Sommerferien: Aus den Schulblogs (KI und Arbeitszeiterfassung)

(7 Kommentare.)

Ich habe in Blogs zu drei Themen gelesen, jeweils kommentiert, und möchte meine Kommentare hier noch ergänzen, auch wenn kein ganz runder Blogeintrag dabei herauskommt.

Digidaktik, Datadaktik

https://digilog.blog/2025/08/22/bildung-neu-denken-in-zeiten-von-ki/

Niels Winkelmann steigt ein mit: „Jede Lehrkraft, die Chatbots wie ChatGPT nutzt, spürt sofort, dass traditioneller Unterricht keinen Bestand haben wird,“ und ich muss sagen: Vielleicht nutze ich solche Chatbots zu wenig, oder ich bin keine richtige Lehrkraft, aber ich spüre das nicht. Manche Leute spüren das aber ohnehin ständig. Ganz einer Meinung bin ich mit Niels, wenn er mit Beat Doebeli Honegger davor warnt, dass individualisierende generative KI im Unterricht nicht dazu führen darf, dass halt jetzt jeder Schüler, jede Schülerin individuell gestaltete Arbeits- und Aufgabenblätter kriegt. Tatsächlich sind meine Fächer, glaube ich, auch gar nicht so aufgaben-, sondern eher textbasiert.

Mein Problem: Wenn jemand seine Gedanken mit einem ganz furchtbaren KI-Bild illustriert, dann interessieren mich diese Gedanken schon mal nicht mehr so sehr. „Weise am Weisen ist die Haltung“ lässt Brecht den Herrn K. sagen, das gilt auch für Illustrationen.

Unterrichtsplanung mit KI

https://bobblume.de/2025/08/16/unterricht-mega-prompt-fuer-lehrkraefte-unterrichtseinheiten-mit-ki-planen/

Überhaupt, die generative KI. Herumspielen mit generativer KI und schauen, was geht: Bin ich dafür. Produktiver Einsatz von generativer KI, ohne dass das Ziel Gewinn von Erkenntnis über solche KI ist: Halte ich für des Teufels. Na gut, sich Fragen beantworten lassen geht. Sonst ist das wie Rauchen, Fliegen, Fleischessen, Autofahren, Kreuzfahrten: Manchmal kann man nicht anders, manchmal geht es nicht anders, manchmal will man einfach nicht anders, das ist alles menschlich, aber man sollte sich immer ein wenig dafür schämen. Ich weiß schon, die anderen machen es doch auch, und es ist manchmal wirklich nützlich.

Konkret macht Bob Blume in seinem Blogeintrag Vorschläge, wie man generative KI dazu nutzen kann, um sich eine Unterrichtssequenz zu erstellen. Das ist nun nichts, was ich machen werde. Ich kaufe oder lese ja nicht einmal händisch erstellte derartige Unterrichtssequenzen oder Begleithefte zu einer Lektüre. Auch aus Snobismus, und weil ich mir das mit meiner Erfahrung und von meinem Zeitmanagement leisten kann, Außerdem halte ich diese Planung für den intellektuell anspruchsvollsten Aspekt an meinem Beruf, und den möchte ich mir nicht nehmen lassen. Der macht mir Spaß. (Der wichtigste Aspekt ist das Handwerk, das Classroom Management, also: wie nutze ich die Zeit in der Schule effektiv, wie schaffe ich Lernumgebung für alle.)

Gerne: Mit weniger Erfahrung ist das anders, da braucht man Material. Ich habe auch zwei Lektürehefte gekauft, eins zu Faust und eins zu Effi Briest, vor zwanzig Jahren. Es ist auch Faulheit und Snobismus, die mich seitdem hat ohne auskommen lassen. Zu meinem Selbstverständnis als Lehrer gehört dazu, dass ich mir Anregungen hole, aber kein fertiges Material außer dem Schulbuch verwende. So ein Material spielt doch ohnehin nur bei Lektüren eine Rolle, oder? Dennoch bleibt die Frage: Wird der Unterricht schlechter, wenn man die Planung von jemand anderem benutzt (und anpasst, klar), egal ob diee Planung von einer generativen KI oder von einem Verlag erstellt wird? Das heißt eigentlich:

  1. Wird mein Unterricht besser, wenn ich die Planung von jemand anderem übernehme?
  2. Wird der Untericht von anderen Lehrkräften besser, wenn sie weniger mit fertigem Material arbeiten?
  3. Erfordern die Arbeitsbedingungen, also etwa die zur Verfügung stehende Zeit für Vorbereitung, mit fertigem Material zu arbeiten?
  4. Wird Schule für die Gesellschaft besser, wenn mehr Lehrkräfte mit fertigem Material arbeiten? Also: Effektiver, oder auch nur billiger?

Ich scheue mich davor, diese Fragen zu beantworten. Die vorläufigen Antworten sind: vielleicht, weiß nicht, vielleicht, vielleicht. – Was mir bei Informatik hilft; Fortbildungen zu neuen Themen. Zu Deutsch kriege ich sie nicht mit, oder es gibt keine, dabei wäre mir eine Fortbildung, ein Symposium, etwa zu Jenny Erpenbecks Heimsuchung – drei Jahre lang Thema für die Abiturvorbereitung – lieber als eine Bildungsverlags-Handreichung dazu.

Arbeitszeiterfassung

https://halbtagsblog.de/2025/08/27/zu-viel-arbeit-um-zufrieden-zu-sein/

Jan-Martin Klinge erwähnt in seinem Blogeintrag eigentlich nur am Rande die Arbeitszeiterfassung auch für Lehrkräfte, die immer mal wieder vom einen oder anderen Gericht gefordert und ansonsten ignoriert wird. Auch bei den Lehrern und Lehrerinnen sind die meisten eher dagegen. Ich glaube, das liegt auch daran, dass die meisten kein Deutsch unterrichten.

Es gibt geliebte und ungeliebte Arbeit, Pflicht und Kür. Käme die Arbeitszeiterfassung, würde sich herausstellen, dass in manchen Fächern mehr gearbeitet wird als in anderen. „Augen auf bei der Fächerwahl“, sagte mal ein mir bekannter stellvertretender Schulleiter einschlägigen Faches. Die Reaktion darauf wäre wahrscheinlich zweierlei: Manche Lehrkräfte müssten mehr, andere weniger arbeiten.

Mehr arbeiten, hieße entweder pro Woche eine Stunde mehr Unterricht halten zu müssen (Pflicht) oder als Äquivalent zwei Stunden mehr Fortbildung pro Woche machen zu müssen (Kür?) oder zwei Stunden pro Woche besseren Unterricht vorzubereiten (Kür?) oder zwei Stunden pro Woche sorgfältiger Prüfungen alphabetisch sortieren (stellvertretend für „dann mache ich halt alles wie bisher, nur langsamer“).

Weniger arbeiten, hieße demnach eine Stunde weniger pro Woche zu unterrichten, oder zwei Stunden weniger für die Vorbereitung zu verwenden, oder halt nicht auf Fortbildungen zu gehen.

Alternativ könnte man die vielen nicht-unterrichtlichen Arbeiten anders verteilen: Pausenaufsichten, Vertretungsstunden.

(Unfertig veröffentlicht, weil Sommerferien.)


Beitrag veröffentlicht am

in

Kommentare: 7

Schlagwörter:

Kommentare

7 Antworten zu „Sommerferien: Aus den Schulblogs (KI und Arbeitszeiterfassung)“

  1. Ich habe KI ja ein paarmal zur Projektplanung genutzt. Es war spannend: Das Ergebnis bedurft wenig Überarbeitung, sah plausibel aus, und hat dann in der Praxis gar nicht funktioniert. Die Projekte liefen super, aber schon nach kurzer Zeit wurde jeder KI-Projektplan eisern ignoriert, weil er dann doch zu generisch war.

  2. Lempel

    Von der Stiftung Klassik gibt es demnächst eine Fortbildung zu Erpenbecks „Heimsuchung“ https://www.klassik-stiftung.de/bildung/weiterbildung/ossmannstedter-studientage/#c27068
    Auch 2024 hat dort schon mal eine Veranstaltung zum Thema stattgefunden.

  3. >weil er dann doch zu generisch war.
    Mir kommt das ja immer sehr horoskopmäßig vor: Klingt einleuchtend und sinnvoll, ist aber dann doch so allgemein, dass es immer passt.

    Ja, Lempell, so etwas würde ich besuchen! Austausch, auch was akademische Forschung dazu sagt, Ideensammlung, genau das. Aber halt nicht in Weimar, sondern näher zuhause. (Gibt es sicher auch, ist mir aber nie passend untergekommen.)

  4. Sabine

    Ich stehe dem ganzen KI-Zeug und diesen superduper Prompts ja trotz eingehender Beschäftigung sehr ablehnend gegenüber, obwohl in 5-10% der Fälle, wo ich es ausprobiere, eigentlich was ganz passables dabei rauskommt. Mir geht es ähnlich wie dir: Unterricht vorbereiten und verbessern macht großen Spaß, insbesondere weil ich mich auf eine breite Palette an Handwerkszeug zur Umsetzung mit der Klasse verlassen kann. Warum soll ich ein wenig vertrauenswürdiges Tool damit beauftragen? Aber dahinter stecken halt auch 25+ Jahre Erfahrung und Reflexion.

    Da ich aber in der Lehrerausbildung tätig, brennt mir das Thema unter den Nägeln, denn die neuen Lehrkräfte finden sich natürlich in einem Spannungsfeld zwischen lauter verlockenden Angeboten (hier superduper Prompts, da blinkende Apps, alles bestätigt einen in der eigenen Großartigkeit) und großem Druck von Zeit und Erwartung. Vielleicht entwerfe ich mal eine Fachsitzung zu der Thematik.

    Ich habe mir letztens erst ein Lektüreheftchen gekauft zu einer Lektüre, die ich lesen wollte und fand das ganz interessant. Grundsätzlich probiere ich gerne mal die Unterrichtsentwürfe anderer Leute aus, weil die ja anders denken als ich und andere Ideen haben. Da habe ich schon viel gelernt, auch in der für mich unkonventionellen Anwendung von Methoden. Sehr überrascht bin ich aber von der Kleinschrittigkeit, mit der Stunden in Lektüreheftchen durchgeplant werden. Um das zu lesen, braucht man länger, als um die Stunde selbst zu halten UND zu planen.

    Aber gutes Material – Arbeitsblätter, Bilder für Präsentationen, Kopiervorlagen – war schon drin in dem Heftchen, das ich gerne übernommen habe. Bei einigen Kopiervorlagen habe ich vermerkt, dass ich sie anpassen müsste, um komplett damit zufrieden zu sein, aber der Gewinn war für mich, dass ich wenigstens bei der Materialerstellung Zeit gespart habe und gleich in die Reflexionsphase gehen konnte – und dass ich neue Ideen kennengelernt habe.

    Ein gutes Angebot erprobter und von erfahrenen Lehrkräften entworfener Materialien mit Anwendungshinweisen (bitte nicht einer fünfseitigen kleinschrittigen Anleitung) finde ich schon fein, aber damit ist weder eine Unterrichtsstunde geplant noch gehalten. Dieses Handwerkszeug wird man, da bin ich sicher, immer selbst lernen müssen.

    Ich hab mir ja gerade eine David Hockney-Ausstellung angeschaut, ein Künstler, dem wirklich niemand Technikfeindlichkeit vorwerfen kann. Egal welche Technik er anwendet, er geht an diese halt schon als handwerklich fantastischer Zeichner/Maler mit einer tiefen Kenntnis von Kunstgeschichte und -theorie und einer lebendigen und klaren künstlerischen Intention heran und – und das ist wichtig – hat etwas zu sagen. Ich wollte gern wissen, was er so von KI hält – und siehe da, 2023 hat er etwas für das Glastonbury Festival mit KI gemacht, Titel „I LIVED IN BOHEMIA BOHEMIA IS A TOLERANT PLACE“. Seither findet sich nichts, obwohl er unermüdlich weiterarbeitet und -experimentiert. Das mag am schlechten Google oder meinem schlechten Google-Fu liegen, aber ich vermute eher, dass der alte Bohemien endlich mal auf eine Technik gestoßen ist, die er schlicht und einfach **langweilig** findet und der er nichts künstlerisch Interessantes abgewinnen kann.

  5. Lempel

    Aus Bayern kenne ich leider auch nichts Vergleichbares. Auf der Seite der Klassikstiftung, die ich verlinkt habe, gibt es ein aber auch ein aufgezeichnetes Video zu einem Online-Seminar zur „Heimsuchung“.

  6. Danke, Lempel! Und vielen Dank, Sabine, für die ausführlichen Anmerkungen. Stimmt schon. Bei mir ist es viel Trägheit, die mich davon abhält, es würde mir wahrscheinlich doch auch gut tun, mich mehr mit – von Menschen gemachten – Anregungen zu beschäftigen. Sicher ein Thema für die Ausbildung.

  7. […] Herr Rau spricht von sei­nem Selbst­ver­ständ­nis als Leh­rer, wenn er die­sen „intel­lek­tu­ell anspruchs­volls­ten Aspekt“ an unse­rem Beruf nicht an eine KI aus­la­gern mag und wirft damit über die rein tech­ni­schen und öko­no­mi­schen Fra­gen auch die des Berufs­ethos auf, die für den Wert des Leh­rer­be­rufs in der Gesell­schaft nicht min­der bedeut­sam sein dürfte. […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert