KMBek zur Rechtschreibung (2023)

(4 Kommentare.)

Via Mastodon von Martin Againman. Der fragt, wie es wohl zu so einem KMBek kommt. Meine Vermutung, dass die Lehrkräfte endlich dazu gebracht werden sollen, keine Bücher (und Arbeitsblätter) in alter deutscher Rechtschreibung, also mit „daß“ und so, zu lesen, wurde angezweifelt. Dabei gibt es davon immer noch viele; manche Autoren und Autorinnen bestehen darauf, bei anderen sind die Texte bei Gutenberg und Wikisource halt noch in der ursprünglichen Rechtschreibung der Druckversionen.

Tatsächlich ist das KMBek nichts Neues, das letzte zu dem Thema, das ich kenne, ist aus dem Jahr 2006, dort heißt es:

  1. Die Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung i.d.F. von 2006 ist die verbindliche Grundlage des Unterrichts an allen Schulen.
  2. Die gültige Fassung von Regeln und Wörterverzeichnis (Stand 2006) ist im Internet-Auftritt des Instituts für Deutsche Sprache zugänglich (http://www.ids-mannheim.de/reform/).
  3. Bis zum 31. Juli 2007 werden Schreibweisen, die durch die Amtliche Regelung (Stand 2006) überholt sind, nicht als Fehler markiert und bewertet.
  4. In Zweifelsfällen werden Wörterbücher zu Grunde gelegt, die nach Erklärung des Verlags der Amtlichen Regelung (Stand 2006) vollständig entsprechen.

Neu ist also nur, dass die Bezüge auf 2006 ersetzt wurden durch „in der jeweils gültigen Fassung“, und dass sich der Link geändert hat. Der alte ist nicht mehr gültig, wer weiß, seit wann. (Der Duden empfiehlt übrigens „zugrunde legen“ statt „zu Grunde“, aber erlaubt ist natürlich beides.)

Bleibt nur zu hoffen, dass das im Sommerloch-Wahlkampf, wenn eine ergänzende Bestimmung zu Gendersternchen kommt, nicht hochkocht. Zu ernst nehmen darf man das eh nicht, Barocklyrik mache ich weiterhin auch mal in zeitgemäßer (damaliger) Rechtschreibung. In korrekter moderner Rechtschreibung würde das Gedicht „schtzngrmm“ von Ernst Jandl ja auch so aussehen und viel von seinem Reiz verlieren, oder jedenfalls einen anderen Reiz haben:

Schützengraben
Schützengraben
<gestrichen>
Graben
<gestrichen>
Schützengraben, -tzengraben, -tzengraben
Graben
Schützen
Schützen
<gestrichen>
<gestrichen>
<gestrichen>
<gestrichen>
<gestrichen>
<gestrichen>
<gestrichen>
<gestrichen>

nach Ernst Jandl


Beitrag veröffentlicht am

in

Kommentare: 4

Schlagwörter:

Kommentare

4 Antworten zu „KMBek zur Rechtschreibung (2023)“

  1. Am schönsten finde ich den 4. Punkt …

  2. Poupou

    Aus meiner Verwaltungsperspektive denke ich ja, das ist viel banaler. Irgendjemand im Min hat gemerkt, dass der Link tot ist und so eine Bekanntmachung ist halt die einzige Form wie so ein Link wirksam aktualisiert werden kann.

    Wäre das WP, würde in der Zusammenfassung stehen: toten Link ersetzt, keine inhaltliche Änderung intendiert.

  3. Hintergrund zu Punkt 4: Im letzten Jahrtausend war der privatgesellschaftlich erstellte Duden amtlich verbindlich. Das sah ein bisschen willkürlich aus und nach Privilegierung eines Verlags. Seit der Reform gibt es nur noch ausführliche Richtlinien und keine vollständigen Wörterlisten mehr, und diese Richtlinien können unterschiedlich interpretiert werden, und das geschieht bei den konkurrierenden Wörterbuchverlagen auch. Das „nach Erklärung des Verlags“ heißt, dass das nicht geprüft wird; aber für eine Guerilla-Ausgabe ist das ganze auch wieder nicht wichtig genug.

  4. Sehr schön!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert