedienbar. So ist das mit den Tablets wirklich nicht sehr sinnvoll.

  3. Ja, für den Apple-Zugriff gibt es sicher andere Lösungen – hatten nicht die SuS an meiner alten Schule, also die Tabletklassen der 9. Jahrgangsstufe, mehr Kontrolle über ihre Tablets, konnten also auch selbstständig Software installieren? Ich halte das aus verschiedenen Gründen für die einzig sinnvolle Lösung: *Wenn* schon Tablets, dann mit vollem Zugriff, auch wenn das heißt, dass die SuS lernen müssen, damit umzugehen.

    (Das ändert nichts daran, dass ich Tablets in der Schule an sich für eine Fehlentwicklung halte. Die ByCS-Cloud funktioniert bei mir völlig zuverlässig, ByCS-Office auch – aber ich nutze mein Dienst-iPad selten, habe also keine Erfahrung damit, sondern mein Dienst-ThinkPad.)

  4. Andreas D.

    Ja, die konnten ihre ID einrichten. Aber man darf das nicht verlangen / erwarten wg Datenschutz, also haben das nur die Hälfte. Und dann ist es witzlos.
    Wir haben hier regelmäßig Zugriffsfehler auf geteilte ByCS-Office-Dokumente. Meistens muss man die dann neu anlegen aus einer Datensicherung. So funktioniert Kollaboration nicht. Für mich selbst und meine eigenen Dokumente funktioniert die Drive.
    Ich finde Tablets durchaus sinnvoll, aber zur Recherche und zur Kollaboration. Was man draus macht, sind hauptsächlich Hefteinträge – und das braucht man nicht unbedingt digital. Als Zusatznutzen ok, aber meistens bleibt es genau dabei.
    Bei ByCS Office ist das Problem, dass viele Bedienelemente (zB Scrollbalken) nur mit Maus zu treffen sind. Mit den Fingern – 10 Versuche – 1 Treffer. Bei 80% Tabletusern eine Fehlentwicklung. Man kann über Apple denken was man will, aber bei der unterschiedlichen Benutzerführung Tablet vs PC/Mac haben die sich was gedacht.

  5. Robert

    Zum Rechenfehler im „Hessischen Landboten“: totale Erbsenzählerei und „rabbit hole“, aber korrekt sind wahrscheinlich 6.363.336 Gulden, also wieder eine andere Zahl.

    Warum? Der Rechenfehler wird beim entsprechenden Wikipedia-Artikel auf der Diskussionsseite erwähnt: https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Der_Hessische_Landbote. Ein Wikipedianer weist hilfreich darauf hin, dass Büchner die Zahlen höchstwahrscheinlich aus der „Beschreibung des Großherzogtum Hessen / Band 4: Statistik des Ganzen“ hat. Das Buch gibt’s hier: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10021981. Das Buch ist von 1831, der „Landbote“ von 1834.

    Tatsächlich finden sich die Zahlen auf Buchseite 306 (entspricht Seite 310 im Scan) wieder, unter „Zusammenstellung der Einnahmen“. Die „Geldstrafen“ sind im Buch Teil der „verschiedenen Quellen“. Im „Landboten“ werden sie gesondert aufgeführt, korrekt mit 98.511 Gulden. Allerdings wurden die restlichen „verschiedenen Quellen“ falsch zusammenaddiert – es müssten eigentlich 64.098 Gulden sein, also 100 weniger als angegeben. Die Gesamteinnahmen des Großherzogtums sind damit 6.363.336 Gulden, somit ist der „Landbote“ quasi „nur“ noch einen Zahlendreher davon entfernt.

    Das schmälert natürlich die eigentliche Rhetorik des Pamphlets überhaupt nicht, zumal die Abweichungen sehr klein sind. Ich finde nur, das solltet ihr wissen. :-D

  6. Herzlichen Dank, Robert! Bei Wikipedia hatte ich geschaut, aber nicht auf der Diskussionsseite, danke auch für die zusätzliche Recherche und Links. In der Tat, gut dass ich das jetzt weiß!

  7. Alan Smithee

    Falls nicht ohnehin bekannt: Excalidraw ist eine brauchbare Alternative zu Freeform, kollaborativ ohne Anmeldung, allerdings online-only.

  8. Vielen Dank, ist bekannt, habe ich den SuS gezeigt und empfohlen. Nicht-kollaborativ nutze ich das als Plugin für Obsidian, dann natürlich auch offline.

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