Ich war eine Woche mit Frau Rau in Wien. Darüber steht anderswo bereits etwas, deshalb fasse ich mich hier ganz kurz. Untergekommen waren wir im 15. Bezirk und spazierten regelmäßig ins Stadzentrum, was jeweils vielleicht eine gute Dreiviertelstunde dauerte.
Ich bekam Österreichisches: Punschkrapfen, eine Bosna, eine Schaumrolle (meine erste, und ich kenne sie aus irgendeinem fiktionalen Text, aber welchem?), eine Esterházy-Schnitte, einen koreanischen Corn Dog, verschiedene Tofu-Gerichte aus der Manufaktur am Karmelitermarkt und dem Restaurant dazu, ein Beuschel mit Serviettenknödeln, frittierte Alpen-Calamari (das waren Kuttelstreifen, zubereitet, wie man es von Tintenfischringen kennt).
Im Supermarkt entdeckte ich den sagenumwobenen Uhudler (siehe Blogeintrag zu Direktträger-Reben):

Er schmeckte nicht schlecht und so interessant (aber auch nicht so radikal anders wie manche Natural Wines), dass ich gleich mal eine Auswahl an gehobenerem Uhudler bestellte.
Ich erfreute mich an der Sprache in Österreich, im Wortschatz so viel weniger euphemistisch als das Deutsche: Sackerl statt Tüte, Gasse statt Straße, Putzerei statt Reinigung. Und dabei doch höflich, in den Straßenbahnen stand noch „Bitte sich festzuhalten“ (in den U-Bahnen aber schon das knappere, rabiatere „bitte festhalten“).
Wien war eine wirklich sehr, sehr schöne Stadt. Das Wetter war hochsommerlich,das hilft natürlich immer. Es war sauber, nicht zu voll und eng, Straßen- und U-Bahn waren einfach und zuverlässig, eine Wochenkarte kostete knapp 20 Euro. Es gab Museen und Kirchen und Cafés und Gaststätten und sehr viele Parks. Einige davon waren anscheinend vor gar nicht langer Zeit dem Autoverkehr abgetrotzt worden, außerdem gab es viele Parklets – so heißt das, lernte ich, und las es bei Wikipedia nach, wenn Parkplätze temporär oder halbdauerhaft mit Brettern belegt und zu einem Minipark oder auch Schanipark umgewandelt werden. Es gab viele Trinkwasserbrunnen und – allerdings lokal nicht unumstritten – immer wieder eine Art Nebelduschen, die tröpfenweise Wasser auf den Gehweg pusteten. Es ist fast so, als bemühte man sich, die Stadt lebenswert zu machen, Schatten und Feuchtigkeit anzubieten; München wurde mir da fast etwas peinlich.
(Allerdings hat an der Theresienwiese hier in München eine große Kinderspielanlage eröffnet, und für die Erwachsenen eine Erwachsenenspielanlage zum Trainieren, mit fest montiertem Stück Slackline. Immerhin etwas. Nicht dass ich das in Wien nicht auch gesehen hätte.)
Wenn nur 1 Museum
Das Wien Museum. Es kostet keinen Eintritt, hat oben ein Café mit Terrasse, und ansonsten drei Stockwerke: eines für die Wiener Geschichte vor 1700, eines für 1700 bis 1900, und eines für 1900 bis heute. Wir haben an einem Tag nach zwei Stockwerken aufgehört und sind am Tag darauf für das letzte Stockwerk noch einmal wiedergekommen.
Das Museum ist hervorragend. Es gibt Anknüpfungspunkte zu Geologie, zu eruopäischer und österreichischer Geschichte, zum Nationalsozialismus, zu Mode, Kunst und Kultur, Literatur und Architektur, Politik und Feminismus und Kolonialismus, Innenausstattung und frühneuzeitlicher Kriegsführung. Dabei ist es keine vollgestellte Rumpelkammer, no offense, sondern man wird behutsam geführt, rutscht ähnlich unbemerkt in den Ersten Weltkrieg wie die halbe Welt damals. Alles wird unter verschiedenen Aspekten präsentiert, Fragen der Museumsgestaltung (wie wählt man aus, wie präsentiert man) werden angesprochen und Fragen der Geschichtsschreibung (großer Raum zur zweiten Türkenbelagerung Wiens, mit zeitgenössischem Material, mit einer Geschichte der Präsentation der Ausstellungen zur Türkenbelagerung, und was man alles nicht weiß und was man früher geglaubt hat und wie das kam und warum das aber eigentlich wohl nicht stimmt). Auch zur Gegenwart gibt es viel und tatsächlich Aktuelles, da vor allem Stadtplanung und Mobilität.

Nachtrag: Hier sieht man, wie die Objekte auch im Web aufbereitet sind: https://guide.wienmuseum.at/objekt/209
Wenn noch ein zweites Museum: Das Jüdische Museum, Dorotheergasse (und danach in die Mittelalter-Zweigstelle am Judenplatz).
Wenn nur 1 Restaurant
Das Rosebar Centrala. Auf der Webseite gibt es keine Karte, dazu muss man zu Instagram, etwa hierhin: https://www.instagram.com/rosebar.centrala/p/DN54tp5DPCj/?img_index=18 – leider kann ich nicht direkt auf Bild Nummer 18 verlinken, das ein Maispüree mit roter Paprika und Sonnenblumenkernen darstellt. Hier ist es von Frau Rau fotografiert (dahinter eine köstliche Tomate mit Sardellenfilet darüber und viel Butter):

Das waren frische, teilweise gehackte? Maiskörner mit Sonnenblumenkernen darin, in einer Soße aus Paprika und – ja, Butter? Es klingt so schlicht und war so überrraschend lecker.
Das Gericht erinnerte mich an ein Bild aus meinem liebsten Kochbuch, aus dem ich viel über die Welt gelernt habe:

1982, das ist lang her, und wenn ich heute nach Humita stöbere, finde ich neben dem verbreiteteren humita en chala (in Maisblättern, also ähnlich wie tamales, wenn auch eben aus anderem Teig) auch humita a la olla (im Topf) – in verschiedenen Varianten, aber durchaus auch so, wie in diesem alten Kochbuch beschrieben. Wird bald nachgekocht, mit den Sonnenblumenkernen.
Wenn noch Zeit für ein zweites Essen ist: Liwei’s Kitchen unweit des Karmelitermarkts. K lein, fast ein Imbiss, aber sehr leckere Tofu-Gerichte.
Man wird noch einmal nach Wien fahren müssen.
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