Nächstes Jahr erhalten im Rahmen eines Versuchs alle Schülerinnen und Schüler in der 9. Jahrgangsstufe an meiner Schule iPads, zur Verwendung in der Schule und in die häusliche Obhut. Warum iPads: Weil die schon da sind, und das wiederum, weil das das einzige war, das der Sachaufwandsträger für den ursprünglichen Verwendungszweck zahlen wollte, der leichteren Verwaltung wegen. Ziel ist aber eher BYOD, mittelfristig.
Um das manchen Kollegen und Kolleginnen noch etwas schmackafter zu machen, würde ich gerne Schullektüren in digitaler Form bereitstellen, und zwar kostenlos. Warum kostenlos? Weil man nur dann eine kleine Bibliothek erstellen kann, statt sich auf einzelne Werke beschränken zu müssen, und so eine kleine Bibliothek kommt meiner Art des Arbeitens entgegen, und das geht anderen vielleicht auch so.
Im Anhang des Lehrplans für die 9. Jahrgangsstufe am Gymnasium in Bayern stehen viele Lektürevorschläge. Darunter sind folgende Werke, teilweise in Auszügen, auch als Film oder Hörbuch oder Comics („Graphic Novel“):
- Annette von Droste-Hülshoff, „Die Judenbuche“
- Jane Austen, Stolz und Vorurteil
- Jeremias Gotthelf, „Die schwarze Spinne“
- E. T. A. Hoffmann, „Das Fräulein von Scuderi“ (ich muss das wirklich mal wieder lesen, in meiner Erinnerung ist das völlig untauglich als Mittelstufenlektüre)
- Edgar Allan Poe, „Die Morde in der Rue Morgue“
- Mary Shelley, Frankenstein
- Theodor Storm, „Der Schimmelreiter“
- H. G. Wells, Die Zeitmaschine (gedacht eher so, dass man das in Englisch liest und in Deutsch den Film anschaut)
Aber natürlich kann man auch andere Texte lesen, diese Lektürevorschläge sind unverbindlich und größtenteils unbekannt oder ignoriert.
Ich würde also gerne meiner Schule, oder gleich der ganzen Öffentlichkeit, diese Texte als epub zur Verfügung stellen. Leider kenne ich keine Quelle für unterrichtsgeeignete digitale Lektüren als OER. Vermutlich möchte ich einfach eine Lektüre genau nach meiner Façon, am besten mit dem Schullogo auf der ersten Seite, und will mich nicht auf diversen Seiten nach verschiedenen und verschieden formatierten und verschieden gut editierten Ausgaben umsehen müssen, obwohl das vielleicht am sinnvollsten wäre.
Meine Kriterien, in abnehmender Wichtigkeit:
- OER oder CC-lizenziert.
- Nicht in der Rechtschreibung der Originalausgabe, sondern in moderner Orthographie. Insgesamt kein Anspruch auf philologische Zitierfähigkeit. Keine Seitennummern der Originalausgabe zwischendrin.
- Vermutlich in gemäßigter neuer Rechtschreibung, also zumindest ss/ß-Aktualisierung.
- Korrekturgelesen bzw. mit der Möglichkeit, in späteren Ausgaben selber Fehler zu verbessern – was Herausgeberschaft erfordern würde, alleine oder in einem Team.
- Möglichkeit zu Anmerkungen zu Begriffen, die modernen jungen Lesern nicht vertraut sind.
- Möglichkeit zu ergänzendem Material: Arbeitsvorschläge, Hinweise, Interpretationsangebote.
Quellen gibt es viele, insbesondere https://www.projekt-gutenberg.org oder Wikisource. Aber die passen alle von der Rechtschreibung nicht. Außerdem gibt es viele Seiten wie https://zulu-ebooks.com/ – sehr schön für die private Lektüre, für die Schule gibt es ein paar Probleme: Kurze Texte gibt es manchmal nur in großen Sammlungen, was SuS vielleicht nicht entgegen kommt; die Rechtschreibung ist nicht aktuell; und das Branding ist halt nicht das meine.
Heißt also: Entweder leben mit einem Sammelsurium verschiedener Ausgaben in alter Rechtschreibung, oder selber machen.
Für Letzteres bräuchte man: Ein Wiki oder WordPress oder ein editierbares Online-Dokument mit dem Text. Einen epub-Export aus dieser Quelle heraus. Eine Möglichkeit zur Annotierung und eventuellen Ergänzung – durch ein Team, aber die endgültige Fassung würde eine redaktion übernehmen. Das könnte zum Beispiel eine WordPress-Installation mit Fußnoten-Plugin und konfiguriertem epub-Export sein; Vorschläge für Annotationen kämen per Kommentar. Oder ein kommentierbares Google-Drive-Dokument (oder was auch immer), das epub-Export gleich anbietet.
Gibt es schon so ein Projekt? Oder ist das ganze eh sinnlos, weil ja doch niemand mit dem Produkt zufrieden wäre oder eine unverbindliche Ausgabe scheut, so dass dann noch jeder mit Sigil oder dem calibre-Editor eigene Ausgaben erstellt? Bisher habe ich ab der 10. Klasse die meisten gemeinfreien Lektüren digital zur Verfügung gestellt, in selbst erstellten Ausgaben. Versdrama geht übrigens ganz, ganz schwierig, insbesondere wenn man Versnummern behalten will.
Wie das aussehen könnte, zeigen diese Fassungen von
- Theodor Fontane, Irrungen, Wirrungen auf Google Drive: https://docs.google.com/document/d/1agb-SRYhn2BSqg6GXBC068pK3zlxcKNyQaX8cBLR5e4/edit?usp=sharing und
- Jeremias Gotthelf, „Die schwarze Spinne“ auf Google Drive: https://docs.google.com/document/d/1U7Jsg1czIx-Zf4u-HpqY6Evl1E9uzfCWR7H-Mfw38Ng/edit?usp=sharing
– ich müsste dann Kommentare sammeln und nach und nach eventuell in Fußnoten umwandeln. Mich stört nur daran, dass ich Kommentare nur für einen festen Kreis oder für alle freigeben kann. – Bei WordPress kenne ich nur holprige Plugins, aber da könnte ich Kommentare moderieren. Auch LibreOffice exportiert übrigens nach epub, neuere Word-Versionen als meine wahrscheinlich ebenfalls.
Von GoogleDrive aus können interessierte Leserinnen und Leser (zumindest im großen Browser, weniger bei App) den Export nach epub ausprobieren; funktioniert gut.
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