„Humanity never ceases to amaze me.“ (Harry Flashman, Flash for Freedom)

FLASHMAN, Harry Paget, Brigadier-General, VC, KCB, KCIE; Chevalier, Légion d’Honneur; US Medal of Honour; San Serafino Order of Purity and Truth, 4th Class. b. 1822, s. H. Flashman, Esq., Ashby and Hon. Alicia Paget; Educ. Rugby School. m. Elspeth Rennie Morrison, d. Lord Paisley; one s. one d. Served Afghanistan, 1841-2 (medals, thanks of Parliament); Crimea (staff); Indian Mutiny (Lucknow, etc., VC); China, Taiping Rebellion. Served US Army (major, Union forces 1862); colonel (staff) Army of the Confederacy, 1863. Travelled extensively in military and civilian capacities; A.D.C. Emperor Maximilian of Mexico; milit. adviser, HM Queen Ranavalona of Madagascar; chief of staff to Rajan of Sarawak; dep. marshal, US. Chmn, Flashman and Bottomley Ltd; dir. British Opium Trading Co., governor, Rugby School; hon. pres. Mission for Reclamation of Reduced Females. Publications: Dawns and Departures of a Soldier’s Life; Twixt Cossack and Cannon; The Case Against Army Reform. Clubs: White’s, United Service, Blackjack (Batavia). Recreations: Oriental studies, angling. Address: Gandamack Lodge, Ashby, Leics.
Harry Flashman begann als Nebenfigur des englischen Internatsromans Tom Brown’s Schooldays (1857) von Thomas Hughes. Dort macht er als bully seinen jüngeren Mitschülern das Leben zur Hölle: Er traktiert und piesackt sie, bis er endlich von der Schule fliegt.
Ende der 1960er Jahre tauchten, glaubt man dem Vorwort des ersten Flashman-Romans, auf einem Speicher die Memoiren des gefeierten viktorianischen Militärhelden Sir Harry Flashman auf, geadelt und mit Orden behängt – siehe dern oben abgedruckten Eintrag im Who’s Who. Tatsächlich ist dieser Flashman der gleiche wie in Tom Brown’s Schooldays, und die Romane von George Macdonald Fraser schildern als fiktive Memoiren seine schillernde Karriere.
PLUS:
– Er kann reiten,
– er kann Fremdsprachen,
– er kann’s mit Frauen.
MINUS:
– Er ist ein Feigling,
– ein Lügner,
– ein Betrüger,
– ein Angeber;
– er ist gewissenlos,
– nachtragend.
– ein Lüstling,
– selbstsüchtig,
– verschwenderisch,
– arrogant.
Flashman ist immer noch der gleiche bully, Feigling und Weiberheld. Schieres Pech lässt ihn immer wieder in die berühmtesten Schlachten des 19. Jahrunderts geraten, und als Soldat im britischen Empire kommt man damals schon herum:
Afghanistan (der katastrophale Rückzug aus Kabul, wo Dr Brydon als einziger Überlebender von 4500 Soldaten und 12000 weiteren Männern und Frauen Jalalabad erreichte), der große Aufstand in Indien; die Charge of the Light Brigade im Krim-Krieg (von Tennyson verewigt), der Opiumkrieg in China (wo Hong Kong für hundert Jahre an das Vereinigte Königreich geriet); er ist auf Borneo und Madagaskar, aber auch bei dem Angriff auf Harper’s Ferry, einem Auslöser des amerikanischen Bürgerkriegs, und bei der Schlacht am Little Big Horn.
Er trifft John Brown (der von „John Brown’s body“), Abraham Lincoln, Bismarck, Lola Montez, Mitglieder der englischen Königsfamile und indische Vizekönige; Helden des Empire rauf und runter.
Schieres Glück (und Verrat, Intrige und Feigheit) sorgt dafür, dass er all das auch überlebt, oft als einziger, und ganz und gar zu Unrecht als Held gefeiert wird.
Das ganze ist erzählt mit vielen historischen, vor allem militärhistorischen Details, versehen mit Anhängen und Bibliographien und augenzwinkernden Fußnoten, die auf Diskrepanzen zu oder Gemeinsamkeiten mit anderen Berichten hinweisen. So richtig Spaß macht das Spiel mit fiktiven Gestalten und echter Geschichte ja nur dann, wenn man möglichst eng an der aufgezeichenten Geschichte bleibt und die Erlebnisse der Hauptperson möglichst geschickt einflicht. Dieses Spielen unterscheidet für mich die Flashman-Romane auch sehr von anderen historischen Romanen: Fraser bleibt so nahe dran an der Geschichte wie möglich, ohne dass seine Geschichten deswegen das Vergnügen der schnöden Glaubwürdigkeit opfern. Immer wieder verweist er auf Gemälde, auf denen Flashman im Hintergrund zu sehen ist; allein wegen Fraser bin ich in die National Portrait Gallery in London, um mir einige Bilder anzuschauen, von denen ich gelesen hatte. (Etwa James Brooke, den Rajah von Sarawak.)
Vielleicht wird Harry im Laufe seines Lebens ja wirklich immer menschlicher; gar so garstig wie in seinem ersten Buch ist er später nicht mehr. Vielleicht bin ich nur abgestumpft und habe mich an ihn gewöhnt. Irgendwie hängt er doch an seiner Frau, einen Rest Ehrgefühl besitzt er, und Mitgefühl und Verständnis für seine Umwelt zeigt er eher noch mehr als seine viktorianischen Zeitgenossen – als ich alle Bücher gelesen hatte, schien er, der Anti-Held schlechthin, sich die Bezeichnung „Held“ doch irgendwie verdient zu haben – und sei es auch ein egoistischer und feiger Held.
Flashman (1969)
Royal Flash (1970)
Flash for Freedom! (1972)
Flashman at the Charge (1973)
Flashman in the Great Game (1975)
Flashman’s Lady (1977)
Flashman and the Redskins (1982)
Flashman and the Dragon (1985)
Flashman and the Mountain of Light (1990)
Flashman and the Angel of the Lord (1994)
Flashman and the Tiger (2000)
Nachtrag: Flashman on the March (2005)
Schreibe einen Kommentar