Das Abimotto dieses Jahr war: 12 Jahre Druck – endlich Diamanten. (Unter den Abi-Mottos der letzten Jahre noch eines der besseren.) Immerhin vergleichen sich die Schülerinnen und Schüler mit Diamanten, das ist schon in Ordnung. Kann man was damit machen, auch wenn es Steine sind und Ressourcen und Schüler mehr sind als das; Rohdiamanten und so weiter, die man erst noch zum Funkeln bringen muss, diamond in the rough.
Positiv war, wie schon letztes Jahr: Zur Verleihung der Zeugnisse zieht nicht mehr jeder Schüler, jede Schülerin einzeln mit einem angespielten Lied ein, sondern die Schüler machen das in (meist) Dreiergruppen mit einem gemeinsamen Lied. Das macht das ganze sehr viel besser.
Negativ: Früher haben sich Lehrer und Lehrerinnen fein gemacht und vorne ins Publikum gesetzt, wo ihnen Plätze freigehalten wurden. Die Plätze waren auch diesmal frei, aber die Lehrer sammelten sich im Hintergrund, oberhalb der Aula, ohne sich groß feingemacht zu haben. Weil es da kühler war. Ich sehe das eher als ein weiteres Symptom für den Rückzug vom Schulleben, von denen mir in letzter Zeit einige auffallen.
Zur Kleidung: Da darf ich diesmal nicht so viel schreiben, weil ich weiß, dass Leute das lesen. :-) Also: Mir sind weder bei den jungen Frauen und Männern modische Trends aufgefallen. Zwei junge Frauen in Hosen; eine mit kurzen Haaren (Respekt), eine mit einem schönen und auffälligen 80er-Jahre-Bob, den sie aber schon seit Jahren trägt. Sonst alle Haare noch mädchenhaft lang.
Es gab Reden von Schulleiterin, Landrat, Bürgermeisterin, Elternsprecherin, Oberstufenkoordinatorin, und einem Schüler. Die Schülerrede eckte bei ein paar Kollegen ein wenig an. „Da muss man doch mehr differenzieren“ und so. Aber so ein bisschen anecken soll eine Rede auch, oder wenigstens irgendetwas an so einem Nachmittag. Klar macht man sich keine Freunde, wenn man beginnt mit „Liebe Menschen, liebe Lehrer“, und nach dem einsetzenden Gelächter meint: „Wenn ich fertig bin, klatscht hier niemand mehr.“ Aber ich fand’s okay. Der vorletzte Satz, nach einer Reihe von mehr oder weniger ironischen Danksagungen, war: „Danke für das Wort ‚abiturrelevant‘, ich will es nie wieder hören.“ Ich fürchte, das Wort haben die Schüler öfter verwendet als die Lehrer.
Ganz am Anfang der Veranstaltung wurde, ohne dass das thematisiert wurde, das hier an die Wand geworfen:
Warum diese Distanzierung von sich selbst? Weil irgendwie ironisch immer gut ist? Aus Angst davor, aus Versehen Stellung zu beziehen? Das ist unnötig.
Nach der Verabschiedung löste sich alles sehr schnell auf. Gut, so kam ich noch in den Biergarten, aber eine halbe Stunde Stehempfang nach der Feier wäre schön, dann könnte man sich noch unterhalten. (Danach gehen die Abiturienten mit ihren Familien essen, und später tanzen.)
— Die Abizeitung war brav, und letztlich mit wenig Inhalt, der auch für Außenstehende interessant war. Einer der wenigen solchen Artikel kritisierte, dass männliche Schüler nicht beim Oberstufenkurs „Gymnastik und Tanz“ mitmachen durften. An anderen Gymnasien geht das sehr wohl, und die Gründe, die die Sportlehrer dagegen vorbrachten, schienen mir äußerst fadenscheinig. Ansonsten kriegte jede Schülerin, jeder Schüler zwei Seiten: Lieblingsfächer, -nachbarn, Lebensmotto, vorbildliche Lehrer, schon interessant, aber vor Jahren gab es mehr Fragen: Stärken, Schwächen, Ziele, drei Lehrer für die einsame Insel, Lieblingsschullektüre. (Letzteres sehr spannend für Deutschlehrer!)
Kommende Abiturienten wissen hoffentlich, was Lehrer, wenn sie die Abizeitung lesen, und das tun nicht alle, wirklich interessiert: „Du kommst auch drin vor“ hat Hanns Dieter Hüsch seine Autobiographie genannt, und so hält man als Lehrer-Leser immer unauffällig Ausschau nach dem eigenen Namen. Diesmal tauchte so ziemlich jeder auf.
Insgesamt: Abistreich, Abifeier, Abizeitung hat dieser Jahrgang gut gemacht; es war ein netter Jahrgang mit interessanten Menschen. (Aber das ist eigentlich immer so.) Das Abitur haben sie verdient.
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