Mit dreizehn oder vierzehn Jahren hatte ich ein Schlüsselerlebnis. In der katholischen Ministrantengruppe erklärte mir der Gruppenleiter, wenige Jahre älter als ich, warum der sowjetische Einmarsch in Afghanistan folgerichtig sei. Schon zu verurteilen, natürlich, aber konsequent und – immer aus der sowjetischen Sicht natürlich – verständlich. Respekt verdienend.
Irgendetwas an dieser Szene hat mich so irritiert, dass ich mich noch daran erinnere. Ich glaube diese Haltung immer wieder zu erkennen. Das reicht vom viel zitierten: „Rommel, you magnificent bastard. I read your book!“ aus dem Film Patton (1970) bis zu den Anbiederungen eines verwirrten Cartoonisten an Trumps geniale Strategie des „4-D chess“ bis hin zu Trumps eigener, kürzlich wiederholter Betitelung Putins als „smart“. Im Lehrerforum gibt es einen Beitrag von einem ohnehin suspekten Forenmitglied, der Putin völlige Rationalität unterstellt; dessen Verhalten sei nur zu erklären dadurch, dass da etwas vorgefallen sein müsse im Zusammenhang mit den westlichen Regierungen, von dem wir nichts wissen. Erbärmlich.
Woher kommt diese Versteherei? Zum einen braucht man vermutlich eine gewisse Hybris, um sich überhaupt einbilden zu können, auf der Ebene der Weltpolitik mitreden zu können. Dann ist das vielleicht auch ein Schutzmechanismus: was man versteht, fürchtet man weniger. Und zuletzt ist da eine Hybris konkreterer Art. Die ganze Welt rätselt, aber man selbst versteht das Verhalten. Indem man den Wahnsinn unwillig respektiert, erhebt man sich auf dessen Ebene, da schwingt immer ein: „Ja, so würde ich das auch so machen an dessen Stelle“ mit. Das ist natürlich völlig lächerlich.
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