Dieser Tage haben die bayerischen Schulen Hinweise zum Umgang mit Sozialen Medien/Netzwerken erhalten, mit Hinweisen auf den Leitfaden für die Beschäftigten der Bayerischen Staatsverwaltung zum Umgang mit Sozialen Medien sowie weiteren Hinweisen für die schulische Praxis (pdf). Hier geht‘ s zu Links und Zusammenfassung bei Kultusministerium.
Meine Kurzfassung und mein Kommentar zu den Hinweisen:
- Für dienstliche Kommunikation sind Twitter oder Facebook nicht geeignet.
— Sehe ich auch so. - Auch öffentliches Auftreten der Schule in diesen Netzwerken hat zu unterbleiben.
— Ich denke, eine Facebookseite würde nicht schaden, aber mein Herz hängt nicht daran. Ob ich als Schule Informationen auf Twitter oder der eigenen Homepage ins Netz stelle, macht datenschutzrechtlich für mich keinen großen Unterschied. Anders natürlich bei Daten, die in einen passwortgeschützten Bereich gehören. - Privat darf man natürlich alles nutzen. Man muss aber „der Achtung und dem Vertrauen“ der Lehrerstellung gerecht werden.
— Einverstanden. - Über alles, was man bei dienstlicher Tätigkeit erfahren hat, muss Verschwiegenheit bewahrt werden. Keine Geschichten aus der Schule erzählen, auch nicht mit pseudonymisierten Namen.
— Sehe ich auch so; ich beziehe mich bei meinen Kommentaren immer nur auf öffentlich zugängliches Material. Früher war ich da leichtfertiger, also vor zehn Jahren, oder vor acht. Schülerfotos und -material ohnehin nur mit expliziter Zustimmung. (Oder ist bereits mein Unterricht eine „bei dienstlicher Tätigkeit bekannt gewordene Angelegenheit“? Also im Sinne von „Heute war ein schöner Schultag“ oder so?) - Man empfiehlt Lehrern, aus Fürsorgepflicht, defensiv mit sozialen Netzwerken umzugehen. Damit sie keine dienst-, arbeits- oder privatrechtlichen Probleme kriegen.
— Vorsicht ist gut, bevor man sich um Kopf und Kragen redet. Man sollte auf jeden Fall wissen, was man tut – inzwischen achte ich mehr darauf als noch am Anfang, und das ist schon gut so. Dass mit dem Hinweis auf Fürsorgepflicht auch auf mögliche Konsequenzen hingewiesen wird, hat einen gewissen Beigeschmack, ist aber verständlich. - Von einer unterrichtlichen Nutzung sozialer Netzwerke ist abzusehen. Siehe Bekanntmachung zu Medienbildung und Medienerziehung. Stattdessen werden Moodle und der Medienführerschein empfohlen.
— Verständlich. Vermutlich teile ich die Ansicht sogar, weil man Schüler nicht zu Facebook ermuntern sollte. Aber es entgeht dadurch ein nutzbares Werkzeug zum Lernen, und die Möglichkeit, den Umgang damit zu lernen. Moodle ist keine Alternative. Ist das selbst gehostete Wiki ein soziales Medium in diesem Sinn? Ich sage mal: nein, solange keine Klarnamen verwendet werden. (Wenn man fortschrittlichen Lehrern so ein anonymes Wiki oder Blog mit Schülern verbieten würde: das wäre wirklich nicht sinnvoll. Dann dürften Schüler ja auch nicht an der Schulhomepage mitmachen, weil da ja genau die gleichen Daten gespeichert werden.)
Fazit: Mit einem Körnchen Salz genommen ist das alles schon okay. Unklar ist nur, wie weit die Verschwiegenheitspflicht geht. Wenn ich in Zukunft also mal schreibe, dass eine Lehrerkonferenz lang war, handelt es sich natürlich um eine erfundene Lehrerkonferenz, wie alles, was ich hier schreibe, erfunden ist.
Im Leitfaden geht es um Folgendes:
- „Das Verhalten […] muss im privaten Umgang ebenfalls der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Die daraus resultierenden Pflichten zielen darauf, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sachorientierung, Unparteilichkeit und Effizienz der Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Dienst zu schützen.“
— Achtung und Vertrauen: keine Frage. Dass man sich (etwa über Pläne des Kultusministeriums) nicht so äußern darf, dass das Vertrauen in die Effizienz des öffentlichen Diensts gemindert wird – schon schwieriger. Es ist halt manchmal schwer, keine Satire zu schreiben. Manchmal muss man aber auch nur die Pressemitteilungen des Ministeriums zitieren. - „Bedenken Sie, dass Sie durch diese Öffnung der Kommunikation besondere Verantwortung übernehmen. Das gilt sowohl für Themenfelder, für Einzelbeiträge in Text- oder Bildform wie auch für den Stil Ihrer Äußerungen. Insbesondere wenn Sie selbst einen Bezug zu Ihrer amtlichen Stellung herstellen, werden Sie daran gemessen, ob Ihr Verhalten den legitimen Ansprüchen an die öffentliche Verwaltung gerecht wird.“
— Den Ansprüchen des Bürgers an einen Lehrer? Da mache ich mir keine Sorgen. Den Ansprüchen der Verwaltung selber? Kniffliger, zugegeben. - Verschwiegenheit, Mäßigung bei politischer Betätigung, nicht im Namen der Schule sprechen. Alles sinnvoll.
- „Ist die Beteiligung an sozialen Netzwerken pädagogisch fortschrittlich, eine unverhältnismäßige Einflussnahme bzw. Kontrolle der Schülerinnen und Schüler und Eltern – oder schlicht private Entscheidung, die von den dienstlichen Pflichten völlig getrennt ist?“
— Eine einfache Antwort darauf wird nicht gegeben, lediglich das „fortschrittlich“ scheint keinesfalls zutreffen zu können.
Also: „zufälligen privaten Kontakt in gemeinsamen Themenfeldern“ darf es bei Facebook ebenso geben wie außerhalb. Aber grundsätzlich unzulässig „dürfte“ sein (keine sehr belastbarere Formulierung), wenn der Lehrer dem Schüler eine Kontaktaufnahme als „Follower“ anträgt. Würde ich auch nie machen. Auch Schüler sollen Lehrern nicht folgen. Und da fangen die Schwierigkeiten an. Ich darf also einen Followerwunsch bei Facebook nicht bestätigen? Muss ich dann bei Twitter einen Schüler blocken, der mir folgt? Und wenn eine Schülerin bloggt oder twittert, darf ich dann deren Blogeinträge oder Tweets nicht abonnieren oder kommentieren?
Die Begründung für dieses gewünschte Verhalten lautet: „Lehrkräfte sollten selbstverständlich nicht ‚Anhänger‘ ihrer Schülerinnen und Schüler sein, die sie zu erziehen und zu bewerten haben.“ Und diese Begründung vestehe ich nicht. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Werden Leute bei Twitter oder Facebook tatsächlich als „Anhänger“ gesehen, von den Hängern oder Angehängten oder anderen? Der Sportmannschaft der Schule soll ich Beifall klatschen, dem Schultwitterer aber nicht? - Freundschaftsanfragen soll man zurückweisen, weil man Schüler gleich behandeln soll, und nicht den Freundschaftswunsch der einen annehmen und den der anderen ablehnen kann.
— Leuchtet mir ein. Deswegen habe ich in den Zeiten, in denen ich bei Facebook war, auch alle Anfragen von Schülern angenommen, die ich unterrichtet habe, und nur von denen. „In Betracht kommt damit höchstens eine offene Gruppe, in der jede Freundschaftsanzeige von Schülerinnen und Schüler akzeptiert wird, um etwa einen einfachen Zugang zum Austausch zu allgemeinen bzw. schulrelevanten Informationen zu schaffen“ – eben, sagt auch das Ministerium. Allerdings weist es zu Recht darauf hin, dass auch das sehr problematisch ist, weil eben nicht alle Schüler Zugang zu Facebook haben. Auch die Ansicht teile ich, deswegen teile ich keine relevanten Informationen über Facebook. Andererseits: Darf ich dann Schülerfragen via Email beantworten, auch wenn nicht alle Schüler Zugang zu Email haben?
Fazit: Natürlich sollte es solche Richtlinien geben. Wie gelungen sie sind, kann man diskutieren; wie ernst sie genommen werden, auch. Am wenigsten sinnvoll scheinen mir die Vorschläge zu Facebook etc., auch wenn ich davon kaum betroffen bin. Selber werde ich wohl in Zukunft wohl noch etwas gründlicher überlegen, bevor ich etwas poste. Nachtrag: Und bei Facebook nehme ich natürlich weiterhin jeden Schülerfreundschaftsantrag an, der mir gestellt wird, wenn ich den Schüler unterrichte.
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