Tafelbilder erstellen, seufz, ja, mit dem, was man so KI heißt

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Ich mag schöne Tafelbilder. Schlagwort im Blog: Tafelbilder. Im Referendariat habe ich mir zwei Sammlungen von Tafelbildern gekauft, weniger zur unmittelbaren Benutzung, eher zur Ergötzung und Anregung, so wie man Rollenspielmaterial kauft, ohne die Kampagne je zu spielen. Diese zwei Sammlungen, längst digitalisiert und auf Papier nicht mehr da, halte ich auch heute noch für eine sinnvolle Anschaffung, anders als manches andere Material aus jenen Tagen.

Ich bin aber selber nicht gut, was Tafelbilder betrifft, weder was die Kreativität und Präzision dabei betrifft noch die Disziplin bei ihrem Einsatz. Gelegentlich gibt es Mindmaps oder Personenkonstellationen, aber nur selten mache ich so etwas Schönes wie jene noch mit etwas Text ergänzt sich vorzustellende Lupe für die Sherlock-Holmes-Lektüre oder das Häufchen für The Giggler Treatment:

Noch seltener ist es wirklich elaboriert, hier Rilkes Karussell:

Ich glaube allerdings, dass – insbesondere nach und nach im Unterricht vervollständigte – Tafelbilder den Schülern und Schülerinnen beim Lernen und Erinnern hilfreich sind. Deshalb sollte ich einerseits vielleicht öfter Tafelbilder einsetzen, bin andererseits aber auch gut so zurecht gekommen wie bisher.

Nun habe ich in der Medienfundgrube den Hinweise auf den ersten KI-Dienst jenseits der Übersetzung entdeckt, der möglicherweise tatsächlich nützlich für mich ist, jedenfalls wenn ich mehr mit Tafelbildern arbeiten will. Der heißt napkin.ai, ist in der Erprobungsphase und ohne Bezahlung, aber mit Anmeldung, zumindest eingeschränkt nutzbar. Man lädt einen nichtfiktionalen oder fiktionalen Text hoch und lässt sich daraus eine Reihe von Diagrammen erstellen, die man danach noch etwas verfeinern kann. Ausprobiert habe ich das nur mit fiktionalen Texten, und da funktioniert das überraschend gut. Nicht sehr gut, das sicher nicht: Gelegentlich waren Eigennamen falsch geschrieben, manchmal ließ sich inhaltlich etwas durch ein oder zwei zusätzliche Wörter deutlich schärfen. Aber brauchbar war das.

Die erzeugten Diagramme orientieren sich alle an einem Pool von Grundmustern: Tortendiagramme, Figurenkonstellationen, eine Grube im Boden (ich weiß nicht, für welche Art Inhalt die gut ist; sie sieht schon sehr spezialisiert aus), lineare Stationen in verschiedenen Varianten – heldenreisend, kurvenreich und labyrinthen oder geradlinig dem Horizont zustrebend. Flussdiagramme gibt es auch, die tauchten bei mir in den Vorschlägen aber nicht auf.

  • Für die Übernahme an eine echte Tafel sind die Diagramme meist etwas zu umfangreich, überfordern jedenfalls meine Zeichenkünste, von der Grube mal abgesehen. Also müsste ich sie noch vereinfachen oder im Ganzen zur Verfügung stellen, als Teil einer Präsentation statt einer Entwicklung.
  • Nicht ausprobiert habe ich, ob sich nicht eine herkömmliche KI einfach prompten oder trainieren lässt, um diese Aufgaben ähnlich zu lösen.
  • Bauchgrimmen habe ich bei dem, was gerade unter KI läuft, weiterhin wegen des Diebstahls an Urhebern und Urheberinnen und der Ressourcenvergeudung, die mit jeglicher Nutzung einhergeht; dazu kommen die Verflachung von Stil und Geschmack und die Ausbeutung von Künstlern und Künstlerinnen. (Bei den Diagrammen scheint es sich aber um eine relativ kleine Zahl an vorgefertigten Grafiken zu handeln, die lediglich modular um einzelne Glieder erweitert werden. Also fast schon Algorithmus, was man früher hatte, statt Bild-KI.)

Hier Beispiele zu zwei Textausschnitten und einer Kurzgeschichte, alles ursprünglich SVG-Format; inhaltlich grob falsche Diagramme habe ich verworfen, Unsauberheiten allerdings erst einmal stehen lassen und nur an einer Stelle etwas ergänzt:

Blogeintrag vor einer Woche begonnen, jetzt beendet, seitdem nichts mehr mit dem Dienst gemacht.


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3 Antworten zu „Tafelbilder erstellen, seufz, ja, mit dem, was man so KI heißt“

  1. Weißer Zelter

    Nachdem ich gestern eine Stunde zum Höhepunkt der Novelle „Das Marmorbild“ gehalten habe, die genau die Abfolge des Verwirrspiels im Landhaus (Gartenfest) zum Gegenstand hatte, stelle ich fest, dass die KI-Darstellung (Typ Riesenschlange) schon sehr oberflächlich ist. Im Dialog mit Griechin II (Venusgestalt) kurz vor dem Ende des Festes wird deutlich, dass sie sich auf Florios Zuhörerschaft einige Tage zuvor bezieht. Damit handelt es sich bei der zuvor erfolgten Begegnung mit der abgewandten, aber unmaskierten Najade (Gesang am Brunnen, Spiel mit einer Rose), die dann rasch flieht, als sie Florio bemerkt, um Griechin I (Bianka). Erst danach kommt es zur Verführung in die dunkleren Ecken des Gartens und zur Offenbarung von Griechin II, die Florio dann mit Verweis auf Donati auch zu sich einlädt. Florios Abwesenheit erklärt dann auch die abschließende Enttäuschung der Griechin I (Bianka).
    Trotz des Grafiktyps wird mit der obigen Darstellung also kaum deutlich, dass sich Florio zwischen den beiden idealisierten Frauengestalten, dem unschuldigen Mädchen und der verführerischen Venusbild, hin und her bewegt. Wenn es aber nicht gelingt, mit der Grafik Übersicht zu vermitteln, sondern lediglich die Verwirrung Florios (zweite Grafik) bestätigt wird, wozu dann die Grafik?

  2. Hochinteressant, für mich aber zu spät.

  3. >Wenn es aber nicht gelingt, mit der Grafik Übersicht zu vermitteln, sondern lediglich die Verwirrung Florios (zweite Grafik) bestätigt wird, wozu dann die Grafik?

    Gut analysiert, stimme in allem zu. Die Grafiken reichen auf jeden Fall zum Durchbluffen, weil professionell aussehend, insofern sehe ich da eine große Zukunft. Aber man kann sich nicht darauf verlassen, dass wirklich wiedergegeben wird, was interessant an einem Text ist. Das ist bei literarischen Texten ja auch Ansichtssache, und manchmal sind es Nuancen; manchmal ist es, wie bei den zwei Griechinnen, ja tatsächlich schwierig. Mit Sachtexten habe ich das noch nicht ausprobiert, habe auch die Lust daran verloren, krame das Werkzeug aber in Zukunft vielleicht noch einmal heraus.

    (Na gut, gerade mal Rilkes Karussell ausprobiert. Inhaltlich zwischen richtig und falsch, bringt mich auf Ideen für Verbesserungen; Elemente jenseits des – schon auch symbolisch gedeuteten – Inhalts tauchen halt gar nicht auf, also alles, was mit Sprache zu tun hat.)

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