In Physik, Mathematik oder Informatik trifft man immer wieder mal auf besonders schön gesetzte Hausarbeiten, Zulassungsarbeiten oder auch Fachartikel. In diesen Bereichen spielt Typographie eine besondere Rolle, da die verwendeten mathematischen Formeln besondere Ansprüche an den Satz stellen.
Meist sind diese Dokumente in der Sprache LaTeX geschrieben. LaTeX basiert auf der eigentlichen Typographie-Sprache TeX. Und mit TeX beziehungsweise LaTeX kann man so ziemlich alles gestalten. Artikel, Bücher, Präsentationen, mathematische Formeln, Inhaltsverzeichnisse, Feynman-Diagramme, Stellungen einer Schachpartie – für so ziemlich alles gibt es vorbereitete Pakete.
Ich war immer neidisch auf diese schönen Seiten. Da LaTeX aber eine Menge Einarbeitungszeit erfordert, habe ich nie die Zeit und Energie investiert, mich damit zu beschäftigen. Aber immerhin habe ich in den letzten Tagen ein bisschen mit LyX gearbeitet.
Im Vergleich zu LaTeX-Entwicklungsumgebungen sieht LyX eher aus wie ein herkömmliches Textverarbeitungsprogramm. Seine WYSIWYG-Darstellungsweise (What You See Is What You Get) ist aber vergleichsweise rudimentär; man sieht nur ungefähr, wie das fertig gestaltete Dokument dann aussehen wird. Das ist ein Feature von LyX und nennt sich WYSIWYM (What You See Is What You Mean): Man kommt gar nicht auf die Idee, das so zu formatieren, wie es am Schluss aussehen soll, sondern durch logische Markierung als Überschrift oder Haupttext oder Liste. Um das genaue Aussehen kümmert sich LyX dann selber.
Die gute Nachricht: LyX macht es leicht, Dokumente zu erstellen und als pdf zu exportieren, und die Dokumente sehen danach genau so gut aus, wie man das von LaTeX gewöhnt ist. Im Prinzip funktioniert das wie beim Arbeiten mit MS Word oder Libre/Open Office: Man tippt seinen Text und weist bestimmten Absätzen Formatvorlagen zu. Und das war’s, nur dass das Ergebnis deutlich besser aussieht. (Außerdem lassen sich leicht mathematische Formeln setzen, aber damit habe ich weniger zu tun. Für Libre Office gibt es übrigens das Plugin texmaths, um Formeln in LaTeX-Syntax zu schreiben.)
Die schlechte Nachricht: Das Arbeiten bleibt so lange einfach, wie man mit den vorgegebenen Formatvorlagen zufrieden ist. Will man neue erstellen, muss man LaTeX können; will man vorhandene erweitern, erst recht. Einen Artikel mit Titel, Zwischenüberschriften, Inhaltsverzeichnis, Bibliographie zu schreiben, das geht leicht. Aber schon Zeilennummern erfordern Aufwand, und es hat lange gedauert, bis ich eine Vorlage gefunden habe, die Zeilennummern für Gedichte so ermöglicht, wie ich sie mir vorstelle.
Wer’s anschauen möchte: Hier ist eine kleine Einführung in Processing, mit LyX geschrieben. (Blogeintrag zu Processing.)
Ich hoffe, dass wir LyX bei uns im Computerraum installieren können. Schüler könnten damit schöne Handouts für Referate erstellen: Man kann in LyX gar nicht zweimal oder noch öfter hintereinander die Leertaste drücken (um eine Überschrift zu zentrieren), und man kann gar keine Leerzeilen schreiben, um Abstände zwischen Absätzen zu erzeugen. Das läuft alles nur über Formatvorlagen. Davon gibt es nur wenige, und demnach sehen alle Blätter gleich aus – aber halt erst einmal gut.
Richtig nützlich ist LaTeX neben der Bearbeitung von Formeln vor allem bei großen Dokumenten. Die schreibt man als Lehrer aber selten; meistens ist es sogar von zentraler Bedeutung, dass der Text auf genau eine Seite passt, weil ja doch ausgedruckt und kopiert wird. Auch dafür eignet sich LyX nur begrenzt. Außerhalb der Schule ist das nicht so wichtig.
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