Entlastungspakete

Ich kriege wohl auch 300 Euro Energiepauschale im Rahmen des 3. Entlastungspakets, vielleicht mit meinen Oktoberbezügen. Ich brauche dieses Geld wahrscheinlich nicht dringend, werde es wahrscheinlich aber auch nicht weitergeben und spenden. Wie kommt das?

Zum einen ist das Trägheit. Wenn ich dieses Geld so leicht spenden könnte wie das bei Pfandbons in manchen Supermärkten geht (einmal digital erlebt, sonst eher als Behälter für die ausgegebenen Papierbons), dann wäre das zumindest wahrscheinlicher. Vor allem dann, wenn ich das Gefühl hätte, das Geld kommt bei denen an, die es brauchen – nein; das reicht nicht (denn so viele Organisationen können es brauchen): wenn ich das Gefühl hätte, damit auch ein Signal an den Staat zu senden.

Zweitens ist es sicher das Habenwollen. Geld ist immer schön. Sammeln, ausgeben, horten.

Drittens könnte es das Gefühl sein, das Geld doch zu brauchen. Ich glaube nicht, dass das zutrifft. Ich habe weder Erbe noch Grundbesitz noch Immobilieneigentum, habe aber das Glück, gesund zu sein, habe keine Kinder, und mit zwei Einkommen lässt sich so selbst in München leben. Lehrkräfte in Bayern werden gut bezahlt (manche besser als andere, was ich nicht gut finde, auch wenn ich davon profitiere). Weder viel Zukunftsangst noch viel Zukunftsvorsorge.

Ist da viertens doch das Gefühl da, dass ich das Geld irgendwie verdient habe, dass es mir zusteht, dass das nur gerecht ist? Möglicherweise ist das eine verbreitete Meinung, aber ich glaube, das trifft bei mir nur sehr wenig zu.

Fünftens: Weil die anderen das auch nicht machen. Man will nicht der Dumme sein.

Ich glaube, ich hätte an sich wenig Probleme damit, mich einzuschränken, auf Dinge zu verzichten. In der aktuellen Krisenzeit sowieso. Das Sabbatjahr könnte ich mir mit weniger Geld vielleicht nicht leisten. Aber ich käme mit weniger Dingen und Dienstleistungen aus. Ich habe keine teuren Hobbys und reise weniger als in meinem Kollegium üblich; in den letzten Jahren ja ohnehin nicht viel. Ich kann mir vorstellen, dass in dem Luxus, in dem wir leben, es viele gibt, die sich einschränken könnten. (Und viele, die das nicht können, keine Frage; ein bisschen kriege ich auf Twitter mit, ein bisschen anderswo.) Sowiefrüher. Der Knackpunkt: Man müsste dabei nur das Gefühl haben, dass die anderen das auch machen, man will nicht der Dumme sein.

Das ist eine mögliche Haltung. Wir könnten als Gesellschaft mit weniger auskommen, wenn alle mitmachen würden. Weniger nett formuliert vielleicht auch: Es geht nicht darum, viel zu haben, sondern mehr als die anderen (=was einem zusteht). Wie man dorthin kommt, weiß ich auch nicht. Im Spiegel wird eine Bertelsmann-Studie zum Gerechtigkeitsempfinden in Deutschland vorgestellt, laut der 75% der Befragten der Meinung sind, dass der in Deutschland gemeinsam erwirtschaftete Wohlstand ungerecht verteilt ist (meine Worte). Mehr Steuern zahlen wollen aber auch nur 37% – und abgeben vom eigenen Geld möchte man um so eher, je weniger man selber hat. Das Gefühl, selbst entsprechend der Leistung entlohnt zu werden, haben nur 35%.

Die andere mögliche Haltung ist, sich gar nichts sagen zu lassen: Steuern, Sicherheitsgurt, Maske, Impfung, Höchstgeschwindigkeit, Abgasverbrauch. “Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, wie lange ich duschen darf.” Sich nicht freiwillig einzuschränken, egal warum. Ich kenne solche Leute.

Eine dritte mögliche Haltung ist die der völligen Selbstlosigkeit. So weit bin ich nicht.

Nachtrag: Ich möchte nicht, dass die Gesellschaft für Ausgleich sorgt (=Spenden), sondern der Staat (=Steuern). Ich finde, dass die Gesellschaft nicht alle Aufgaben an den Staat abgeben darf, diese aber schon.


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Kommentare

11 Antworten zu „Entlastungspakete“

  1. Peter

    Meine Empfehlung: eine, und nur eine, karitative Organisation suchen und der so viel spenden, wie man mag (hier die Erklärung, warum man das nicht diversifizieren sollte: https://slate.com/culture/1997/01/giving-your-all.html).

    Außerdem möglichst noch ehrenamtlich arbeiten, muss nicht für diese Organisation sein.

    Was andere machen oder nicht machen, ist völlig gleichgültig.

  2. Gerhard Beck

    Ich kann nur ermutigen, es doch zu spenden. Ich werbe hier mal für meine örtliche Diakonie (dein lokaler Verein, der sich um die kümmert, die unser Geld mehr bräuchten als wir) geht natürlich auch.
    Da sitze ich im Vorstand, da weiß ich: Es kommt an
    https://www.bayerischer-wald-evangelisch.de/diakonisches-werk-cham-regen
    Online Spenden geht auch, dann kommt aber die Spendenquittung von Bildungsspender und es kommt später bei der Diakonie an

  3. Poupou

    Ich würde gerne verstehen, weshalb Sie zweimal Geld aus den Entlastungspaketen bekommen? Die 300 Euro aus dem 2.Paket gab es ja schon mit den Septemberbezügen (abzüglich Steuer)? Und jetzt nochmal als Student? Rentner?

    LG
    Poupou

  4. Danke! Das ist eine Form Selbstbetrachtung, die ich fast wörtlich übernehmen könnte.
    Ich möchte allerdings hinzufügen, dass ich die Chance als nicht ganz gering ansehe, dass unserer Gesellschaft als ganzer (mit Ausnahme freischwebender Superreicher) bevorstehen könnte, dass sie nicht mehr imstande ist, für ihre Bürger Folgendes zur Verfügung zu stellen: zureichende Heizungsmöglichkeiten, elektrischen Strom und damit zureichende öffentliche Wasserversorgung und anderes, was bei der gegenwärtigen Bevölkerungsdichte und Infrastruktur für viele Voraussatzung für mittelfristiges Überleben darstellt. Ein solches Maß an Gemeinsamkeit wünsche ich mir nicht.
    Aber dass uns allen gemeinsam das Verzichten leichter fiele, wünschte ich mir schon. Aber zureichend gemeinsamen Mangel, der vermutlich notwendige dafür Voraussetzung ist, wünsche ich mir auch nicht.

  5. Dass es Sinn macht, @Peter, nur einer Organisation zu spenden, verstehe ich, danke; auch wenn ich noch nie darüber nachgedacht hatte.

    “Was andere machen oder nicht machen, ist völlig gleichgültig.” Einerseits ja, andererseits hängt, glaube ich, bei “so viel spenden, wie man mag” das eigene Mögen doch nicht nur vom eigenen Verstand oder Gefühl ab, sondern beides ist auch von gesellschaftlichen Erwartungen abhängig.

    Danke, Gerhard Beck, mache ich.

    @Poupou: In anderen Bundesländern ging das vielleicht schneller, oder es ist nur meine Bezügestelle, die langsam ist, aber ich habe mit den Septemberbezügen noch nichts gekriegt. Deswegen rechne ich ja für Oktober damit.

    Ich bin optimistischer, Fontanefan. Das wird schon.

  6. Poupou

    Eigenartig. Ja, in anderen Bundesländern wurde die EPP mit den Septemberbezügen ausgezahlt. Allerdings in der Bezügemitteilung auch nicht ganz leicht zu sehen.
    Hier klingt es so, als wäre es in BY nicht anders:
    https://www.lff.bayern.de/download/bezuege/allgemeine_hinweise/umsetzung_energiepreispauschale.pdf

    Vielleicht durch das Sabbatical irgendwie verschluckt worden?

    LG
    Poupou

  7. Verschluckt worden, Poupou: Kann sein. Allerdings steht in einem Schreiben für NRW explizit, dass das für Beamte grundsätzlich mit den Oktoberbezügen überwiesen wird. Meine bayerische September-Bezügemitteilung ist datiert auf den 18.08., und da ist das Geld wirklich nicht dabei, und auch keine Bemerkung darüber, dass ich nicht berechtigt wäre.

  8. Hauke

    Hallo Herr Rau,
    ich habe öfter ähnliche Überlegungen und bin in einer vergleichbaren Position (habe zwei Kinder aber dennoch das Gefühl deutlich weniger Geld zu benötigen als ich habe)
    Gerade jetzt, wo die Kinderarmut und Ungleichheit zunimmt ist es wichtig, auch praktisch mitzudenken. Wir laden z.B. oft Freund*innen zu uns zum Essen ein und kochen was Schönes für Alle oder verschenken selbstgemachte Lebensmittel. Das kann ich mir gut vorstellen auszuweiten, weil es nicht ganz selbstlos / anonym ist und ich viele Menschen kenne, die deutlich weniger Geld und Sicherheit haben.
    Außerdem bin ich spendabel im Schulalltag, im Sommer öfter mal ein Eis essen mit der Klasse, das war auch gut für die Stimmung. Es gibt sicher viele Möglichkeiten, Geld sinnvoll direkt für die Gesellschaft einzusetzen, gerade auch im Schulkontext.

  9. Poupou

    Lesen hilft: in dem von mir selbst verlinkten Dokument steht auch für Beamte Oktober. Mea culpa! Sie dürfen sich also noch drauf freuen. Und als Tipp statt spenden: kaufen sie für das Geld bei einem handwerklichen Bäcker ein. Backen ist nämlich gerade richtig teuer geworden und viele Betriebe kämpfen ums Überleben.

    Liebe Grüße und viel Freude im Baskenland
    Poupou

  10. Danke, Freude habe ich! Wetter heute regnerisch, davor sehr sonnig.

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