Spielt es eine Rolle, in welcher Art Datei ich jemandem Informationen schicke? Aber ja. Dieser Cartoon erklärt, wie viel Vertrauen man dem Inhalt einer Datei entgegenbringt, abhängig von deren Dateiformat:

https://xkcd.com/1301/
Creative Commons Attribution-NonCommercial 2.5
Eine .pdf-Datei ist glaubwürdiger als eine .doc-Datei, eine Grafik als .png glaubwürdiger als eine mit der Endung .jpg oder gar .jpeg, un d von .gif brauchen wir erst gar nicht anzufangen.
Dieser Cartoon ist natürlich überspitzt, aber da ist auch Wahres dran. Wenn mir eine Behörde eine .docx-Datei schickt, seufze ich, und erwarte wenig und halte wenig von dieser Behörde. Beispiel: Fortbildungsangebot – kommt das als .docx statt als .pdf, weiß ich, dass da jemand dahintersaß, der keine Ahnung hat. (Bei einem Informatiklehrertag obendrein, seufz.) Ähnlich gilt das für Dateien zum Download auf Schulhomepages, Rundschreiben der Schulleitung. Der Inhalt mag noch so gut sein, ich vertraue dem Urheber erst mal weniger.
Vielleicht ist das aber gar nicht wichtig. Wenn die Erzeuger dieser Dateien den Unterschied zwischen .pdf und anderen Formaten nicht kennen, spielt er für die Adressaten ebenfalls keine Rolle? Gehören Randall Munroe von xkcd und ich zu einer immer kleiner werdenden Gruppe?
Anlass für diese Gedanken war dieser Tweet:
Ich sehe LibreOffice in Schulen als gescheitert an. Du nutzt welches Betriebssystem?
— Andreas Hofmann (@halfman1334) 7. November 2017
Ich weiß nicht, welche Diskussion dem Tweet voranging; da ich nicht regelmäßig twittere und so auch nicht immer alle Tweets meiner Timeline lese, betrachte ich Tweets als weitgehend kontextfrei – kleine Kunstwerke, die auf eigenen Füßen stehen müssen. Jedenfalls widersprach ich, denn ich halte Libre Office ans Schulen nicht für gescheitert – jedenfalls unter den Schülern. Es sind die Lehrer, die auf Microsoft Word bestehen, und da wiederum vor allem die Schulleitungen, die regelmäßig Schreiben als .docx erhalten, weil die übergeordneten Behörden die so gerne versenden. Schuld daran ist fehlende Kompetenz, was Dokumente und Dateiformate ist. Viele Kollegen und Kolleginnen – am Kultusministerium, in Schulleitungen, als normale Lehrer – wissen gar nicht, dass es so etwas wie Dateiformate gibt und sind überhaupt nicht in der Lage, mündige Entscheidungen zu treffen. Der Unterschied zwischen Betriebssystem und (anderer) Software, zwischen offline und online ist ja oft schon nicht klar.
Das macht diese Kolleginnen und Kollegen für mich ein Stück kleiner. Verachten ist sicher zu stark, aber irgendwas zwischen geringschätzen und belächeln kommt hin, Tendenz zum ersteren.
Noch weniger verstehe ich die, die es eigentlich besser wissen müssten:
Ich leider auch gerne mal. Da schüttelt es mich
— Andreas Hofmann (@halfman1334) 9. November 2017
Ich habe ja angeboten, „schüttelt es mich“ durch „fühle ich mich beschämt“ zu ersetzen, aber das wollte Andreas nicht. :-) Warum es ihn schüttelt: weiß ich nicht, weil kontextfrei. Wenn es Microsoft-User schüttelt, wenn sie eine odt-Datei kriegen, dann schüttelt es Libre-/Open-Office-User genauso, wenn sie eine pdf-Datei kriegen.
Die Ursache ist: docx (als Implementierung des Standards OOXML) und odt (als Implementierung des Standards ODF) sind nicht völlig kompatibel. Das liegt an der Komplexität der Formate, aber auch daran, dass Microsoft kein Interesse daran hat, den anderen Standard zu fördern; der eigene Standard wurde nur unter bedenklichen Umständen als ISO zertifiziert (Wikipedia). Auch die 6000 Seiten Dokumentation von OOXML machen es anderen nicht leicht, den Standard zu implementieren.
Welche Software die Leute benutzen, das ist mir völlig egal. Ich mag die Menüstruktur von Libre Office lieber, aber wer mit Microsoft besser zurechtkommt: Gerne. (Ich glaube, die Serienbreiffunktion ist dort übersichtlicher, weiß das aber nicht sicher, weil ich ja nicht damit arbeite.) Wichtig ist, welches Dateiformat unterstützt wird und am Ende herauskommt. Das sollte offen, transparent, und möglichst auch noch nicht-proprietär sein. Klar will Microsoft keine Trennung von Software und Dateiformat; dass .docx nur von Word richtig bis in die Feinheiten unterstützt wird, ist ja ein wichtiger Grund für den Erfolg von Word.
Bei den Schülern und Schülerinnen sieht es übrigens so aus:
Zur Ergänzung die jüngste Beute: 11 Dateien aus der Q11, alle in Moodle hochgeladen:, docx: 4, odt: 5, pdf: 1, rtf: 1
— Thomas Rau (@Herr_Rau) 9. November 2017
Ich lasse mir immer wieder Aufsätze per Mail oder über Moodle schicken, zu den Formaten mache ich dazu keine Angaben. Selbst Pages ginge zur Not. Unter Schülern ist odt also durchaus verbreitet. Wir bieten in der Schule aber auch kein Rundum-Sorglos-Microsoft-Office-365-Paket an. Der objektorientierte Informatikunterricht beginnt mit Klassen bei LibreOffice, das funktionale Programmieren – oder der Ansatz dazu – ebenfalls. Schnickschnack bei der Präsentation wird dabei vermieden, damit ist auch genug Kompatibilität zwischen der Microsfot und Libre Office vorhanden.
Die Formatfrage halte ich für wichtig. Mündige Nutzer sollten sich bewusst für ein Format entscheiden können. Die aktuelle Unmündigkeit ist zum Teil selbstverschuldet. OER in proprietären Formaten halte ich bei pdf und mp3 für völlig in Ordnung, weil es dafür verschiedene offene Programme gibt; OER, das mit docx arbeitet, das nur durch ein einziges kommerzielles Programm unterstützt wird, geht gar nicht. Das ist wie eine Kommunikationssteuer, die an Microsoft gezahlt wird.
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