Ich bin sehr begrenzt multitaskingfähig. Lesen, Fernsehen und sich unterhalten, das geht gleichzeitig, jedenfalls bei vielen Inhalten. Information aufnehmen kann ich gut, solange ich mit nichts anderem beschäftigt bin.
Allerdings reicht es schon, mir eine Zwiebel oder Gurke zum Schnippeln zu geben: Sobald ich etwas mit den Händen machen muss – außer Tippen vermutlich – kann ich kaum einem Gespräch folgen oder Fragen beantworten.
Varnde guot, das ist – sagen wir mal – mittelhochdeutsch für „bewegliche Güter“, also Mobilien, also Möbel. Die neuen Küchenmöbel haben mich vom Bloggen abgehalten, weil ich mit der neuen Küche beschäftigt war, und ganz und gar nicht multitaskingfähig bin, wenn ich so etwas im Kopf habe. Also: Frau Rau und ich haben eine neue Küche. Die alte haben wir vor fünfzehn Jahren von den Vormietern übernommen. Zum Umzug haben wir uns keine neuen Möbel gekauft, sondern die alten mitgenommen – bei Frau Rau aus Kinder- und anderen Tagen, bei mir eine Kredenz von meinem Großvater, Sessel der Großmutter einer Freundin, Sessel einer Tante, Kronleuchter derselben Tante. Aus der ersten gemeinsamen Wohnung brachten wir Stühle und einen Tisch, Betten und diverse Regale mit. In den letzten fünfzehn Jahren haben wir uns ein Sofa angeschafft und eine von diesen kleinen neuen Design-Stereoanlagen, die etwa ein Sechstel Platz wegnimmt von dem, was früher Boxen, Verstärker, Plattenspieler, CD-Spieler brauchten. Und Bücherregale, das war’s dann aber auch.
Die alte Küche gab nach und nach auf. Der Wasserhahn tropfte, wenn man ihn nicht in genau der richtigen Stellung platzierte. Die Waschmaschine leckte und wollte bei jedem Durchgang gekippt werden; dann tropfte sie nicht mehr, stand aber schräg und musste beim Schleudern umarmt werden, um nicht fortzuwandern. Die Spülmaschine tat ihren Dienst, aber das Oberteil des Drehknopfs zum Einschalten war abgebrochen und die Manipulation des Restknopfs erforderte Fingerspitzengefühl (und trockene Finger). Außerdem brach der obere Spülkorb regelmäßig weg. Und wir sind hier alle keine Reparierer in diesem Haus. So richtig gefallen hatte uns die Küche eh nie.
Also entschlossen wir uns zu einer neuen Küche. Hätte eigentlich in den Sommerferien sein sollen, aber das hat sich dann doch alle sum ein paar Wochen verschoben. Erst kam alles raus, bis auf die Bodenfliesen. Am nervenaufreibendsten war das Legen der neuen Steckdosenleitungen. Laut! Laut! Laut! (Die armen Nachbarn.) Verputzen, Streichen, Liefern und Aufbauen der neuen Möbel. Nein, da hatte ich keinen Nerv zum Bloggen.
Jetzt steht sie aber schon fast ganz. Ist schon ein bisschen eine Luxusküche, aber wir kochen ja beide gern. Spül- und Waschmaschine nicht ganz auf Augenhöhe, aber doch recht weit oben. Und ruhig! Und trocken! Herd auf auf Augenhöfe. Mit ziemlich heiß und mit Dampfeinspritzung, dann muss man beim Brotbacken nicht die Tasse Wasser in den Ofen kippen. Und ein Kühlschrank, größer als ich! Und Platz! Ein eigenes Fach für die selten gebrauchten Küchenutensilien, und ein zweites für die noch seltener gebrauchten. (Ganz erstaunlich, was sich da so ansammelt. Aber meine mexikanische Tortillapresse möchte ich trotzdem nicht missen.)
Varnde guot, das heißt nicht wirklich bewegliche Gütter. Ich habe oben geschwindelt. Varnde guot sind eher: dahinfahrende, weltliche, temporale Güter (statt spiritueller). Ich habe ja als Bücherfreund und Comic-Sammler besonders viel davon. Aber ich bin mir dessen Vergänglichkeit sehr bewusst. Wenn ich mal tot bin, was passiert dann mit meinen Comics und Büchern? Wo sich doch jetzt schon keiner mehr für James Branch Cabell interessiert.
In den Ferien war ich in der Wohnung einer verstorbenen alten Freundin der Familie. Eine Wohnung (ich war früher öfter dort) voller Kuriositäten. Reisemitbringsel der letzten vierzig Jahren, aus Afrika und Asien, vor allem. Statuen und Ausgestopftes, Briefmarken und Geldscheine, Eintrittskarten und Reiseführer, Stammesabzeichnen und Touristennepp, Bumerangs und Dolche und Blasrohre, Poster und Autogramme. Und keine Erben. Wertvoll ist nichts davon, denke ich. Aber so schön, so bunt. Ich habe mir drei, vier Sachen ausbedungen als Erinnerungsstücke – eher deshalb, um die Illusion wahren zu können, um weiter Komplize bei der gesellschaftlichen Verschwörung zu sein, dass das, was die Verstorbene und ich, und überhaupt alle, so tun und lassen und anhäufen, temporal oder spirituell, einen Sinn hat. Ich leide nicht an meinem Nihilismus, ich bin ein glücklicher Mensch, eben weil ich augenzwinkernd mitmache bei dem Spiel, so zu tun, als wäre irgend etwas wichtig. Und damit es wichtig ist, was Leute in ihren Wohnungen ansammeln, muss man wenigstens ein oder zwei Teile mitnehmen.
Ach ja, Schule. Zum Personalausflug letzte Woche stieß ich erst zum Abendessen, vorher waren die Handwerker da. Drei Kurse habe ich vor allem, das W-Seminar zum Thema Horror, einen Infomatikkurs in der Q11 und einen Deutschkurs. Machen alle Spaß bisher.
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