Ich hatte bis vor kurzem keines der Bücher um das Little House on the Prairie gelesen, hatte wohl auch nie eine ganze Folge von Unsere kleine Farm gesehen. Der Serie war ich ein bisschen böse, weil in der 3. oder 4. Klasse das geschätzte Bonanza nicht mehr im Fernsehen kam, sondern stattdessen diese andere Serie mit Little Joe. Zeitlich sagt Wikipedia, dass das nicht ganz sein kann, Bonanza lief angeblich bis 1977, Unsere kleine Farm wurde ab 1976 ausgestrahlt. Für mich war irgendwie klar, dass das jetzt die weiteren Abenteuer des Little Joe waren, nur eben in Australien. Wieso Australien? Ich weiß es nicht.
Nicht zuletzt in The Big Bang Theory hörte man immer wieder davon, und weil mir ein Freund die Reihe empfohlen hat und ich mich ja eh gerade für Holzfällereitum interesserte, las ich das erste Buch, das eben nicht in der Prärie oder Kleinstadt spielt, sondern in einer abgelegenen großen Holzhütte in den damals tiefen Wäldern von Wisconsin, an der westlichen Grenze zu Minnesota.
Das Buch erzählt vom Ablauf eines typischen Jahres, Winter, Frühling, Sommer, Herbst, und den Aufgaben und Herausforderungen und kleinen Freuden, die die jeweilige Zeit mit sich bringt. Die kleine Familie wohnt allein und versorgt sich allein; regelmäßig (wie alles regelmäßig ist) gibt es Verwandtenbesuche und auch einmal einen Ausflug in die Stadt. Neben dem Jahreszyklus gibt es den wöchentlichen:
- Montag: Waschen
- Dienstag: Bügeln
- Mittwoch: Näharbeiten
- Donnerstag: Butter machen
- Freitag: Putzen
- Samstag: Backen
- Sonntag: Ruhen
All diese Arbeiten werden detailliert, wenn auch verklärt beschrieben. „Pretty“ schaut die Mutter aus über dem Zuber, die Ärmel hochgekrempelt, die Arme weiß und rund, das dunkle Haar leuchtend – und währenddessen kriegt sie nie auch nur einen Tropfen Wasser auf das schöne Kleid. (Nicht meine Worte, das steht da so.) Währenddessen jagt der Mann, sieht nach den Fallen, schnitzt Holzspielzeug und Geschenke, gießt sich die Kugeln für den Vorderlader. Man denkt sich, wie schön so ein einfaches Leben sein könnte! Sich an einfachen Dingen erfreuen, wie der Schweineblase, die die Kinder nach dem Schlachten zum Spielen kriegen, man kann sie aufblasen und hin und her werfen!
Während des Lesen hatte ich richtig Lust bekommen, selber ein Reh auszunehmen und zu räuchern, ganz so wie im Buch. Wäre natürlich eine ganz schlechte Idee. Eher im Scherz dachte ich mir, dass die ganzen libertären Prepper alle in ihrer Kindheit diese Bücher gelesen und für sie geschwärmt haben. Aber ja, da ist wohl etwas dran; die Rechteinhaber nach Ingalls Tod waren politisch aktiv libertär.
Hier kann man sich einen Nachbau des Hauses ansehen: https://www.lauraingallspepin.com/lauras-little-house/
Appetit macht das Buch nicht nur auf geräuchertes Wild. Da wird gebacken und gekocht, gepökelt und getrocknet, geschlachtet und gekäst, gestapelt und geflochten und aufgehängt, je nach fetter oder magerer Jahreszeit.
Enthülster Mais: Ausgesuchtes Holz wird zu Asche verbrannt, diese in ein Säckchen gegeben und zusammen mit den Maiskörnern gekocht, bis die Schale abzuplatzen beginnt. Dann wird die Haut sorgfältig in viel Wasser ganz abgerubbelt, und immer wieder gewaschen. Dann hat man nixtamalisierten Mais, in Lauge gekocht und dadurch erst bekömmlich gemacht. Gemahlen wird Tortillamehl daraus, in ganzen Körnern heißt das in den Südstaaten hominy.
Winterbutter: Ist aufgrund des Heu- statt Frischfutters weißlicher als Sommerbutter. (Recherche ergibt: verhält sich auch etwas anders, ist aber nicht schlechter und nicht weniger fett.) Schon damals färbt die Mutter sie aber gelb, mit in Milch ausgekochten Karottenraspeln, die dann später eine Leckerei für die Kinder sind. (Weitere Recherche: Wird heute einheitlich gefärbt, um die Kundschaft nicht zu verwirren, und in Deutschland eher gelblich, in Italien eher weißlich. Ich weiß aber nicht, ob das stimmt.)
Das Getreide wird bereits mechanisch gedroschen, einmal im Jahr kommt eine Maschine vorbei:
Uncle Henry came riding up and tied his horse to a tree. Then he and Pa hitched all the other horses, eight of them, to the smaller machine. They hitched each team to the end of a long stick that came out from the center of the machine. A long iron rod lay along the ground, from this machine to the big machine. […]
A man sat on top of the horsepower, and when everything was ready he clucked to the horses, and they began to go. They walked around him in a circle, each team pulling on the long stick to which it was hitched, and following the team ahead. As they went around, they stepped carefully over the tumbling rod, which was tumbling over and over on the ground.
Their pulling made the tumbling rod keep rolling over, and the rod moved the machinery of the separator, which stood beside the stack of wheat.
Das sieht dann so ähnlich aus wie hier bei Youtube:
Leichte Lektüre, die ein paar Jahrzehnte nach Elizabeth Gaskells Candleford Cranford spielt, das ich nur aus der Fernsehfassung mit Judi Dench kenne, und in dem wesentlich realistischer das Leben in einem englischen Dorf geschildert wird. Ich weiß noch nicht, ob ich mit Laura auf die Farm in der Prärie ziehen werde.
Schreibe einen Kommentar