Nächste Woche schreibt meine 9. Klasse eine Essay-Schulaufgabe. Ungewohnt für die Schüler ist, dass es für den Essay keine festen Regeln für den Aufbau gibt – von der Textanalyse, von der Erörterung her kennen sie das anders. Auch dort müssen sich die Schülerinnen nicht an unsere Regeln (sprich: die Gliederung) halten, aber wir empfehlen das sehr. Sicher könnte man auch die Möglichkeiten, ein Essay zu schreiben, auf vergleichbare Weise einschränken. Aber zum einen ist diese Festlegung auf einen bestimmten Aufbau beim Essay viel willkürlicher als bei anderen Textsorten: Die Erörterung gibt es in der Form, wie wir sie lehren, ja nur in der Schule. (Bei der Textanalyse passt unser Aufbau wenigstens zu Wikipedia-Einträgen.) Zum anderen ist es, glaube ich, Zeit, dass sich die Schülerinnen mal selber überlegen, wie sie ihren Text aufbauen – gerade weil die Gliederung jetzt de facto kein verpflichtender Teil des Aufsatzes mehr ist.
An Essay wie auch Erörterung stört mich, dass man mit einem Thema konfrontiert wird und gleich im Anschluss in 90 oder 180 Minuten den Aufsatz schreiben muss. So entstehen außerhalb von Zeitungen die wenigsten Texte. Man sollte das Thema eine Weile mit sich tragen können, dann fällt einem eher ein, was man dazu schreiben möchte. — In der Prüfungssituation geht das nicht; stattdessen gibt man inzwischen den Schülern Begleitmaterial zur Hand, das sie verwenden sollen. Das funktioniert nur so mäßig und ist nur so mäßig sinnvoll.
In meiner 9. mache ich das jetzt – nach Rücksprache mit den Schülerinnen und Schülern – so : Eine Woche vor der Prüfung kriegen sie 14 ganz kurz gehaltene Essay-Themen. Wir stimmen ab, welche 2 davon wir streichen. Über die restlichen 12 können sie dann schon mal nachdenken. Am Prüfungstag würfle ich dann 2 der Themen aus, und die werden dann gestellt. (Außerdem gibt es noch ein drittes, unbekanntes Thema mit Begleitmaterial.)
– Am einfachsten wäre es ja, wenn ich das Thema stellen könnte und die Schüler hätten eine Woche Zeit, den Aufsatz zu schreiben. In anderen Ländern ist das selbstverständlich; auch bei uns gab es Anfang des Jahrtausends noch die Deutsche Hausaufgabe in der 11. Klasse – eine große schriftliche Prüfung in Form eines zu Hause geschriebenen Aufsatzes. Warum ist das abgeschafft worden? Ich kann mir nur vorstellen, dass die Rechtsabteilung des Kultusministerium davor gewarnt hat, man könne ja nie sicherstellen, dass selber geschrieben usw. Denn das war eminent sinnvoll, und die meisten haben das auch selber geschrieben. Aber Hausaufgaben darf man nicht bewerten. Wenn ich eine Sache am Gymnasium ändern würde, dann das.
(Die Hausaufgaben zum Üben, die nicht. Aber Hausaufgaben zum Demonstrieren, was man kann, die schon.)
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