Die Rede der Schulleitung war gut, die des Kollegstufenbetreuers war sehr gut. Zentrale Sätze, an die ich mich erinnere: Wenn euch alle erzählen, der Ernst des Lebens beginnt jetzt, dann ist das nicht wörtlich zu nehmen. Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, das macht nämlich auch Spaß.
Der Vertreter des Elternbeirats wies die Schüler darauf hin, dass es an der Uni und im Beruf darum ginge, zu den Besten zu gehören. Irgendwie schon. Allerdings gehört nur ein Teil unserer Abiturienten zu den Besten, ein Teil wird Mittelfeld sein, ein Teil im unteren Drittel. Sollen wir denen auf den Weg mitgeben, dass sie halt Pech haben? Ich möchte nicht nur in einer Gesellschaft leben, in der es auch denen gut geht, die nicht zu den Besten gehören; ich kann mir auch keine stabile Gesellschaft vorstellen, in der es anders ist.
Insgesamt dauerte das Programm gut 4 1/2 Stunden, was für unsere Abifeiern sehr kurz und zügig ist. (Man vergleiche allerdings: die letzte Oscar-Verleihung dauerte 3 Stunden 21 Minuten.) Danach Buffett und Beisammensein.
An manchen Schulen finden der offizielle Teil – die Übergabe der Zeugnisse – und der inoffizielle – Verabschiedung der LK-Lehrer – getrennt statt, das eine am Vormittag, das andere am Abend. Das geht bei uns schon mal nicht, weil zumindest das alte Schulgebäude keinen wirklich angemessenen Raum dafür hat.
Jeder LK verabschiedete sich mit einem Videofilm. Sehr professionell gemacht, überhaupt die ganze Technik. Sind das nur eine Handvoll Schüler, oder zeigen da plötzlich viele ein Potential und einen Einsatz, den wir im Schullalltag nie zu sehen kriegen? Im Anzug oder Kleid sehen die meisten Schüler und Schülerinnen ohnehin viel erwachsener aus.
Ich bin nicht gut im Verabschieden. Die Schüler sind dann plötzlich so erwachsen und beschäftigt und ich will nicht stören. Außerdem habe ich sie dann schon viele Wochen nicht mehr gesehen.
Ich habe mich auch mit zwei externen Teilnehmern unterhalten, bei denen ich mitgeprüft habe. Der eine war zum zweiten Mal durchgefallen, hatte keine Lust auf Schule und Kollegstufe, und machte dann sein Abitur eben extern. Ich weiß nicht, wie gut es war, und auch nicht, wie er sich vorbereitet hat. (Es gibt Institute, die sich darauf spezialisieren; die kosten unterschiedlich viel Geld und sind unterschiedlich gut.) Die zwei verlorenen Jahre hat er so wieder hereingeholt. Ich kann das sicher nicht jedem empfehlen, aber es scheint zu gehen. Leicht ist es nicht: vier schriftliche und vier mündliche Prüfungen, also acht Fächer, über den Stoff der 12. und 13. Klasse.
Die besten Schüler und diejenigen, die sich auf verschiedene Art um die Schule verdient gemacht hatten, und das waren beides viele, kriegten Buchpreise. Mein Tipp: Passig/Scholz, Lexikon des Unwissens. Gebunden, ein Sachbuch, weist Schüler einmal auf ihre Grenzen, aber noch mehr auf die vielen Möglichkeiten hin, die ihnen offen stehen. (Zu meiner Schulzeit gab es vorne noch eine kalligraphische Widmung mit Unterschrift des Schulleiters. Ich muss mal fragen, wie das jetzt ausschaut.)
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