Ich habe dieses Fundstück aus dem Heft 3 von Schule & wir aus dem Jahr 2016 zwar schon einmal erwähnt, habe aber immer noch keinen rechten Frieden damit gefunden:
Texte und Angaben von schulischen Leistungserhebungen gelten nach der Rechtsprechung nicht als Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (vgl §2 UrhG). Daher genießen sie auch keinen Schutz vor Vervielfältigung, Weitergabe oder öffentlicher Zugänglichmachung. Davon ausgenommen sind Angabentexte zentral gestellter schulischer Abschlussprüfungen wie etwa des Abiturs.
Tatsächlich habe ich auf Twitter von einer Schule gelesen, wo Eltern die gesammelten Schulaufgaben als Büchlein (für 15 Euro) veröffentlichten. Ich habe damit gar nicht so viele Probleme, aber der Gedankengang dahinter ist mir nicht klar: Inwiefern sind „Texte und Angaben von schulischen Leistungserhebungen“ denn keine Werke im Sinne von §2 UrhG? Darunter fallen:
insbesondere …
1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme
Die Aufzählung ist nicht abschließend. Ohnehin: Ist meine schöne Textaufgabe kein Sprachwerk? Ich habe auch schon mal Verse gedichtet für Arbeits- oder Prüfungsmaterial, glaube ich; ganz sicher schmuggle ich jedenfalls in mein Arbeitsblatt mit japanischer Lyrik immer wieder ein Haiku aus meiner Studienzeit und fordere die Schüler und Schülerinnen auf, es unter Werken von Bashō oder Issa zu herauszufinden (ohne dass ich übrigens deren Übersetzer oder Übersetzerin angegeben hätte).
Spoiler – Es ist das hier:
Selbst die Ameisen
kriechen langsamer, scheint es,
am Neujahrsmorgen.
Gedichtet während meines Jahres im Süden von England, milde Winter in der Studenten-WG. Kein Vergleich zu Bashō, natürlich; das Element des Vergänglichen fehlt ganz. Wenn ihr das auf einem kopierten Arbeitsblatt ohne CC-Lizenz seht: Ich hab’s nicht erlaubt!
Oder gilt das alles ohnehin nur für „Texte und Angaben von schulischen Leistungserhebungen“, aber nicht für „Texte und Angaben von schulischen Übungsaufgaben“?
Ich könnte ja noch nachvollziehen, wenn der Dienstherr die Verwertungsrechte für sich beansprucht, nach dem Prinzip work for hire: was während der Arbeitszeit entsteht, gehört dem Arbeitgeber. Aber dass meine liebevollen Informatik-Textaufgaben nicht schützenswert sind, das verstehe ich nicht.
Leider schreibt Schule & wir einfach nur „nach der Rechtsprechung“, ohne auf ein konkretes Urteil hinzuweisen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich so pauschal stimmt.
(Ein weiteres Problem wird übrigens das sein, dass Inhalte aus Prüfungen immer wieder auch aus anderen Quellen stammen dürften – Schulbücher, Deutschtexte sowieso, Cartoons und Bilder ebenso. Theoretisch müssten wir dann immer korrekte Quellenangaben machen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das meistens nicht stattfindet. Vor dem Veröffentlichen müsste man das alles herausfiltern.)
Links, nach und nach hier gesammelt:
- Urheberrechtsschutz für Klausuren (an Uni, Multiple Choice, Antwort: ja)
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