Morgen stimmt das Vereinigte Königreich darüber ab, ob es in der Europäischen Union bleiben will. Mein Englandbild hat einigermaßen gelitten in den letzten Monaten. Für mich war England immer: Rationalismus, Understatement, Skeptizismus, Agnostik. („Fair play“ dagegen, traditionell mit England assoziiert, habe ich nie groß damit verbunden, vielleicht weil das Klassensystem schon mal dagegen spricht.)
Die letzten Monate hatten nicht nur kein fair play, sondern Lügwn, Hysterie, Bauernfängerei und die völlige Abwesenheit von Skepsis gegenüber großspurigen Versprechungen.
Meine Prognose: England wird für den Brexit stimmen, mit mehr Abstand als erwartet. Warum: Prognosen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Meine kleine Theorie: Die Entscheidung für ein Ausscheiden aus der EU ist so falsch, dass es den Leuten peinlich ist, sie zuzugeben; deshalb kommen die Umfragen zu einem schiefen Ergebnis. Hinweis: Ich verstehe überhaupt nichts davon. Am Ende ist das den Leuten gar nicht peinlich, weil sie wirklich nicht sehen, wie falsch das ist.
Spannender ist es natürlich, wenn der Brexit kommt: Dann kann man sehen, ob die Voraussagen eintreffen. Ich mache auch gleich mal ein paar, ungetrübt von jeglichem Wissen jenseits des gesunden Menschenverstands: Das Pfund wird fallen, England wird es wirtschaftlich deutlich schlechter gehen, mindestens die nächsten sechs Jahre über. Wie die EU reagieren wird, weiß ich nicht. Gute Handelskonditionen für England wird es sicher nicht geben. Allein das schon wollen viele Leute in England, wenn man den Zeitungen glauben darf, nicht wahrhaben. Ich würde es ja noch verstehen, wenn man das als Ausgangspunkt nimmt und sagt: Trotzdem wollen wir raus aus der EU. (Auch wenn ich das aus anderen als wirtschaftlichen Gründen für falsch halte.)
Die EU müsste als Wertegemeinschaft verstanden werden. Führt ein Weg dorthin? Ich weiß es nicht.
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