Am Wochenende zuvor hatte ich erfahren, dass es die Bosna-Stube noch gibt, in der ich vor 35 Jahren einen Super-Jaguar gegessen habe, die besonders scharfe Variante der Bosna, und vor 15 Jahren eine weitere Bosna aß. Also nahm ich mir bei meinem letzten Augsburgbesuch etwas Zeit, in der Innenstadt herumzulaufen, und aß dort einen Jaguar (scharf, aber nicht ganz so scharf).
Ich schaute bei meiner alten Schule vorbei, in die ich Jahre ging und wo ich viel und gern lernte.

Links der Eingang von außen, rechts der Eingang von innen. Dazwischen hingen der Vertretungsplan und verschiedene Schaukästen. Das ist heute auch noch so, nur ohne Vertretungsplan, dafür mit einem sehr ausführlichen A-Z der Begriffe, für die die Schule steht und Konzepte, die sie vertritt. (Unter M wie Mebis stand nichts.) Nach dem Eingang dann der Innenhof:

Das Gebäude ist ein altes Kloster, das ist der Innen- und Pausenhof, drumherum der Kreuzgang. Kreuzrippengewölbe in der Schule war ganz normal. Hier ein Bild von außen, aber von der Seite:

Das links ist das Schulgebäude, im Vordergrund das, was früher Oberstufen-Pausenbereich war. Dort habe ich in einer denkenswürdigen Nacht wenige Jahre nach der Schulzeit einen Schlüssel gefunden und eine verschlüsselte Botschaft in einer Colaflasche entschlüsselt (Blogeintrag).
Auf der anderen Straßenseite ist der Neubau (1808), eine ehemalige Mauthalle. Verbunden sind die beiden Gebäude durch einen unterirdischen Gang:

Jetzt kleben allerdings in den Fenstern des Neubaus Plakate, die den maroden Zustand der Schule und die schlechte Finanzierung durch die Stadt anprangern:

Respekt.
Dann spazieren durch die Stadt, schauen, was sich geändert hat. Die Buchhandlungen sind noch alle da. Die Kinos sind fast alle weg, das begann schon in meiner Studienzeit. Weg die Spielwarenhandlungen, weniger und kleinere Kaufhäuser. Aber die großen Traditionsläden sind zumeist noch da.
Das hier verschwand auch schon zu meiner Studienzeit:

Wo jetzt eine Bar oder sowas ist, war das, was in meinem Kreis, der ein sehr kleiner war, „Hintercappi“ hieß, weil das direkt hinter dem Kino Capitol, am Judenberg, war. In diesem kleinen Laden konnte man gebrauchte Comics und Taschenbücher verkaufen und vor allem kaufen. Oft bin ich da hin, habe das Sprüchlein aufgesagt: „Kann ich bitte die gebrauchten Comics sehen“ (vermutlich sogar genauer spezifiziert) und dan ein oder zwei Hefte gekauft. So ging das mit dem Sammeln damals.
Dann am Stadtmarkt gewesen:

Da bin ich mit meiner Mutter als Kind gelegentlich hin, nicht oft, es war dann immer exotisch, und ich habe mich erst spät wohlgefühlt. Fisch kaufte man dort, und dann auch Fleisch in der Metzgerhalle, Eier, Gemüse. (Ich bin in einem südlichen Stadtteil auifgewachsen, zum Einkaufen fuhr man selten in die Innenstadt.) Zu Studienzeiten habe ich erst die Schönheit dieses Marktes entdeckt: draußen viele Stände, richtig groß, und zwei große Hallen für Fleisch und Feinkost. In der Feinkosthalle war ich auch. Den Pferdemetzger gibt es nicht mehr, aber bei genau dem Stand an dem ich mit Frau Rau Schüsselchen voller Knoblauchcrememischung kaufte, noch mit demselben Besitzer hinter der Theke, kaufte ich ein Schüsselchen zum Mitnehmen.
Da unten wohnte Frau Rau:

Es war eine schöne Zeit.
Ich war sehr sentimal beim Herumspazieren, aber gar nicht traurig. Wünschte allen nur das Beste beim Aufräumen, Nachhausegehen, Heimkommen, wünschte Zufriedenheit, Erfolg, Glück. (Selber war ich etwas später zum Abendessen in der Stadtmitte verabredet.) Der „Tears in the rain“-Monolog hat mich schwer getroffen als Teenager, aber seit einigen Jahren schon kann ich gut damit leben, dass mit mir einmal sehr viel sterben wird. Die Erinnerungen, die nur ich habe, die Autoren, die immer weniger kennen und die nach und nach vor, mit und neben mir in die Vergessenheit verschwinden. Das war schon vor mir so, das wird nach mir so sein; neue Generationen haben neue Erinnerungen. Alles gut. (Dass andere sterben müssen, das ist immer noch problematisch. Nichts Akutes, nur so.)
Nachtrag: als Musik dazu Laurie Anderson, „Big Science“
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