Das hätte ich heute nicht so sagen sollen. Das war nicht nett. Aber es war ein langer Tag voller Entscheidungen: Unterricht ab der ersten Stunde, wenn auch nicht viel; nachmittags vier Stunden Colloquiumsprüfungen als Protokollant. Das schlaucht. Aber ich freue mich für jeden Schüler, der mit der Colloquiumsprüfung jetzt das Gymnasium hinter sich hat. Das Gefühl der Erleichterung kann ich gut verstehen, auch wenn ich immer noch behaupte, Führerscheinprüfung kostet mehr Nerven als so ein Abitur.
Nach dem Abitur saßen einige zukünftige Ex-Schüler wartend und gelassen in der Sonne vor dem Eingang des Gymnasium und ich konnte nicht umhin, eine Bierflasche und eine Flasche Erdbeersekt zu sehen, beide halbvoll. Nun dürfen Schüler laut Hausordnung auf dem Schulgelände keinen Alkohol trinken. Also habe ich ihnen die Flaschen abgenommen – keiner von uns war auch nur ein bisschen unwillig oder unfreundlich, gegenseitiges Einvernehmen, gar kein Problem. Ich bot an, die Flaschen im Lehrerzimmer zu deponieren, um sie abholen zu lassen, aber lieber war mir, die Flaschen einfach wegzuwerfen; ich war ja schon auf dem Weg zur S-Bahn. Auch kein Problem.
(Ich schaue bei solchen Regelverstößen ungern weg, auch wenn sie wie hier eher harmlos sind.)
Aber ich hätte nicht so gönnerhaft über den Erdbeersekt reden sollen. Im Rückblick sehe ich, dass ich das Gefühl hatte a) noch etwas Konversation zu machen und b) noch etwas Rügendes zu sagen. Also musste der lauwarme Erdbeersekt herhalten. Tatsächlich ist das ja auch ein grässliches, verspottenswertes Getränk, an das ich mich nur zu gut erinnere. Aber den Schülern kann ich nicht vorwerfen, dass sie die Flasche zu 1,99 € wählen, statt sich etwas Gutes zu gönnen. Die sind nicht so versnobt wie ich. (Obwohl – sollte man nicht schon in dem Alter lernen, dass Qualität nun mal ihren Preis hat und den aber auch wert ist?)
Jedenfalls haben wir als Schüler auch Erdbeersekt getrunken. 2,99 DM waren das damals. Und die Flasche ging auch schon mal im Unterricht unter den Tischen herum. Unschuldigere Zeiten, aber auch unschuldigere Schüler.
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