Ablaufzeiten von KMS: Ich weiß es auch nicht

(11 Kommentare.)

Ich habe hier ein KMS aus dem Jahr 2023, an dessen Ende steht:

Dieses KMS gilt über die Dauer von 3 Jahren hinaus. Es wird in die Datenbank BAYERNRECHT eingestellt.

Das sieht zuerst einmal nach einem schönen Beispiel für die tatsächliche Bedeutung von: „Die Ausnahme bestätigt die Regel“ aus. Wenn irgendwo steht „Sonntags geschlossen“, dann darf man von dieser Ausnahme ableiten, dass an den anderen Tagen offen ist; wenn ein KMS von sich behauptet, über 3 Jahre hinaus Gültigkeit zu haben, dann darf man von dieser Ausnahme ableiten, dass andere KMS nach drei Jahren ihre Gültigkeit verlieren. Dieser Schluss mag logisch zwar richtig sein, sofern man davon ausgeht, dass sich die Kommunikation an den Konversationsmaximen nach Grice orientiert (ah, Studiumswissen, so schön), ist inhaltlich vielleicht aber dennoch falsch, auch wenn mir der Glaube an diese drei Jahre mehrfach begegnet ist.

Nach einer mündlichen Quelle gibt es überhaupt keine festgelegte Gültigkeit von KMS. Man muss im Einzelfall das Referat im KM anrufen und fragen, ob das KMS noch gültig ist.

Von einem Kontakt zu solch einem Referat im KM weiß ich: die haben nicht mal einen Überblick, welche KMS es gibt und wie ernst die jeweils gemeint sind. „Es ist daher ein Anliegen der Bayerischen Staatsregierung und des Bayerischen Landtags … Wir bitten Sie deshalb … sicher zu stellen“ – ist das Code für ist uns egal? Gibt es da einen festen Code oder entnimmt man das dem Inhalt?

Nach einer anderen, leider ebenfalls nur mündlichen Quelle, die aber vertrauenswürdig klingt, sind alle KMS, die nach dem 1. Januar 2016 erschienen sind, unbegrenzt gültig, oder bis durch ein anderes KMS explizit ihre Gültigkeit widerrufen wird. (Zu diesem Zeitpunkt wechselte auch der Partner für das Online- oder Papier-Angebot der KMS, erinnere ich mich.) Davor seien KMS grundsätzlich nur 3 Jahre gültig gewesen.

Warum das interessant ist: Zu meinen Personalratszeiten wurde immer wieder mit KMS aus den 1990er Jahren argumentiert, gar nicht mal von Seiten der Schulleitung, sondern aus dem Kollegium. Galt das dann jeweils noch oder nicht mehr?

In der Datenbank BAYERN.RECHT konnte ich den Ausgangspunkt des Blogeintrags, das ganz oben erwähnte KMS aus dem Jahr2023, dann überhaupt nicht finden. Ist das „Es wird in die Datenbank BAYERNRECHT eingestellt“ also ein Bluff oder bin ich nur zu ungeduldig?


Übrigens übe ich genau solche Sätze wie „Dieses KMS gilt über die Dauer von 3 Jahren hinaus. Es wird in die Datenbank BAYERNRECHT eingestellt“ im Deutschunterricht:

  • „Formal ist der Kopf deines Briefes nicht korrekt; die Betreffzeile fehlt.“ (Korrekturbemerkung, eigene)
  • „Es besteht nur aus natürlichen Substanzen. Es ist völlig ungefährlich.“ (Werbung)
  • „Mutter feierte bis 4 Uhr früh. Ihre Kinder erstickten.“ (Schlagzeile)

Die nebeneinander gestellten Hauptsätzen legen einen semantischen Zusammenhang nahe, ohne ihn explizit zu machen. Erstickten die Kinder, während die Mutter feierte oder weil sie feierte? Ist das Produkt ungefährlich, weil es natürlich ist, oder halt einfach so? Ist die fehlende Betreffzeile ein Beispiel für die formale Inkorrektheit, oder ein zusätzlicher Fehler? Wir möchten eigentlich, dass Schreibende, sofern sie nicht Kunst treiben, diese Zusammenhänge explizit machen statt sie nur anzudeuten: mit Adverbien oder Konjunktionen zum Beispiel.

So ist es auch mit:

  • „Dieses KMS gilt über die Dauer von 3 Jahren hinaus. Es wird in die Datenbank BAYERNRECHT eingestellt.“

Wird das KMS außerdem in die Datenbank eingestellt, oder demzufolge (weil alle KMS mit längerer Gültigkeit dort eingestellt werden) oder zu diesem Zweck?

Tatsächlich ist es nach einer zuverlässigen Quelle so, dass auch ältere KMS, also vor 2016, noch gültig sein können, eben wenn sie in dieser Datenbank eingestellt sind.


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Kommentare

11 Antworten zu „Ablaufzeiten von KMS: Ich weiß es auch nicht“

  1. Thomas Kehl

    Hallo Herr Rau
    Frage eines Schweizers: Was ist denn ein KMS?
    Viele Grüsse
    Thomas

  2. Ein KMS ist ein kultusministerielles Schreiben, Dienstanweisung aus dem Kultusministerium, von irgendeinem Referat. Wichtigere Sachen sind KMBek, Kultusministerielle Bekanntmachungen, die im Amtsblatt veröffentlicht werden. KMS werden nur manchmal und zufällig irgendwo veröffentlicht. Eine Datenbank ist geplant.

  3. Nebenbei interessant:
    Wenn man KMS googelt (weil ich, wie Herr Kehl, auch nicht wusste was das ist) erstmal Key Management Service von Microsoft vorgestellt bekommt und dann ist es auch die Abkürzung für eine Musikschule (Luxemburg spezifisch) Für die Gen Z bedeutet es ‚kill myself‘. Und wenn ich noch ein wenig weiter googlen werde wird es sicherlich auch eine Abkürzung für eine Krankheit sein. Das S am Ende für Syndrom ist zu verlockend, dass es das nicht ist :-)

  4. Interessant, wie unterschiedlich das in den Bundesländern ist. In Rheinland-Pfalz gibt es Verwaltungsvorschriften (VV), die könnten eventuell den KMS oder eher noch den KMBek entsprechen, da sie im Amtsblatt veröffentlicht werden. Die gelten explizit so lange, bis sie durch eine neue VV ersetzt werden. Normalerweise ist auch immer angegeben, ob es eine Vorgänger-Vorschrift gibt, die ergänzt oder ersetzt wird.
    Das musste ich mir zu Beginn meiner Dienstzeit allerdings anlesen, da ich mein Referendariat in Nordrhein-Westfalen absolviert habe und dort das Beamtenrecht kein Bestandteil der Ausbildung war – und selbst wenn es das gewesen wäre, die Regelungen und Bezeichnungen wären ja auch nochmal andere gewesen…

  5. Stephan

    Ich bin gestern auf eine Bekanntmachung gestoßen, die ein Ablaufdatum hat: https://www.verkuendung-bayern.de/files/baymbl/2024/278/baymbl-2024-278.pdf
    Da es unter anderem um die Finanzierung der Schülergeräte (im Rahmen der 1-1 Ausstattung) durch das Landesamt für Finanzen geht, stellt sich also die Frage, wie das nach dem Ablaufdatum weitergeht.

  6. Jens

    Liegt da nicht ein logischer Fehlschluss vor? Aus „Dieser Laden hat sonntags geschlossen“ kann ich doch nicht ableiten, dass die Nachbarläden werktags geöffnet haben.

    Hier (SH) lassen die Erlasse dank klarer Gültigkeitsfristen weniger Interpretationsspielraum.

  7. @Joël: KMS mit Syndrom – richtig, gibt es auch. Steht nicht bei WIkipedia, muss auch nicht; aber nicht einmal das Schul-KMS steht auf der entsprechenden Kürzelseite bei Wikipedia, und das sollte man doch mal ergänzen!

    @Andrea: Schön von dir zu hören! Schul- und Beamtenrecht mit das Spannendste, was man im Referendariat lernen kann; aber das sage ich auch erst im Rückblick.

    @Stephan: Diese Bekanntmachung hatte ich auf dem Schreibtisch, neulich. Ja, KMBek sind ordentlich veröffentlicht und auffindbar.

    @Jens: Logischer Fehlschluss, vielleicht. Aber die Läden und Nachbarläden sind ja nicht unabhängig voneinander, es ist eher etwas wie: „Diese Filiale sonntags geschlossen“, und noch mehr, weil die KMS ja nicht einmal Franchise-Unternehmen sind, sondern die gleiche Leitung haben. Logik im strengen Sinn greift bei Sprache ja eh nicht, eher conversational implicature, und ich folgere das schon mit den Laufzeiten – was auch immer der Absender tatsächlich implizieren wollte. Und da muss ich raten, eben weil der Zusammenhang semantisch offen gelassen wird.

  8. Tobias

    Ein interessanter Nebeneffekt aus den beschriebenen Umständen ist der Bedarf nach einer thematisch sortierten Übersicht über eben diese vielen Schreiben und der Markt, der sich aus diesem Bedarf ergibt (im Übrigen nicht nur im Schulbereich). Bedient wird dieser Markt nach meiner Wahrnehmung vor allem (ausschließlich?) vom Wolters Kluwer Verlag; eine entsprechend kommentierte Ausgabe von „Das Schulrecht in Bayern“ kostet als Loseblattsammlung dann zum Beispiel rund 3.200 Euro pro Jahr, wobei kommentiert nicht viel mehr bedeutet, als dass einschlägige KMS etc. zu den entsprechenden Paragraphen der Schulordnungen zugeordnet sind. Nimmt man zu den allgemeinen noch die schulartspezifischen Kommentare dazu, liegt man bei über 5.000 Euro – für eine Schule, wohlgemerkt.

  9. Danke, Tobias! Das Schulrecht in Bayern enthält sicher mehr, und Kommentierung täte mich tatsächlich manchmal sehr interessieren; die KMS-Datenbank allein kriegt man schon für unter 90 Euro im Jahr als Abo, und ja, Wolters Kluwer Verlag: https://shop.wolterskluwer-online.de/bildungswesen-schulrecht-kitarecht/08254658/

  10. Kurt

    Ist es nicht bezeichnend für das System, wenn man als einfacher Mitarbeitender nicht einmal nachsehen kann, welche ergänzenden Regeln für die Arbeit gelten. Die Schulordnungen, das BayEUG, LDO kann jeder in der aktuell gültigen Form nachlesen, aber für die Regelungen in KMS bist du auf die Aussage des KM angewiesen, ob das noch gilt und musst es dann glauben.

  11. >aber für die Regelungen in KMS bist du auf die Aussage des KM angewiesen, ob das noch gilt und musst es dann glauben.

    Zumal ich auach da die Aussage nur dann glauben würde, wenn ich sie schriftlich hätte. Dafür habe ich zu viel Widersprechendes gehört.

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