Neulich klagte eine Oberstufenschülerin über ihre mündliche Note (nicht in meinem Fach, und ohne dass der Name der anderen Lehrkraft oder des anderen Fachs fiel). Neun Punkte seien einfach nicht angemessen für die rege und kluge Mitarbeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Schülerin da kluge Sachen sagt.
Schülerinnen und Schüler glauben immer noch daran, dass es die eine mündliche Mitarbeitsnote gibt. Wir machen es ihnen auch leicht, in diesem Glauben zu verharren – weil es vielleicht manches einfacher macht. Tatsächlich ist es so, dass es einen Durchschnitt aus „kleinen Leistungserhebungen“ gibt, also angesagten und nicht anegsagten kleineren schriftlichen Prüfungen, Ausfragen, Gedichtaufsagen, Referat, Unterrichtsbeobachtung, irgendetwas davon. Diese kleinen Leistungserhebungen hießen früher „mündliche Leistungen“, obwohl sie zum Großteil gar nicht mündlich sind. Heute muss man in der Oberstufe mindestens zwei solcher kleinen Noten haben, und davon wiederum muss eine echt mündlich sein. All diese Noten – und das ist für eine Behörde am wichtigsten – müssen mit Datum versehen sein, und man muss gegebenenfalls nachweisen können, dass sie gerechtfertigt entstanden sind: Datum, und am besten noch ein kurzes Protokoll der Fragen und Antworten.
Und das führt dazu, dass man mit Kursen bis zu 31 Schülern und Schülerinnen auch nicht zu mehr kommt als zu zwei kleinen Leistungserhebungen. Davon ist vielleicht ein schriflticher Test und eine mündliche Note, und das reicht, und das zählt 50% der Semesterpunkte, und ob diese eine mündliche Note der tatsächlichen Leistung über das ganze Semester entspricht, ist, behördlich gesprochen, egal.
Am liebsten würde ich tatsächlich nach Gefühl eine mündliche Note für die ganze Mitarbeit (deren Qualität, natürlich, nicht die Quantität) verteilen. Und ich bilde mir ein, dass das gerechter wäre als das aktuelle Verfahren. Aber das aktuelle Verfahren ist nun mal transparent (wenn auch nicht unbedingt gerecht im Sinne von: der Leistung entsprechend), und meines wäre das nicht. Und ja, gerecht wäre es vielleicht doch nicht – lieber ein schlechtes Korrektiv als gar keines. Ansonsten sitzt man den üblichen Vorurteilen auf.
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