Im Moment und seit Wochen besteht mein Informatikunterricht in der Q11 aus einem Programmierprojekt. Letzte Woche wäre für sehr viele Schüler meine Stunde die einzige gewesen, die sie in den ersten vier Stunden des Tages gehabt hätten. Deshalb fragten sie mich, ob sie nicht stattdessen zu Hause den ganzen Morgen über programmieren könnten, statt dazu extra in die Schule zu kommen. Das sei effektiver. Das fand ich auch, und ja, nach Rücksprache ging das.
Als Anwesenheits- und Wachheitsbeleg mussten die Schüler sich in unserem Moodle-Kurs anmelden und in einem festgelegten Zeitraum eine Wachheitsbestätigung ausfüllen. Einige waren sogar so nett, das Arbeiten durch hochgeladene Fotos zu belegen:



Natürlich hätte ich argumentieren können, dass alle Arbeit zu Hause quasi als Hausaufgabe deklariert werden könnte und nicht als Fernunterrichtsstunde. Andererseits hätten die Schüler auch in der Schule nichts anderes getan, als selbstständig zu programmieren. Ich kann mir auch vorstellen, dass nicht alle Schüler wirklich den Vormittag über gearbeitet haben, aber das ist schon okay. Im nächsten Jahr – laut Lehrplan allerdings ohne Programmierprojekt – können wir ja mal mit Skype, Twitter oder Chatlösungen experimentieren.
Organisiert wird das Projekt über den ohnehin eingerichteten Moodle-Kurs, über eine Facebook-Gruppe, DropBox, ein offenes GoogleDoc und ein Gemenge von Mail, ICQ und anderen Kanälen. Zu spät habe ich daran gedacht, echte Projektmanagement-Software zu verwenden, am besten solche, die für Programmierarbeit ausgelegt ist. Tante Google bietet dafür Google Project Hosting an. [Nachtrag 2015: Google hat das Angebot Mitte des Jahres eingestellt.] Dort kann man für jedes Open-Source-Programmierprojekt eine Seite anlegen. Ich habe mal willkürlich ein Projekt herausgegriffen, code.google.com/p/cspoker/, eine Client-Server-Poker-Software in Java. Verschiedene Leute arbeiten daran, es gibt jeweils ein Projektwiki, den Quelltext zum Herunterladen, und vor allem: issue tracking. Das sieht so aus:

(code.google.com/p/cspoker/issues/list)
So eine Software kann ich mir auch gut für die Arbeiten vorstellen, die in einem Kollegium oder einer Schulleitung anfallen, auch wenn das Durchziehen eines Schuljahres kein Projekt im Sinne der DIN-Norm 69901 ist.
Jeder Berechtigte kann eine neue issue anlegen, ein neues Problemchen sozusagen, eine Aufgabe, die noch irgendwann mal von irgendwem gelöst werden könnte. Dafür gibt es verschiedene Kategorien, die issue kann „vorgeschlagen“, „gelöst“ oder „abgelehnt“ sein. Man sieht, welche Aufgaben noch unerledigt sind und wer welche Teilaufgaben bearbeitet hat oder gerade bearbeitet.
— Was es bei Google Code nicht gibt, sind Fishbone– oder Gantt-Diagramme. Außerdem müssen alle Projekte open source sein und man kann die Projektunterlagen wohl nicht so einfach exportieren. Projektmanagement-Software gibt es aber zuhauf; wenn mir jemand eine praktische für die Schule vorschlagen würde, wäre ich dankbar. Ich bin interessiert an Programmierprojekten und Zusammenarbeit anderer Art.
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