Einladung zur Blogparade: Mit digitalen Medien besser lernen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? http://t.co/dRFg5uhxoB
— Christian Ebel (@christian_ebel) 18. Mai 2015
1. Der Lernbegriff
Ich lerne täglich, stündlich. Am meisten vermutlich lerne ich Verhalten. Zum Abendessen den Fernseher einschalten (ein digitales Medium, selbstverständlich), in den Werbepausen den Ton abdrehen; nachmittags erst mal auf Zeitungswebseiten schauen statt zu arbeiten. Wenn mein Tablet klingelt, was es sehr selten tut, weil ich nicht gerne telefoniere, weiß ich inzwischen, wie ich abnehme und dass ich nicht zu erschrecken brauche. Und das Tablet hat mich auch dressiert, so dass ich es regelmäßig mit Strom versorge – alles erlerntes digitales Verhalten. Ich nehme an, es geht um eine eingeschränkte Sicht auf Lernen, nämlich bewusst und planvoll zumeist kognitives Wissen erwerben. Also gut, beschränken wir uns auf diese Vorstellung von Lernen.
2. Was ich gelernt habe in den letzten Jahren
Also bewusst, absichtsvoll gelernt. Machen wir eine Liste, lose chronologisch:
- Alles, was zu einem Informatik-Studium gehört, auch wenn das gut zehn Jahre her ist.
- Die Geschichte des Gilgamesch-Epos.
- Ukulele-Spielen.
- Programmieren in Java, Python und Inform 7.
- Zwiefachen tanzen.
- Noch mal und noch mehr Informatik, um Teile eines Staatsexamens-Vorbereitungskurses zu geben.
- Musiktheorie, um meinem Freund Alexander Bluespiano beibringen zu können.
- Mundharmonika-Spielen. Zumindest ein bisschen Auffrischung.
- Kochen. Das konnte ich vorher schon, aber ich habe neue Rezepte und Methoden und Abkürzungen gelernt. Mayonnaise und Hollandaise mit dem Pürierstab, zum Beispiel.
- Allgemeine Didaktik und Fachdidaktik Informatik, um eine Vorlesung dazu halten zu können.
Das waren Dinge, die ich lernen wollte. Um diese Ziele zu erreichen, musste ich andere Dinge lernen, quasi Werkzeuggebrauch, insbesondere den Umgang mit einer großen Zahl an Software (zum Beispiel Tonsatzprogramme, Entwicklungsumgebungen, Konverter). Und außerdem habe ich andere Dinge gelernt, über mich, über andere, die eher in die Persönlichkeitsentwicklung gehören.
3. Wie ich diese Dinge gelernt habe
Grob nach Wichtigkeite der verwendeten Medien sortiert:
- Bücher: Mundharmonika, Ukulele, Gilgamesch. Programmierung. Informatik. Noch mehr Informatik. Kochen. Informatik-Didaktik.
- Videos im Web: Mundharmonika, Ukulele, Kochen, Musiktheorie. Zwiefachen tanzen.
- Gespräche mit Menschen oder Besuch von Vorlesungen: Informatik-Studium, Zweifachen, Musiktheorie.
- Feste Kurse oder Programme am Computer: Informatik-Studium. Informatik-Staatsexamens-Vorbereitungskurs.
- Texte im Web: Programmierung, Kochen. Informatik-Didaktik.
- Eigenes Tun, digital oder nicht: Kochen, Ukulele, Mundharmonika, Programmieren. Zwiefachen tanzen.
Zusammengefasst: Bücher und selbstgesuchtes Material im Web sind meine bevorzugten Medien. Digitale Hilfsmittel sind in allen Gebieten dabei und in den meisten auch nicht wegzudenken. Mir fällt im Moment nichts ein, das ich ganz ohne digitale Medien besser lernen würde.
Am wichtigsten war jeweils das Selber-Tun. Lernen ist etwas anderes als bloß zu recherchieren: Schülerinnen können wunderbar Material zu einem Referat recherchieren, wenn sie es lediglich neuschön formatiert zusammenstellen und vortragen, ist dabei nicht viel gelernt. Zum Selber-Tun gehört das Aufgabensuchen und -lösen, das Exzerpieren und Notieren. (Mit digitalen Hilfsmitteln.)
Auslöser für den Wunsch, etwas zu lernen, waren bei mir übrigens Gespräche mit anderen Menschen oder die Lektüre von Büchern und, ich glaube seltener, Texte im Web.
In der ursprünglichen Frage von Christin Ebel geht es, so scheint es mir, eher um die Schule, eher ums Lehren als ums Lernen. Also stellen wir die Ausgangsfrage anders:
4. Mit digitalen Medien besser lehren?
1. Macht es Sinn, Schülern den Umgang mit digitalen Medien zu lehren, damit sie, wenn sie selber zum Beispiel das Ukulelespiel lernen wollen, auf die Idee kommen, Tutorien zu suchen, und in der Lage sind, die besten zu finden?
Wenn man etwas lernen will, Ukulele etwa, kommt man dann nicht selber auf die Idee, sich das mit dem Web beizubringen? Augenscheinlich nicht, wie ich bei etlichen Menschen, jung und alt, beobachte. Zu viel Angst und Misstrauen bezüglich der Technik, zu wenig Kompetenz im Benutzen.
In der Schule ist allerdings das Problem, das Schülerinnen und Schüler oft nicht das lernen wollen, was sie gerade lernen sollen.
2. Macht es Sinn, digitale Medien als Mittel in der Lehre zu nutzen?
Klar. Am schönsten wäre es, wenn Schüler so selbstverständlich digitale Medien zum Arbeiten und Kommunizieren nutzen würden wie ich. Dazu müssten sie so gerne (an den vorgegebenen Inhalten) arbeiten und kommunizieren wie ich, und das kann keiner von Schülerinnen verlangen. Genutzt habe ich schon alles mögliche, aber es ist mühsam. Wenn Schüler und Schülerinnen in unserem Unterricht so passiv mit digitalen Medien umgehen wie mit analogen – dem Schulbuch etwa – dann ist der Gewinn nicht groß.
(Weiterschreiben wegen Pfingstferien abgebrochen.)
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