Paris (AFP) – Wegen Lehrer-Beleidigungen in ihren Internet-Tagebüchern („Blogs“) sind mehrere französische Schüler von ihren Schulen geflogen. […] In kürzester Zeit entwickelte es sich bei den Schülern zur Mode, neben Reiseerlebnissen und Privatfotos auch abfällige Bemerkungen über ihre Lehrer ins Internet zu stellen. Zu den Einträgen, die mit Schulverweisen geahndet wurden, gehörten „Angsthase“ und „glückliche Idiotin“.
(Mehr bei Yahoo Nachrichten.)
Da habe ich schon Schlimmeres gelesen. Es scheint mir eine wichtige und sinnvolle Aufgabe, Schülern beizubringen, wie man miteinander umgeht, auch und gerade in Blogs. Ich halte meine Schüler ja auch zum Bloggen an. Im Leistungskurs ging das eine Zeit lang gut, danach verloren die Schüler das Interesse. Während viele Lehrer einen Hang zum Exhibitionismus haben, drängt es die meisten Schüler keineswegs in die Öffentlichkeit oder in den Dialog. Aber Beleidigungen kamen da keine.
Anders bei dem Umgangston in unmoderierten Oberstufen-Foren mit der Möglichkeit anonymer Postings, das habe ich mal in einer Kollegstufe erlebt. Da wurden weniger die Lehrer beleidigt als die Mitschüler. Das aber auf unterster Ebene. So richtig unten. So gaaaanz unten. Dagegen ist Bücher verbrennen wirklich harmlos. Wenn man das so liest, weiß man, dass etwas falsch gelaufen sein muss am Gymnasium. (Vielleicht verlangt man da auch Unmögliches.)
Es gab aber auch ein Referendarforum (und zwar nicht http://www.referendar.de/), das ebenfalls anonyme Beiträge unmoderiert zuließ. Die waren nur wenig besser.
Ich bin aber auch gerade dabei, meine Mittelstufenschüler auf einer Klassen-Seite zum Bloggen zu bringen. Auch diese Schüler haben zum Großteil kein Bedürfnis nach Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit. Wenn es Schreibanlässe gibt, kommen allerdings interessante Beiträge zusammen; sobald ich die Erlaubnis einiger Schüler eingeholt habe, werde ich hier ein paar Auszüge posten. Die Motivation und die Bereitschaft zum Erlernen der Technik ist bei diesen Schülern größer als bei den älteren; vermutlich eine Generationensache. Der Tonfall auf der Klassenseite ist sachlich und lebendig, stolz bin ich auf die Schüler. Aber einige wenige Schüler haben keine Ahnung davon, was in der Öffentlichkeit angemessen ist und was nicht. Und das Klassenblog sollte bewusst öffentlich sein.
Bei dieser Arbeit bin ich auch auf die privaten Webseiten einiger meiner Schüler gestoßen, mit teilweise fast blogartigem Charakter. Ich kam mir ein bisschen wie ein Voyeur vor, zumal sich mir da eine Welt auftat, die ich nicht kannte. Fremde Wesen, diese Schüler, ganz fremde Wesen. Das wollte ich alles gar nicht so genau wissen. Die meisten Seiten sind nur fremdartig, aber bei einigen wird teilweise grausam und beleidigend über einander hergezogen, und auch über Lehrer, mit denen sie unzufrieden sind.
Ich finde es gut, dass Schüler überhaupt auf diese Weise kommunizieren. Ein Teil ihres Lebens ist die Schule, und natürlich schreiben sie auch darüber. Ich finde auch, dass sich die Schule da weitgehend heraushalten sollte. Ich blogge ja auch, ohne beim Kultusministerium um Erlaubnis zu bitten.
Die Schüler müssen nur wissen, dass sie Lehrer nicht beleidigen dürfen. Und das muss man einem Teil der Schüler erst beibringen. Die wissen nicht, dass das nicht geht. Da ist oft kein böser Wille dahinter, sondern nur ein kläglicher Mangel an Ausdrucksmöglichkeiten. Dazu kommt die Unwissenheit über die Rechtslage. Das sollten wir unseren Schülern also beibringen.
Die andere, schwierigere Frage ist: Wieviel dürfen Schüler auf ihren privaten Seiten aus der Schule plaudern? Schüler üben oft unreflektiert und unsachlich Kritik – an Lehrern, Unterricht, Stundenplan. Manchmal haben sie aber auch recht. Nur hört ihnen in der Schule keiner zu. Mit ein paar Ungerechtigkeiten müssen sie auskommen (so ist das Leben halt), aber dürfen sie darüber bloggen, dass der eine oder andere Lehrer soviel Hausaufgaben aufgibt? Zuviel Zeit für die Korrektur braucht? Ständig zu spät kommt?
Ich wünsche mir ja schon klammheimlich, dass einer das mal ausprobiert.
Schreibe einen Kommentar