Blogparade: Antifaschismus

(6 Kommentare.)

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema werden unter dem Beitrag gesammelt.

Dieses Mal geht es um das Thema: „Politische Bildung in der Schule: Was bedeutet antifaschistische Bildung? Wie können Pädagog*innen Antifaschismus erklären, lehren und unterstützen?“ (Blogeintrag von Herrn Mess dazu, dort auch Sammlung von anderen Beiträgen.)

Kurzfassung: Ich weiß es nicht. Kann die Schule da überhaupt etwas machen? Insofern, als ich Antifaschist bin: bin ich das durch irgendetwas geworden, das mit der Schule zusammenhängt? Ich glaube nicht; Antifaschist war ich schon vorher. Hat dann wenigstens die Schule etwas unterlassen, was mich zum Nicht-Antifaschisten hätte machen können, hatte ich also einfach Glück, dass mich die Schule nicht ausgebremst hat? Ich glaube nicht, aber das ist ein wenig schwieriger zu argumentieren, und vielleicht ist das bei anderen ja ohnehin anders. Wie kommt es denn, dass ich antifaschistisch wurde?

Was heißt es, antifaschistisch zu sein?

Was bedeutet, antifaschistische Bildung überhaupt? Möglicherweise das:

  1. Keine Faschisten wählen.
  2. Überhaupt wählen.
  3. Faschisten aktiv bekämpfen.

Demokratisch sollte man auch sein. Ich glaube nicht, dass „antifaschistisch“ und „demokratisch“ das gleiche bedeuten.

Was vielleicht hilft

Über Merkmale des Faschismus sprechen

Damit man ihn erkennt, wenn er vor einem steht. Dazu sollte ich vielleicht mehr in der Schule machen. Und erfahren, was es heißt, in einem faschistischen Staat zu leben.

Menschlichkeit und Empathie

Gerechtigkeitsempfinden ist wichtig, und verbreitet. „Das ist ungerecht“ ist als Reaktion gar nicht so schlecht, aber was gerecht ist und was ich, darüber kann man streiten. Gerade junge Menschen haben noch eine sehr simple Vorstellung von Gerechtigkeit. Bei manchen erwachsenen Menschen, die ich kenne, riecht ihr: „Es ist eine Ungerechtigkeit!“ immer nach Beleidigtsein, weil einem etwas verwehrt wird.

Besser als das kindliche „das ist ungerecht“ gefällt mir das kindliche und empörte und ein weig hilflose „das ist gemein“, das ich mir von mehr Erwachsenen wünsche. Das hilft gegen Faschismus. Wie man das in der Schule fördern kann?

Bildung

Im Sinn von Herder und Lessing und der Aufklärung heißt gebildet sein ohnehin, antifaschistisch zu sein. Im Sinn von: Allgemeinbildung und Quizwissen oder akademischem Grad heißt Bildung da: immerhin etwas, also mehr, als man meint!. Je höher der Schulabschluss, desto weniger wählt man die Nazipartei. (Dass Bildung nicht völlig immun macht: keine Frage.) Heißt das, dass man jetzt Abschlüsse an alle verschenken oder Noten, Fächer und Schulabschlüsse abschaffen soll? Liegt diese Statistik an der erworbenen formalen Bildung oder an der durch sie zugänglich gemachten Anteile an der Geesellschaft?

Zufriedenheit und Vertrauen

Wer unzufrieden ist oder Angst hat, wählt eher Extremisten. Aber wie das lehren? Andererseits wollen wir ja auch Unzufriedenheit, mit Welt, Regierung, System. Klar sind mache Schüler und Schülerinnen zufrieden und haben mehr Vertrauen und andere weniger. Wie viel man daran ändern kann? Sicher sollte man das Vertrauen nicht enttäuschen.

Lernen, an sich selbst zweifeln

Ein ordentlicher Faschist zweifelt nicht. Zweifel beibringen.

Medienkunde

Welchen Medien kann man trauen? Was ist Pressefreiheit? Warum sperrt Russland Wikipedia, aber keine rechtspopulistischen Podcasts? Wer verdient womit wie viel Geld?

Inwiefern bin ich Antischfaschist?

Keine Faschisten wählen, andere Parteien wählen, auf Demos gehen, so weit reicht es bei mir. Laut gegen Faschismus reden, so lange das billig geht. Ansonsten, wäre ich ein Mitläufer? Nicht so aktiv wie mein Großvater, wahrscheinlich, aber meine Pension riskieren?

Ein Projekt, das ich schon lange mal in der Schule durchführen möchte, wovon mich bisher offensichtliche Schwierigkeiten abhielten, ist dieses:

Skizze für Planspiel, zu Mitläufertum und Widerstand: Schüler und Schülerinnen entscheiden, ob sie Parteimitglied bei den Nationalsozialisten sein wollen oder Widerstand. Mitglieder kriegen ein mündliches „sehr gut“ als Projektnote, Widerstand ein „mangelhaft“. Planspiel fertig.

Twitter (2018)

Fazit

Ich weiß es nicht, gar nichts weiß ich. Im nächsten Schuljahr kommt die wöchentliche Verfassungsviertelstunde in die bayerische Schulen. Vielleicht bringt die ja etwas; man kann ja schauen und vergleichen, ob Bayern dann spürbar weniger populistisch wird als andere Bundesländer.


Beitrag veröffentlicht am

in

Kommentare: 6

Schlagwörter:

Kommentare

6 Antworten zu „Blogparade: Antifaschismus“

  1. Meine grundsätzlich antifaschistische Einstellung rührt von meinem Geburtsjahr her, 1956, 11 Jahre nach Kriegsende. Ich hab als Heranwachsender noch die Folgen der Nazi-Zeit mitbekommen, wie total deformiert die Menschen durch die Diktatur und den Krieg waren. Keiner, der noch alle Murmeln in der Birne hatte, wollte so werden wie die Eltern-Generation, da war Antifaschismus eine Selbstverständlichkeit. Aber je weiter das in die Ferne rückt, je weniger Menschen den Faschismus und dessen Folgen aus eigenem Erleben kennen, desto leichter lässt sich das natürlich relativieren. Da wird dann Faschismus wieder zu dem, was er vor 33 war, zu einer konkurrierenden Weltanschauung. Keine Frage, da muss man gegensteuern. Ob die Schule das kann? Das kann ich nicht beurteilen, da bin ich zu weit weg. Die Schule von heute hat Gott sei Dank nichts mehr mit den Instituten zu tun, die ich als junger Mensch aufsuchen musste. Die Schule der damaligen Zeit konnte es jedenfalls eher nicht.

  2. Ich bin ja weitere 11 Jahre jünger und weiter vom Krieg entfernt. die Greuel der Nazis waren oft Thema, aber Faschismus nicht, die Demokratie war ja sicher. Die Schule… ach, was du sagst.

  3. Es waren ja nicht nur die Greuel, Faschismus hat den ganz normalen Alltag kaputt gemacht, auch über 1945 hinaus. In meiner Heimatstadt herrschte bis in die 70er Jahre hinein eine eher seltsame, distanzierte Atmosphäre. Insbesondere die „bürgerliche Mitte“ führte ein äußerst zurückgezogenes Dasein. Ich bin erst später auf die Gründe gekommen: Die Stadt war nach 33 ein braunes Drecknest gewesen, mit über 80 Prozent Zustimmung zur NSDAP bei den Wahlen, jeder Menge Pgs und SA-Mitglieder (bei Kundgebungen war der Marktplatz voll mit Menschen in den entsprechenden Uniformen). Nach 45 haben die sich alle gegenseitig entnazifiziert, und dann sind sie sich aus dem Weg gegangen. Weil sie Angst voreinander hatten.

  4. Mein Geburtsjahr war ein Jahr vor Kriegsende. Den Pulverdampf auf meinem Grießbrei kenne ich nur aus Erzählungen.
    Meine Erinnerungen reichen nicht so weit zurück, dass ich den Unmut meiner großen Geschwister über die Änderungen mitbekommen hätte. Mein ältester Bruder hat sich vielmehr bei der „Bundeszentrale für Heimatdienst“ sehr gut über den Widerstand und allgemeinpolitisch informiert und uns vieles weitergegeben. Mein Geschichtsunterricht war gerade zur Nazizeit sehr gut. Der Geschichtslehrer war aus der DDR geflohen, hat zwar nie über Totalitarismus gesprochen, hatte aber keinerlei braune Restbestände. In der Oberstufe dann ein Deutschlehrer, der in britischer Kriegsgefangenschaft bei Umerziehung zur Demokratie mitgearbeitet hat. – Deutlich besser habe ich es bei Lehrerkollegen bei meinem Berufsanfang nicht angetroffen.
    Aber in einer Klasse mit einer großen Überzahl von Rechtspopulisten Demokratie „schmackhaft“ zu machen, stelle ich mit äußerst schwierig vor. – Da hilft dann wohl nur, wenn Lehrer und vernünftige Schüler etwas vorleben können.

  5. Antonia

    …ist nicht das Erfahren von Selbstwirksamkeit eine gute Grundlage, Zweifel und Vertrauen zu verbinden? Etwas aktiv ändern und beeinflussen zu können, gibt Vertrauen in sich und in das System. Und das Selbstwirksamkeitserleben kann Schule ja auf vielen Ebenen fördern? Sicher nicht hinreichend für Antifaschismus, aber notwendig, oder?

  6. Mehr Erfahrung von Selbstwirksamkeit wäre jedenfalls eine gute Idee und kann nicht schaden. Das kommt zu kurz. Definitiv.
    Andererseits: Selbstwirksamkeit heißt doch erst einmal, etwas erreichen zu wollen und etwas dafür tun zu wollen. Das zu erfahren, ist toll. Daraus entsteht Selbstwirksamkeitserwartung, und die ist gut. Aber so viel Binnendifferenzierung bei formal gleichen Ansprüchen geht gar nicht, wie das auseinandergeht bei manchen Klassen.

    Aber wenn ich mehr Zeit für kleine Projekte hätte in der Schule, da ließe sich auch da etwas machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert