Als Schüler im Englisch-Leistungskurs beklagte sich der von allen sehr geschätzte Lehrer ein bisschen über die Lehrerausbildung. Den Anlass weiß ich nicht mehr, er erzählte überhaupt immer wieder kleine Geschichten, und das schätzten wir, weil es interessante Geschichten waren, und auf diesem Weg habe ich von ihm viel gelernt – Spike Milligan habe ich über ihn kennen gelernt, Evelyn Waugh, englische Kreuzworträtsel, Private Eye, Haggis. Ob ich Englisch gelernt habe, das weiß ich nicht, das konnte ich ja schon davor recht gut.
Jedenfalls erzählte Herr G. von einem Kommilitonen, der eine Art Sprechbehinderung gehabt habe. Ich glaube mich an das Wort „Hasenscharte“ zu erinnern, aber vielleicht erinnere ich mich falsch, oder vielleicht haben die Details der erzählten Geschichte auch gar nicht gestimmt. Jedenfalls sei der Kommilitone dann nicht als Lehrer zugelassen worden, und Herr G. war empört darüber, dass während des ganzen Studiums niemand Institutionelles es für nötig befunden habe, dies dem Kommilitionen mitzuteilen.
Ob die Details so stimmen, bezweifle ich, aber das ist nicht wichtig. Es geht mir eher um die Frage, wer wann einem Lehramtsstudierenden sagen soll oder kann, dass er oder sie fürs den Beruf nicht besonders geeignet ist. Ich glaube nämlich, dass es einen Zeitpunkt gibt, ab dem man das sagen kann – selbst wenn man tatsächlich durch Ausbildung und Erfahrung auch später noch viel lernen kann. Irgendwann kann man darauf hinweisen, dass der Aufwand groß sein wird.
An der Uni sagt man es den Studierenden nicht. Wer sollte das auch tun? In Bayern findet das Lehramtsstudium an regulären Universitäten statt; die Studierenden besuchen die gleichen fachwissenschaftlichen Veranstaltungen wie die Bachelor- oder Masterstudierenden, und zusammen mit ihnen. Die Fachwissenschaftler können kaum beurteilen, was man fürs Lehrersein braucht. Die Fachdidaktiker an der Uni haben da – vielleicht – mehr Einblick. Aber beide werden sich wohl hüten, jemandem das zu sagen – kaum besteht die Studierende die nächste Klausur nicht, ist man schuld, weil man sie durcheinander gebracht hat.
Im Referendariat sagt einem das auch keiner. Also, nur durch die Blume, vermute ich – in Form von Noten.
In anderen Bundesländern gibt es Pädagogische Hochschulen, wo, soweit ich weiß, die Lehramtsstudierenden unter sich sind; sie kriegen eigene Veranstaltungen ohne Kontakt zu regulären fachwissenschaftlichen Studierenden. Das gefällt mir nicht so gut, ist aber vielleicht nur ein Vorurteil. Wird man da besser beraten? Oder legt man sich im Gegensatz sogar noch früher aufs Lehramt fest? Immerhin gibt es an den Unis regelmäßig Studierende, und gute Leute dabei, die während des Studiums erkannt haben, dass sie doch nicht Lehrer werden möchten, und die dann doch etwas anderes machen. Spielt es eine Rolle, dass sie mehr Kontakt zu anderen Studenten hatten?
Vermutlich macht das alles nichts aus und ist ganz normal so. Das Problem ist dann eher, dass man, wenn man einmal Lehrer ist, dann auch Lehrer bleibt. Zu verlockend die Sicherheit, zu schwer die eventuelle Rückkehr in den Lehrerberuf. Und vielleicht stimmt die Prämisse auch nicht, und aus jedem kann zu jeder Zeit noch ein zufriedener Lehrer werden.
— Zufällig passen meine Gedanken in eine Blogparade zum Thema Lehrerausbildung. Tom Mittelbach wünscht sich, dass Lehrer professioneller an der Beziehung zu Schülern arbeiten (so wie er), Dejan Mihajlovic möchte, dass Lehrer mehr digital arbeiten (so wie er), Herr Berstein zweifelt an den Gründen, die manche Leute sich für das Lehramt entscheiden lassen.
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