KW 12: Schreck im Theater, Software Obsidian

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Referatsthemen

In der Oberstufe Deutsch Referatsthemen verteilt, darunter: „Wikipedia – stimmt es, dass da jeder etwas reinschreiben kann?“ (Gesellschaftsform, Finanzierung, Schreibberechtigung, Prinzipien, Edit Wars, Wikipediastammtische.) Ein anderes Thema lautet: „Fediversum“, das wollte bisher noch keiner, aber vielleicht meldet sich ja noch jemand.

Das mit Wikipedia kam so, weil wieder ein Schüler das mit dem Reinschreiben behauptet hat. Und da ist ja auch etwas dran, aber so einfach ist es auch wieder nicht. Ich wollte das kurz demonstrieren, aber die IP-Adresse des offenen Müncher WLAN, das in der Schule verfügbar ist, ist für Wikipedia gesperrt: zu viele unsinnige Edits. Dazwischen und drumrum: kurzer Rant meinerseits zum demokratischen Internet.

KMS

Es bleibt ja ein Unding, dass die kultusministeriellen Schreiben mit Dienstanweisungen („KMS“) nicht zentral archiviert und auffindbar sind, auch wenn im Entlastungstracker Abbhilfe angekündigt ist. („Die KMS-Datenbank kommt zum nächsten Schuljahr. Somit erleichtern wir den Zugriff auf relevante Informationen für Schulen.“) Bis die Abhilfe kommt, kann man – habe ich zufällig entdeckt – ja den Zugang zur KMS-Datenbank kaufen, für etwa 8 Euro im Monat als Abo, herausgegeben von Leitendem Ministerialrat Pangerl, Regierungsdirektor Dr. Riedl und Leitender Ministerialrätin Schwan, jedenfalls laut diesen Informationen: https://shop.wolterskluwer-online.de/bildungswesen-schulrecht-kitarecht/08254658/

Theaterbesuch: Oh Schreck!

Am Mittwochabend war ich im Theater, Münchner Kammerspiele, Oh Schreck! Frau Rau hatte mich mitgenommen. Das war schön, schon mal weil es nur zwei Stunden waren und ohne Pause; ein Format, das mir entgegen kommt; wenn es länger dauert, dann bitte früher anfangen. Außerdem mag ich Vampire, und lustig war es auch, und interessant inszeniert.

Die Prämisse: Ein Regisseur inszeniert zu Ehren des Schauspielers Max Schreck an den Kammerspielen eine Theaterfassung des Stummfilms Nosferatu; er weiß nicht, dass die meisten Schauspieler und Schauspielerinnen dort aber echte Vampire sind (daher, Kalauer, die manchmal vorgeworfene Blutleere).

Oh Schreck! besteht zum Teil aus eben jener Inszenierung von Nosferatu als Stummfilm, oder Proben dazu, und das ist überzeugend und schön umgesetzt. Im Hintergrund gibt es dabei Text und Projektionen, die das expressionistische Bühnenbild des Ursprungsfilms zitieren.

Nach und nach gewinnt dann die Geschichte der einzelnen Schauspiel-Vampire an Bedeutung. Gezeigt wird sie auf der Bühne, aber vor allem in eingespielten Videoschnipseln mit Kurzinterviews im Stil einer Fernsehdokumentation über eine Theaterinszenierung oder eines Mockumentary. Ich habe What we do in the shadows nie gesehen, vielleicht bietet sich das auch als Vergleich an. Es sind einzelne Vampire mit unterschiedlichen Schicksalen, die einen natürlich doch immer an andere Texte erinnern. Die Rocky Horror Show und Tanz der Vampire fallen einem ebenso ein wie andere Bücher oder Filme, auf die angespielt wird.

Erinnert hat mich das auch an eine Aufführung des Anglistentheaters der Uni Augsburg, die ich Anfang Februar gesehen habe: Dracula – A Postmodern Postmortem. Auch Komödie, auch eine Neuerzählung von Bram Stokers Dracula, auch mit Wechsel der Ebenen , also dass man gerade Vampirhandlung hat und jemand Inszenierendes von außerhalb der Bühne ruft „Stop! So funktioniert das nicht!“ Das liegt vielleicht gerade in der Luft.

(In der Luft war ich auch als Student am Anglistentheater, für eine Produktion sprühten wir eine große Art Leinwand mit Farbe voll, wozu ich an einem Klettergeschirr in die Luft erhoben wurde und über der Leinwand baumelte. Schauspielern kann ich allerdings gar nicht; mehrfach festgestellt.)

Notizen-Apps: Obsidian

Ich halte das Anfertigen und Verwalten von Notizen für essenziell, ebenso wie das Verwalten von Material. Wie man das umsetzt, da will ich tatsächlich mal niemandem Vorschriften machen. Selber schreibe ich im Lauf eines Tages alles entweder in eine E-Mail an mich, also oft mehrfach, oder auf jegliches Papier, das ich finde, mit irgendeinem Stift, stecke mir den Zettel in die Hosentasche, leere am Abend meine Hosentasche und übertrage Zettelinhalt wie E-Mail in ein einziges langes Textdokument, meine eigentliche To-do-Liste. Es gibt sicher bessere Systeme.

Ob die Schüler und Schülerinnen in meinen Tabletklassen so ein System haben, weiß ich nicht. Sie arbeiten meistens mit Goodnotes, selten wohl aufgrund eigener Erfahrungen, sondern weil sie es nicht anders kennen und man ihnen halt dieses Programm vorsetzt und empfiehlt. Der Vorteil von Goodnotes ist wohl die gute Unterstützung von handschriftlichen Notizen, der Nachteil ist der, dass man sich beim Benutzen von Goodreads in einem System bewegt, das man später, in zwei, drei, fünf Jahren, nicht mehr wechseln kann. Locked in heißt das: Ohne die Goodnotes-Software kann man mit den erstellten Goodnotes-Dokumenten nicht viel anfangen, siehe auch Pages. Maik Riecken schrieb gerade etwas zu Digitaler Mappenführung als Sackgasse.

Kristina Wahl, die Frau mit dem Dromedar, hat in einem schönen neuen Blogeintrag Obsidian gepriesen als App zum Gestalten und geordneten Verwalten von Notizen; sie zeigt dort tolle Sachen, die sie damit macht. Obsidian ist proprietär und nicht quelloffen, aber wenn mir die Software in zwei, drei, fünf Jahren nicht mehr passt, kann ich dennoch einfach meine Obsidian-Dateien nehmen und in einem anderen Programm damit weitermachen, in Joplin oder etlichen der vielen Goodnotes-Alternativen. Denn Obsidian-Notizen sind in einem zwar reduzierten, aber einfachen und verbreiteten Format namens Markdown. Die Inhalte einer Markdown-Datei kann ich als Textdokument bearbeiten oder mir als Mindmap oder Präsentation darstellen lassen, ich kann sie leicht automatisiert verarbeiten. Es ist der große Vorteil von Obsidian, dass es dazu viele Möglichkeiten anbieten. Mit docx-Dateien geht das zwar im Prinzip auch, aber in der Praxis eben nicht. Wer nicht weiß, was Markdown ist, muss das zum Arbeiten auch nicht wisen, anderen hilft es zu Arbeitsabkürzungen.

Ich habe mir also mal Obsidian eingerichtet und konfiguriert, portable auf dem USB-Stick für die Schulrechner, auf dem Android, auf dem Dienstrechner und auf dem Dienst-iPad. Gearbeitet wird damit auf allen Geräten grundsätzlich erst einmal offline, wie auch jetzt gerade, wo ich an einem Bahnhof ohne Netz an einem iPad sitze; erst auf Anweisung hin (oder in fixen Intervallen und so weiter) werden die Änderungen mit einem Server synchronisiert. Dafür kann man Obsidian Geld zahlen, oder einen existierenden, meist kommerziellen Dienst nutzen; bei mir ist das ein mit Webdav erreichbares Verzeichnis auf meiner Nextcloud-Installation auf dem eigenen Server, die Daten natürlich verschlüsselt. Nextcloud war dort ja eh schon installiert, der Aufwand war damit sehr gering

Mein Unterrichtsmaterial für das laufende Schuljahr ist weiterhin in der Dienstcloud/auf dem Heimrechner und auf einem USB-Stick, das sind 30 grob geordnete Gigabyte. (Da sind Filme dabei, deshalb so viel.) Dazu kommt noch eine nicht aktuell gehaltene Kopie eines Großteils meines Schulmaterials für alle Fächer, alles außer Audio/Video, das sind noch einmal 45 GB. Das will ich alles parat haben, aber so viel möchte ich eher nicht regelmäßig synchronisieren. Oder soll ich doch? Bisher ist es deshalb jedenfalls kein Ziel für mich, alles mein Material mit Obsidian zu verwalten, dazu ist es zu viel. Aber vielleicht mal mit den Unterrichtsnotizen fürs laufende Schuljahr anfangen?

Aber ich habe angefangen, ein paar der Hosentaschenzettel und E-Mails durch Einträge in den Obsidian-Notizen zu ersetzen. Dann muss ich nur jeweils synchronisieren und ich habe auch zu Hause alles da, wo ich es erwarte.


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13 Antworten zu „KW 12: Schreck im Theater, Software Obsidian“

  1. Sabine

    Kannst du erklären, was Markdown ist? Vermutlich was nich allzu kompliziertes, aber Markdown hier Markdown da hat mich davon abgeschreckt, mir doch mal zur Entmilliardärisierung dieses Obsidian anzuschauen.

  2. Aber ja, gerne! Markdown funktioniert so ähnlich wie die zum Schreiben von Wikipedia-Artikeln verwendete Sprache. Markdown schreibt man in ganz simple Textdateien, so wie beim Windows-Editor, also die mit .txt daran; häufig haben sie die Endung .md, aber das muss natürlich nicht sein. Weil das reine Textdateien sind, kann man sie mit jedem einfachen Editor bearbeiten und mit vielen Programmen verarbeiten, man kann sie sich insbesondere als HTML-Dokument anzeigen.

    Dazu werden Abkürzungen verwendet: Wenn ich etwas kursiv haben möchte, kann ich, wenn ich einen Editor verwende, die Zeichen wie gehabt markieren und auf das Kursiv-Icon klicken, oder den Bereich manuell durch Zeichen markieren:

    *Das hier wird kursiv*
    **Das hier wird fett.**

    # Das hier wird eine Überschrift und

    ## Das eine Unter-Überschrift

    Absatz

    * Stichpunkte
    * Stichpunkte

    1. Nummerierte Liste
    2. Nummerierte Liste

    Wenn man einen Markdown-Editor benutzt, ist das also wie bei jedem Textverarbeitungsprogramm, aber ich kann den Quellcode auch einfach und alternativ manuell editieren, was häufig schneller geht, und er bleibt vor allem für Menschen und Maschinen auch als Quellcode leicht lesbar.

    Es gibt natürlich wieder einen Markdown-Kern, der von jedem markdownfähigen Programm unterstützt wird. Damit gehen einfache Auszeichnungen, Überschriften, Links, Bilder, Zitate; und verschiedene Erweiterungen, die von den meisten Programmen unterstützt werden: Fußnoten, Tabellen, Checkliste, Sub- und Super-Skript. Mit geeigneten Programmen kann ich alles Mögliche von und nach Markdown exportieren oder importieren, ein ganzes Wordpress-Blog zum Beispiel.

  3. Bleistifterin

    naja, ich höre immer Sonntags sei Backup-Tag, vielleicht geht ein ähnlicher Rhythmus auch zum Synchronisieren?

    Obsidian klingt gut, ich erinnere mich gut, wie ich als Studentin im Magister nicht -wie von den Physiker-Mitbewohnern empfohlen – auf LaTex umsteigen wollte, weil ich mit Inhalten und Word schon genug zu tun hatte und nicht noch „programmieren“ lernen wollte…
    25 Jahre später bin ich weiter, aber nutze natürlich doch noch die ganze proprietäre Software, vong Job her.
    entmilliardisierung klingt gut, vielleicht schaffe ich es Junior da gleich von Anfang an herauszuhalten…

  4. >vielleicht geht ein ähnlicher Rhythmus auch zum Synchronisieren?

    Irgendeine Routine werde ich brauchen, aber ehr täglich. Ich mache ja tagsüber Notizen auf dem Android und will die Notizen abends in Windows haben. Und wenn ich zwischendrin auf dem Dienstrechner etwas an der gleichen Notizdatei änderte, hätte ich zudem einen Konflikt zwischen den Versionen, wenn ich nicht jeweils beim Starten und Schließen von Obsidian synchronisierte, woran zu denken mir im Moment noch gelingt. Aber irgendwann muss ich da sicher die Automatisierung dazu einschalten.

    Am einfachsten wäre es außerdem, wenn ich nicht nur Google Drive oder Dropbox zum Synchronisieren nutzen könnte, sondern die Dienstcloud. Dann bräuchte ich meine private Nextcloud nicht, der ich nicht so viel Effizienz zutraue wie spezialisierten Anbietern, und könnte das mit dem automatisierten Synchronisieren beruhigter nutzen.

  5. Aginor

    Ich benutze Obsidian auch, gerade migriere ich für meine D&D Kampagnenplanung von Papier und einfachen Notiz-Apps zu Obsidian.
    Für die alte Kampagne ist mir der Migrationsaufwand zu hoch, da lasse ich es beim Papier, aber für die Planung meiner (drittklassigen) Warhammer-Fanfiction verwende ich Obsidian z.B. auch.

    Es funktioniert wirklich gut, und Clients gibt es für alle Betriebssysteme, und eine MENGE coole Plugins die einem das Leben vereinfachen.
    Da muss man aber aufpassen dass die auch auf allen Plattformen laufen.

    Ich komme tatsächlich von unterwegs aus nicht an mein Vault, das habe ich zuhause auf meinem NAS.
    Theoretisch könnte ich da über ein selbstgestricktes VPN oder so hinverbinden, aber sooo viele Notizen mache ich mir dann doch nicht unterwegs, das klappt dann schon wenn ich mit einer lokalen Kopie meines Vaults und/oder einer gewöhnlichen Notiz-App arbeite, und das dann zuhause synchronisiere.

    Tipp übrigens: Frühzeitig angewöhnen wie Templates funktionieren. Das spart SO viel Arbeit.

    Gruß
    Aginor

  6. Sabine

    > Aber ja, gerne!

    Dankeschön! Jetzt habe ich es verstanden, ich habe schon vermutet, dass mir das im Grunde vertraut ist. Ich diskutiere die Obsidian-Frage gerade mit dem informatischen Tochterfreund. Alles noch offen.

  7. Wieder was dazu gelernt. Gefällt mir noch besser als Joplin das Obsidian. Ich merke, der Webclipper bietet endlich eine Funktionalität, die ich bei anderen lange gesucht hatte und nicht fand (OneNote, Joplin oder SnologyNote). Jetzt muss ich dem Hinweis von Aginor wegen der Templates nachgehen. Herr Rau, Sie haben da was in Gang gesetzt!

  8. […] Ich spiele die letzten Wochen mit Obsidian herum, und es freut mich, dass es Herrn Rau auch so geht. KW 12: Schreck im Theater, Obsidian […]

  9. Tausend Dank für das WP-Referatsthema! Vielleicht kannst du dann ein wenig berichten, was dabei herauskam?

    LG
    Poupou

  10. @Huflaikhan Freut mich! Den Webclipper habe ich jetzt auch mal ausprobiert. Ich weiß nicht, ob ich noch umlernen kann, aber an sich gefallen mir die Obsidian-Werkzeuge auch sehr gut. Aginors Template-Tipp werde ich beherzigen.

    @Poupou Ich werde berichten, aber es gibt noch keinen Termin (aber jemanden zum Referieren). Ich hoffe sehr auf Fehlvorstellungen und Interesse beim Publikum.

  11. […] schreibe ich meine Präsentation in Markdown, und zwar aktuell in der Obsidian-Umgebung (Blogeintrag). Das sieht dann so aus wie in diesem Beispiel für eine mögliche, wenn auch nicht sonderlich […]

  12. Elisa

    Lieber Herr Rau, wie gehen Sie mit dem Thema Wikipedia als Rechercheinstrument im Unterricht um? Ich bin ebenfalls Lehrerin und da ich Wikipedia sowohl für private als auch berufliche Themen viel nutze, empfehle ich es auch als erste Station für das Recherchieren. Aber da scheine ich eine Ausnahme zu sein, denn ich höre regelmäßig: Aber die anderen Lehrer:innen verbieten uns W. zu nutzen mit dem bekannten, oben genannten Grund, jede:r könne usw.
    Gibt es andere Seiten, die sie Schüler:innen als Anlaufstelle für die Informationssuche empfehlen?
    Schöne Grüße aus Berlin!

  13. >Gibt es andere Seiten, die sie Schüler:innen als Anlaufstelle für die Informationssuche empfehlen?

    Eigentlich nicht. In der Oberstufe haben die SuS Zugang zurr Bayerischen Staatsbibliothek, da verlange ich meist einen – beliebigen, kurzen – wissenschaftlichen Aufsatz als zusätzliche Quelle für Referate.

    Ansonsten empfehle ich immer Wikipedia als erste Anlaufstelle, um einen Überblick zu erhalten zu Werken, Referatsthemen, Epochen. Aber ich höre auch gelegentlich, dass manche Lehrkräfte das den SuS anders erklären, oder das anders bei den SuS ankommt. Denn ich ergänze auch immer, dass Wikipedia in der Regel keine zitierwürdige Quelle ist, wie es ein Konversationslexikon ja auch nicht war, sondern dass sie möglichst den Links bei Wikipedia folgen sollen. Vielleicht ist das schon zu viel Differenzierung für manche.

    Vielleicht braucht es auch eine Wikipedia-Fortbildung für Lehrkräfte.

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