M. ist ein freundlicher, gewissenhafter, bedächtiger Schüler…
Obacht! Ich glaube, es gibt keine Einigkeit darüber, was „bedächtig“ bedeutet. Das taucht bei uns gelegentlich in den Zeugnisbemerkungen auf; ich sehe das Wort durchaus positiv, viele Kollegen auch, manche nicht, und auch manche Eltern sehen es sehr negativ. Für mich heißt bedächtig soviel wie: umsichtig, planvoll, besonnen. „Mit Bedacht“ halt. Für andere eher: langsam, träge.
Das Ergebnis einer kurzen Überprüfung verschiedener Online-Synonymwörterbücher bestätigt die Mehrdeutigkeit. Ich präsentiere jeweils die vollständige Liste (teilweise gibt es zu manchen Wörter noch weitere Unterpunkte):
Eher positiv:
beherrscht, mit Überlegung, angemessen, aufmerksam, ausgeglichen, besonnen, gewissenhaft, langsam und behaglich, ruhig, umsichtig
(http://synonyme.woxikon.de)
Eher negativ:
behäbig, gemächlich, lahm, langsam, träge
(http://www.openthesaurus.de)
Alles beide, wenn auch eher positiv:
abgeklärt, ausgeglichen, überlegen, bedacht, bedachtsam, behäbig, beherrscht, behutsam, besonnen, gelassen, gemächlich, gemessen, geruhsam, gezügelt, harmonisch, kaltblütig, lahm, langsam, mit Überlegung, mit Besonnenheit, mit Umsicht, mit Vorsicht, ruhevoll, träge, umsichtig
(http://ein.anderes-wort.de/)
Ich denke, das Wort befindet sich gerade auf dem Weg der Bedeutungsverschlechterung, und wir kriegen es wieder als letzte mit. Ursprünglich schien es rein positiv zu sein, siehe Grimmsches Wörterbuch:
BEDÄCHTIG, consideratus, providus: ein bedächtiger mensch; ein ungedültiger thut nerrisch, aber ein bedechtiger hasset es. spr. Salom. 14, 17;
mit wie leichtem herzensregen
horchet ihr der glocke nicht,
die mit zwölf bedächtgen schlägen
ruh und sicherheit verspricht.
GÖTHE 19, 197;ein bedächtiger, langsamer gang. vgl. unbedechtig, inconsideratus. MICH. NEANDER menschensp. 102; gottsbedächtig. Simpl. 2, 296.
Schreibe einen Kommentar