Schönes:
Die Erzieherin lässt sich fallen.
(Aus dem Blog der Karl-Weise-Grundschule in Berlin, zum Abonnieren empfohlen.)
Schauriges:
Und dann ist da die Sache mit dem Kaninchen. Die Kurzfassung: im Rahmen eines Steinzeitwoche-Projekts wurde in einer 5. Klasse vor den Augen der Schüler und Schülerinnen in der Schule ein Kaninchen geschlachtet und ausgenommen. Am Tag darauf wurde es dann gegrillt und gegessen. Die Teilnahme war freiwillig. Elternproteste; muss das denn sein; muss das denn in der Schule sein; muss das denn in der Schule vor Fünftklässlern sein; Beschwerden am Ministerium usw. usw. Details und Links zu Zeitugnsartikel bei Jan-Martin Klinge, der im Halbtagsblog einen Blogeintrag dazu geschrieben.
Was ich hier loswerden will:
1. Schönes Thema für die „Begründete Stellungnahme“, die erste argumentierende Textsorte in der 7. Klasse. Gestern gleich dazu genutzt.
2. Schönes Thema für den Kommentar als eine etwas exotische Schulaufgaben-Textsorte in der 9. Klasse. Die üblichen Erörterungen langweilen mich und die Schüler und haben auch keine Entsprechung in der Welt außerhalb der Schule. Vielleicht sind sie trotzdem das beste Format, um argumentieren zu üben, aber vielleicht geht das auch mit dem Kommentar, den ich deshalb das erste Mal ausprobiere. Im G8 sind wir ja gehalten, solche neuen Textsorten einzusetzen. Ein Vor- oder Nachteil des Kommentars ist, dass man das Thema nicht so ganz genau festzurren kann. Im Prinzip ist das so, dass man ausgehend von einer Meldung – der Kaninchenschlachtung – einen Kommentar dazu schreibt, der in verschiedene Richtungen gehen kann: neue (oder eigentlich schon hundert Jahre alte) Lehrmethoden; die Frage, wieviel Brutalität Kindern zugemutet werden darf; überempfindliche Mütter oder sadistische Lehrer; das Verhältnis von Mensch und Tier. Der Kommentar kann so verschieden werden wie ein Blogeintrag, weshalb ich Jan-Martins verlinkten Blogeintrag den Schülern zum Anschauen und Analysieren vorsetzen werde.
3. Einige Schüler hatten eine Unterschriftenaktion gestartet, um das Tier zu retten, die aber nichts am vorgesehenen Projektausgang änderte. Auch das eine Lernsituation: eine Unterschriftenaktionen macht nicht immer alles gut.
4. Die Neuntklässler sagen, in der 7. Klasse ist man noch zu jung für so etwas. Die Siebtklässler sagen, in der 5. Klasse ist man zu jung dafür. Die Erwachsenen sagen, in der Schule ist man zu jung dafür.
5. Den Zeitungsartikeln nach wurden die Eltern nicht über die Schlachtung informiert. Das klingt wirklich ungeschickt. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass Eltern nichts von Unterschriftenaktion und bevorstehender Schlachtung erfahren haben. Reden die Kindern denn nicht mit ihren Eltern? (Nachtrag: wie erwartet, die Eltern wurden informiert. Aber ohne die Unterschrift der Eltern einzuholen. Jetzt wird diese Nachlässigkeit zum billigen Angriffspunkt, damit man sich nicht mit schwierigeren Fragen auseinandersetzen muss.)
6. Kinderschutzbund und Elternvertreter sind empört. In Lehrerforen zählt man bis zu 16 Ausrufezeichen am Stück. (Einself, anybody?) Ich habe einige der Kommentare für die Siebtklässler herausgesucht als Beispiel dafür, wie man nicht argumentiert.
7. Das zuständige Ministerium (in Schleswig Holstein) folgt natürlich den Elternprotesten und hält das Schlachten für keine gute Sache. Mein Respekt für die Schule – als Schüler ist es in Ordnung, auch mal einen Verweis zu riskieren, wenn es sich wirklich lohnt; als Lehrer muss man es aushalten, dass Eltern nicht mit allem einverstanden sind, und darf auch mal von der Schulleitung geschimpft werden, wenn es sich wirklich lohnt; und als Schulleitung-Schule muss man etwas Druck von Eltern und Ministerium aushalten können und auch mal in Kauf nehmen, dass man in die Zeitung kommt – selbst wenn das Ministerium das scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Aber keine Sorge, bei uns kann so etwas jedenfalls nicht passieren.
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