Ausgangspunkt: Siehe vorletzten Eintrag, in dem ich nicht über meine Einstellung zu Noten geschrieben habe, sondern über den Umgang mit Sekundärliteratur. Deshalb hier jetzt meine Gedanken zu Noten, zum Teil schon anderswo in den Kommentaren geschrieben.
Was gegen Noten spricht:
- Sie machen mir Arbeit. Aufsätze korrigieren ist schwer genug, eine Note darunter zu setzen noch viel schwerer. Mir wäre es sehr viel lieber, unter einen Aufsatz nur zu schreiben, was gut oder schlecht daran war.
- Erschwert wird das noch durch die Entscheidung über das Vorrücken, die von Noten getragen wird. Sie führt oft genug dazu, dass die Note geschönt wird, weil mit der passenden Leistungsbeurteilung ein Vorrücken nicht möglich wäre. Damit erfüllt die Note nicht mal mehr die Funktion, die sie ursprünglich hatte.
- Sie werden gelegentlich zur Disziplinierung missbraucht.
- Allein die Möglichkeit, sie zur Disziplinierung zu missbrauchen, sorgt bei Eltern und Schülern für Unsicherheit und Misstrauen, Furchtsamkeit und Fehlattribuierung bei schlechten Noten.
- Noten haben viele nützliche Funktionen, aber auch mindestens eine unnütze: Manchmal macht man sie nur, weil das so vorgeschrieben ist. Mit Datum und allem. Ich muss von jedem Schüler ungefähr gleich viele und zeitlich ungefähr gleich verteilte Noten machen. Dann mache ich das halt, aus rein formalen Gründen.
- Wenig erlebt: Streitereien zwischen Schülern. Aber das wird gerne mal angeführt.
- Noten entstehen teilweise intransparent, teilweise sind sie nicht vergleichbar. Dadurch entsteht das eigentliche Problem: Sie sind ungerecht. Das finde ich tatsächlich nur begrenzt ein Argument gegen Noten. So ungerecht sind sie nämlich auch wieder nicht. Und: Es gibt Möglichkeiten, sie gerechter zu machen.
- Generell schlecht an der Notenorientierung: Lehrer werden oder fühlen sich gedrängt, nur das zu unterrichten, was benotet werden kann. Nicht sehr, aber immer mehr.
Warum ich trotzdem Noten gebe:
- Das ist meine Arbeit, für die ich gut bezahlt werde. Schüler, Eltern und der Souverän möchten das so. Das ist der Hauptgrund.
- Ich halte sie, einen Kommentar von Jan-Martin Klinge aufgreifend, für die schlechteste aller funktionierenden Formen. Aber die einzige, der ich bisher vertraue. Überzeugt bin ich davon nicht. Aber ich hätte gerne ein vergleichbareres Vorbild als Finnland oder was auch immer.
- Ihre Rückmeldefunktion ist begrenzt. Aber es gibt sie. Andererseits: Unter Deutschaufsätzen muss auch immer zusätzlich ein Kommentar stehen; die Note ist keinesfalls die einzige Rückmeldung.
- Persönliche Gründe: Ich war ein sehr guter Schüler. Wenn mich ein Fach interessiert hat, habe ich gute Noten bekommen. Wenn nicht, und ich nicht gelernt habe, habe ich schlechte bekommen – und wusste, dass ich selbst dafür verantwortlich war. Konsequentes Aufpassen und Mitdenken hat gereicht. Diese Erfahrung verführt dazu, zu glauben, dass es anderen Schülern auch so geht. (Dass das kein gute Grund ist, weiß ich selber. Aber er führt dazu, dass ich überdramatisierte und pauschale Aussagen von der verwerflichen Folge von Notengebung nicht ernst nehmen kann. Einfach ein „Bei manchen Schülern“ davor setzen, dann höre ich zu.)
(Wird ergänzt.)
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