Letzte Woche habe ich mit der 10. Klasse in Deutsch einen Text von Johann Kaspar Lavater gelesen, zum Geniebegriff im 18. Jahrhundert:
Was ist Genie? Wer’s nicht ist, kann nicht; und wer’s ist, wird nicht antworten. – Vielleicht kann’s und darf’s einigermaßen, wer dann und wann gleichsam in der Mitte schwebt, und dem’s wenigstens bisweilen gegeben ist, in die Höhe über sich, und in die Tiefe unter sich – hinzublicken. […] Wer bemerkt, wahrnimmt, schaut, empfindet, denkt, spricht, handelt, dichtet, singt, schafft, vergleicht, sondert, vereinigt, folgert, ahndet, gibt, nimmt – als wenn’s ihm ein Genius, ein unsichtbares Wesen höherer Art diktiert oder angegeben hätte, der hat Genie; als wenn er selbst ein Wesen höherer Art wäre – ist Genie.
So ein Gesülze kann man ja nicht unkommentiert lassen, also habe ich heute gleich mal einen Auszug aus Lavaters hundert physiognomischen Regeln ausgeteilt:
Sehr abwärts sinkende Nasen sind nie wahrhaft gut, wahrhaft froh, oder edel, oder groß. Immer sinnen sie Erdwärts, sind verschlossen, kalt, unherzlich, unmittheilsam, oft boshaft-witzig, übellaunig, oder tief hypochondrisch, oder melancholisch; obenher gebogen, furchtbar, wollüstig.
Und:
Jeder Mund, der völlig einmal so breit ist, als das Auge, ist der Mund eines Dummkopfs – das heißt, von der Spitze gegen die Nase, bis an’s innere End‘ des Augapfels; beyde Breiten nach demselben flachen Maaße gemessen.
Und dann sollten die Schüler ihre Nasen vergleichen und die Breite von Auge und Mund ausmessen und herausfinden, ob ihr Gegenüber ein Dummkopf ist. Das war lustig.
— Danach noch einen kurzen Auszug aus Lichtenbergs „Fragment von Schwänzen. Ein Beitrag zu den Physiognomischen Fragmenten“ gemacht. (Siehe Blogeintrag.) Die Schüler waren angemessen belustigt, als sie den Witz verstanden hatten.

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