Stand der Demilliardärisierung 2025

(11 Kommentare.)

Bei Kathrin Passig habe ich dieses Wort zuerst gelesen, lesenswert der Techniktagebuch-Eintrag „Fortschritte bei der Demilliardärisierung“ (Januar 2025).

Ich halte Demilliardärisierung für wichtig. Wo ich mich noch unmittelbar von Milliardären abhängig mache (denn mittelbar bin ich das ja ohnehin immer und auf tausend verschiedenen Wegen):

  • Facebook und Whatsapp: sehr wenig genutzt, nur für eine Handvoll Leute.
  • Instagram: nutze ich wenig, aber ich nutze es. Für einige ältere Verwandte und Bekannte und als Kanal für Schüler und Schülerinnen gibt es da kaum Ersatz. Alle anderen könnten mit umziehen zu föderierten Diensten. Bilder sind eh nicht so das meine.
  • Android (mit dem Fairphone): Nutze die Google-Infrastruktur.
  • Windows 11 (bin zufrieden damit, freue mich aber darauf, irgendwann auf Linux umsteigen zu müssen).
  • Amazon: nutze ich vor allem zur Recherche. Ich leihe mir Bücher digital aus der Bibliothek, kaufe antiquarische Bücher über andere Dienste, suche nach Warenhaus-Artikeln im örtlichen Warenhaus oder Spezialläden. Aber manchmal finde ich keine andere Quelle und bestelle doch bei Amazon, etwa: gezuckerte vegane Kokos-Kondensmilch. Wenn ich mal ein neues digitales oder papiernes Buch brauche, kaufe ich das nicht bei Amazon.

Fast aufgegeben, oder jederzeit aufgebbar:

  • Restnutzung Google Maps: Nur gelegentlich, sonst Open Street Map beziehungsweise die App Organic Maps.
  • Restnutzung Google Kalender: Nutze ich noch, aber nur für Geburtstage, könnte ich auch mal umziehen. Ich teile den Kalender mit niemandem.
  • Restnutzung iTunes: Nutze ich zum Abonnieren und Verwalten von Podcasts, könnnte auch mal umziehen.
  • Restnutzung Google: eien Suchmaschine neben anderen (leider nicht so vielen, wie man meint)

Ganz vermeiden kann ich PayPal; Goodreads habe ich eingestellt. Ich verwende kein Microsoft Office und auch nicht das Apple-Äquivalent, keine Cloud von Microsoft oder Apple oder Goodle und auch nicht deren E-Mail-Dienste (etwa Gmail).

Ich nutze offene und freie Software und bin nicht nur sehr zufrieden damit, ich kann damit auch besser umgehen als etwa mit Microsoft Office: Thunderbird, Firefox, GIMP, Inkscape, Audacity, MuseScore, Libre Office. An Social Media nutze ich vor allem Mastodon. Ich nutze die Bayerncloud für die Schule und habe auf dem Telefon ein VPN zum NAS zuhause. Nextcloud habe ich auf der eigenen Domain installiert, nutze es aber nicht wirklich.

Ich spende regelmäßig für oder arbeite mit bei: Wikipedia und Internet Archive. Das sind die letzten Bastionen eines demokratischen, prämilliardärisierten Internets, und beide werden deshalb von Milliardären angegriffen.

Noch ist E-Mail demokratisch, weil das Internet nun mal so gedacht war, aber darauf laufen auch Angriffe: Wenn Gmail und die anderen Milliardärsanbieter nur noch ihre eigenen Mails durchlassen und der Rest prophylaktisch im Spam-Verzeichnis landet, ist das auch aus.

Noch ist das Web demokratisch, weil das Internet nun mal so gedacht war, aber darauf laufen auch Angriffe. Wenn Browser und Suchmaschinen der Milliardärsanbieter nur noch ihre eigenen Seiten gelten lassen und den Rest nicht darstellen oder nicht in die Suchmaschine aufnehmen, ist das auch aus.

In meinem Beruf als Lehrkraft und Mitglied von Bildungsinstitutionen gibt es viele Vertreter und Vertreterinnen von „Hauptsache praktisch!“, die bei Lösungen für Hard- und Software und Webdienste auf Milliardärsangebote setzen. Wenn sie sich schlecht dabei fühlen, okay; ich erwarte von niemandem, von heute auf morgen auf alle Milliardärsangebote zu verzichten. Oft ist aber keine solche Einsicht da, da ist Teams oder iPad alternativlos zeitgemäß; schulterzuckend wird auf die Praktikabilität verweisen. Selbst wenn das für die konkrete Generation an Schülerinnen und Schülern, für die man doch nur das Beste will, die beste Lösung sein sollte (und ich glaube selten, dass das stimmt), verbietet sich das aus meiner Sicht dennoch. Ich deute vermutlich zu verhalten an, wie ich solche Entscheidungen verachte, und sollte das vielleicht deutlicher machen. Andererseits bin ich müde und weiß nicht, ob das Antagonisieren etwas bringt.


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11 Antworten zu „Stand der Demilliardärisierung 2025“

  1. Beim Google-Kalender suche ich gerade nach einem Ersatz, der auf Rechner und Handy funktioniert und bei dem sich alle Haushaltsmitglieder problemlos gegenseitig freischalten können.

  2. Ich nutze Kalender ja nicht viel. Den eigenen Nextcloud-Kalender kann ich in Thunderbird einbauen, was es an guten Apps gibt, die Kalender von Kalenderquellen verwalten, weiß ich aber nicht. (Die Standard-Android-App kann das sicher auch, und nicht nur google-gehostete Kalender.) Nextcloud erfordert eine Nutzerverwaltung, man müsste also dort im Webfrontend Accounts anlegen und Kalender freischalten. Owncloud natürlich ähnlich.

  3. Dieser Text hat mich extrem nachdenklich gemacht. Aus Gründen kann ich überhaupt nicht auf Adobe verzichten, Affinity und so gingen auch. Aber auf Linux geht das alles nichts, so wenig wie mein Buchhaltungsprogramm. Aber in der Tat überlege ich gerade dieses ganze Google One-Gedöns und Microsoft 365 eher kurzfristig abzuschalten bzw. zu einem einzigen Anbieter seriöser Art zu migrieren. Die selbstgehostete Nextcloud wird es eher nicht sein können. Zu unsicher.

    Aber ich habe gerade Frau Pepa gesagt, was würde man denn machen, wenn man wüsste, dass Gmail nicht in USA, sondern in Russland oder China sitzen würde. Leider muss man aktuell davon ausgehen, dass die Daten in den USA wirklich nicht mehr sicher sind.

  4. Nachdenklichkeit ist immer gut. Aber ich will zum einen überhaupt nichts gegen kommerzielle Software sagen, ich habe selber einige (wenn auch nicht im Abonnement). Zum anderen finde ich es völlig in Ordnung, nicht alles auf einmal umzuwerfen, sondern halt mal zu sehen, was geht. Im Bildungsbetrieb sollte da mehr gehen als anderswo.

  5. Dig A Pony

    Da ich gerade deinen alten Uraltrechner aus Sicherheitsgründen seinem Verwertungsschicksal überanworten muss, bin ich auch auf der Suche nach all diesen Entmilliardärisierungsstrategien. Da ist deine Liste sehr hilfreich. Mehr Antagonisieren von Leuten, die sich auskennen, ist ein erster Schritt im Widerstand gegen den digitalen Kolonialismus.

  6. Kolonialismus ist da vielleicht gar nicht das falsche Wort.

  7. […] Herr Rau über den Stand der Demilliardärisierung. […]

  8. ich da ja sehr interessiert und dabei, aber immer auch schnell ganz schön raus. weil ich genau weiß, dass ich so vieles gar nicht allein zusammengesetzt bekommen werde. angefangen bei linux.

    ich sehe mich also bereits als alte analoge blogveteranin.

  9. Natascha

    Vielen Dank für diesen Post, bis auf den letzten Satz. Als engagierte Datenschützerin verzweifele ich – selbst Habeck will diesen nun bekanntermassen abschaffen und hat das wohl nur zurückhaltend geäußert (was hätte er denn bitte sonst gesagt???), weil er es sich mit der Bundesdatenschutzbeauftragten nicht schon vor der Wahl verderben will. Mit Baums ist einer der allerletzten liberalen FDP’ler von uns gegangen – seinerzeit waren das die Vorreiter, heute kaum noch zu glauben…Die CDU hat immer noch nicht verstanden, wie Digitalisierung funktioniert und dass das nicht nur „Wirtschaftskompetenz“ signalisiert, sondern eher Ignoranz gegenüber den wirtschaftlichen Verhältnissen (Milliardärsproblematik).
    Datenschutz will verhindern, dass einige wenige über Informationen Macht erhalten – und genau das passiert. Wer darauf verweist, bekommt ein Achselzucken und/oder Unverständnis, es wird einem Uncoolness vorgeworfen. Und immer wieder dieses „aber was soll ich denn sonst machen?“. Da würde ich mir wirklich wünschen, dass Fördermillionen des Staates dorthin gingen.
    Daher sehr herzlichen Dank für die Hinweise, vor allem den nachdenklichen Tonfall. Setzt alles aber doch oft voraus, dass man auch die Technik versteht… Kennen Sie zufällig Listen/Verzeichnisse mit Alternativen?
    Ich benutze duckduckgo und Startpage als Suchmaschine und threema/signal als soziales Netzwerk. Aber schon für youtube (gehört auch den autokratischen Milliardären) gibt’s keine echte Alternative…
    Danke jedenfalls, es tut gut, nicht alleine damit zu sein!

  10. @engl: Linux ist heute ganz zahn geworden. Eilt ja ohnehin nicht so.

    @Natascha: Vielen Dank! Auf Mastodon gab es in letzter Zeit Listen mit Alternativen, ich habe sie mir aber nicht wirklich angeschaut. Aber hier ist eine: https://european-alternatives.eu/alternatives-to (via https://graphics.social/@metin/114031499754175022, wo noch mehr Links)
    Technisch gibt es Alternativen zu Youtube, praktisch nicht, glaube ich. Ja, nutze ich auch noch für eigene Videos, das könnte ich auch mal umziehen.
    ,

  11. […] Zwar nutze ich hier auch mit WordPress ein Fastmonopolisten, aber doch immerhin selbstgehostet in Europa bei All-Inkl.com. Doch das ist aktuell einfach auch eine gute Lösung. Siehe zur Idee auch Kathrin Passigs „Fortschritte bei der Demilliardärisierung“ oder bei Herrn Rau „Stand der Demilliardärisierung 2025“. […]

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