Schlag ich heute die Süddeutsche Zeitung auf, geht es wieder mal um Lehrer. Schon auf der Eins, above the fold, der Beitrag dazu selbst weiter hinten in Politik. Im Prinzip nichts Neues: die Qualität der Lehrer ist wichtig für die Schule. Das kann ich unterschreiben. Allerdings: es gibt auch Klassen, denen kann man jeden Lehrer vorsetzen und die Klassen lernen etwas dabei. Viel wichtiger als didaktische Methoden ist die Lehrerpersönlichkeit, aber vielleicht noch wichtiger ist der Wunsch der Schüler, etwas zu lernen. In manchen fünften Klassen gibt es den, in anderen nicht. Daran wenn man etwas ändern könnte, das würde viel bringen. Woher der Unterschied kommt? Müsste man untersuchen.
(Zugegeben, ein bisschen klingt dieser Wunsch nach dem Brechtschen Gedicht „Die Lösung“, wo der mit dem Volk unzufriedenen Regierung scherzhaft vorgeschlagen wird, dann halt das Volk aufzulösen und ein anderes zu wählen.)
„Die Professionalisierung des Lehrpersonals“, wird der deutsche Pisa-Bericht zitiert, ist die „entscheidende Ressource für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen.“ Sehe ich auch so. Professionalisierung hätte ich gerne, dafür etwas weniger Schulfamilie. Zur Professionalisierung gehören Profis. Im Moment, da gebe ich dem Artikel recht, sind Schulleiter froh, wenn der Unterricht irgendwie gehalten wird, wie und von wem auch immer. Bei der Einstellungspolitik sehe ich da keinen Spielraum für Professionalisierung. Noch in diesem Jahr wird der bayerische Landtag beschließen, dass Lehrer am Gymnasium eine Besoldungsstufe tiefer einsteigen, A12 statt A13. (Unterschriftenaktion dagegegen.) Einerseits verstehe ich, dass der Staat sparen möchte. Und es stimmt, dass deutsche Lehrer im Europavergleich nicht wenig verdienen. Andererseits vergleicht man sich nicht mit dem Rest von Europa, sondern mit dem Rest von Deutschland, mit anderen Akademikern, immer vorausgesetzt, Lehrer sehen sich als Akademiker, und da wird der Lehrerberuf halt noch etwas weniger attraktiv.
Und er soll attraktiv werden, so wie in Finnland etc., damit die Besten ihn ergreifen wollen. (Andererseits: wenn die Besten das zur Zeit nicht tun, wo sind die denn dann alle? Haben die alle BWL studiert und managen jetzt Banken?) Das muss nicht über Geld gehen, gesellschaftliche Anerkennung wäre auch schon etwas. Dazu müsste dann der Beamtenstatus weg und im Gegenzug das Jammern der Lehrer aufhören – laut Statistik hält man Lehrer nämlich für Jammerer. Ich denke, wir Lehrer haben einen besseren Ruf, als wir denken. Allerdings, so ganz toll ist unser Ruf auch wieder nicht. „Die Literatur der vergangenen hundert Jahre ist eine Schulhorrorliteratur“, schreibt Heribert Prantl und führt an: Heinrich und Thomas Mann, Torberg, Rilke, Hesse, Wedekind. Das ist allerdings nicht die Literatur der letzten hundert Jahre, sondern hundert Jahre alte Literatur; ist Schule in den letzten fünfzig Jahren kein Thema mehr für die Literatur? Prantls Fazit: Ein guter Lehrer braucht mehr Freiheiten. Und: ein Lehrer muss die Schüler mögen und respektieren, und die Gesellschaft muss Lehrer mögen und respektieren.
Das könnte damit anfangen, dass die Süddeutsche nicht diese altväterliche Schreibschrift als Typo für Zwischentitel verwendet.
Schreibe einen Kommentar