Zum Halbjahr habe ich eine 8. Klasse etwas unvermittelt übernommen; gestern haben wir Zeitung gelesen. Das habe ich ja schon ewig nicht mehr gemacht mit Schülern. So einfach, wie man sich das vorstellt („bringt doch alle mal eine Zeitung mit“) ist das gar nicht:
- Nicht alle Haushalte haben eine Zeitung, früher schon nicht, heute noch weniger.
- Und man darf auch nicht voraussetzen, dass die Schülerinnen einfach so die Zeitung mitnehmen dürfen, also: eher die vom Vortag sich geben lassen.
- Nicht alle Schüler wissen, was eine Zeitung ist. Was zusammengeheftet ist, ist eine Zeitschrift.
- Keine Zeitung: Anzeigen- und Wochenblätter, auch wenn die ungeheftet und auf Zeitungspapier gedruckt sind.
Dass die meisten Schülerinnen und Schüler keine Zeitung lesen, ist völlig normal. Deshalb zeigt man sie ihnen ja auch im Unterricht ein bisschen genauer und lässt sie lesen. Dazu habe ich einige Textsorten vorgegeben, sortiert nach „Meinungsformen“ und „sachliche Formen“, und jede Gruppe musste jeweils ein Beispiel dafür finden, ausschneiden und auf einen großen bunten Karton kleben. (Ja, ich hatte Karton, Schere und Klebstoff dabei; die Schüler teilweise auch.)
Interessant sind die Formen, die Schüler nicht so recht zuordnen können: Ist eine nur mäßig witzige und interessant Glosse immer noch eine? (Ja.) Bedeutet ein launiger Einstieg im Lokalteil schon eine nicht-sachliche Form? (Nein.)
- Nicht vergessen: Genug Zeit fürs Aufräumen einkalkulieren.
Wenn ein Computerraum frei wäre oder es WLAN für Tablets gäbe, und Tablets, würde ich das jetzt natürlich auch online machen. Ich halte den Umgang mit Papier und Schere schon für wichtig, aber online ließen sich im Anschluss schöne Portfolios von Textsortenbeispielen erstellen.
In der Stunde zuvor sprachen wir kurz darüber, wie der Weg von einem Ereignis zu einem Artikel in der Zeitung verlaufen kann. Dazu könnte man dann schön den Twitter-Account der Münchner Polizei lesen lassen und danach die Pressemitteilungen der Polizei. (Reportagen eher beim Polizeireport des BR. Da aber auswählen vorher.) Auf Basis der Pressemitteilung könnte man dann eine sachliche Meldung verfassen oder einen reißerischen Artikel. Oder man merkt, dass man für eine ordentlichen Artikel oder gar einen Kommentar dazu noch selber recherchieren müsste.
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