Erst mal Textverarbeitungsprogramm vor dem Web 2.0?
Im Moment lese ich mit einer 9. Klasse „Der Schimmelreiter“ von Theodor Storm. Schwerpunkte sind Symbolik, Rahmenhandlung, Hauptthemen. Sehr viel Zeit will ich nicht damit verbringen. Die Hälfte der Zeit sind wir im Computerraum, wo jeder Schüler für sich eine ausführliche Textdatei erstellt. Anfangen mussten sie mit einer Liste der Hauptpersonen, dann folgte eine selbst geschriebene Inhaltsangabe. (Gerade für das Aneignen von Literatur ist die Inhaltsangabe ein wertvolles Werkzeug. Nur lernen es die Schüler in dieser Form kaum kennen.) Dann mussten die Schüler das Wichtigste aus dem Nachwort der Ausgabe exzerpieren und als Stichpunktliste in der Datei festhalten. Ich stellte den Schülern eine gezeichnete Karte des Schauplatzes als Grafik zur Verfügung, die sie in ihr Dokument einbauen sollten. Dann mussten die Schüler ein Exzerpt aus einem kleinen Aufsatz über die Rahmenhandlung notieren, während zwei Gruppen anderer Schüler – mit Bleistift und Papier, in der Bibliothek – die in der Novelle vorkommenden Tiere und ihre Funktion heraussuchen sollten. Die Ergebnisse sollen alle in der nächsten Stunde in ihr Dokument übertragen.
Das geht alles nicht sehr in die Tiefe, zugegeben. Aber es ist eine Gelegenheit, den Schülern eine dringend nötige Einführung in das Erstellen von Dokumenten zu geben: Welche Schriftart man wählt, wo ein Leerzeichen hinkommt und nicht, wie man gegliederte Stichwortlisten erzeugt (das ist schon fortgeschritten), wie man sinnvoll die Rechtschreibprüfung benutzt, wie man Grafiken einbindet.
Außerdem erhoffe ich mir, dass diese Datei eine längere Lebensdauer hat als das durchschnittliche Schülerheft. Dabei mag ich mich täuschen. Ich glaube allerdings, dass am Anfang des Schuljahres die Hälfte der Schüler das Heft vom Vorjahr schon weggeworfen hat, dass es auf jeden Fall kaum mehr angeschaut wird und dass es oft auch so konfus ist, dass man es nicht mehr anschauen will. Ich will – mindestens vorerst – nicht das ganze Heft durch eine Textdatei ersetzen, aber das einmal für abgeschlossene Sequenzen wie die Lektürebehandlung probieren. Die Datei kann jeder Schüler nach Hause nehmen und auf der Festplatte parken, man kann sie verbessern, ergänzen, verschönern, entschönern, man kann auf ihr aufbauen auf eine Art und Weise, wie es bei Schulheften nicht möglich ist.
(Vielleicht sollte man ohnehin mal mit derselben Klasse in der 10. Jahrgangsstufe die gleiche Lektüre lesen, die man schon in der 8. gelesen hat, um sich und den Schülern zu zeigen, dass man ein Buch auch zweimal lesen kann und dass während der Schuljahre ein Fortschritt stattfindet. Vielleicht findet man allerdings auch heraus, dass das gar nicht so ist.)
Nennen wir es erst mal: nachhaltige Heftführung.
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