Ich muss mir angelegentlich mal Gedanken machen, ob ich Karriere machen will, oder was man statt Karriere als Beamter an der Schule halt so hat. Seit über einem Dutzend Jahren bin ich Vollzeitlehrer, bin mit meinen Fächern vertraut, bin mit Paragraphen und Verordnungen und Instanzen vertraut, kenne die Abläufe an meiner Schule, habe mit wechselndem Erfolg alle möglichen Aufgaben an der Schule erledigt und bin zur Zeit Junior-Fachbetreuer und Personalrat. Und ich habe noch zwanzig bis fünfundzwanzig Schuljahre vor mir. Das ist so das Dienstalter, in dem man sich Gedanken macht.
Was fange ich in dieser Zeit an? Die eine Option ist die, dass ich daran arbeite, ein – von mir aus: noch – besserer Lehrer zu werden. Damit kann ich meine Jahre ganz bestimmt ausfüllen, quasi Lebensaufgabe.
Oder ich strebe eine Wichtige Stelle an.
Mir fallen drei Gründe ein, Wichtige Stellen anzustreben: weil man da mehr Einfluss hat und Schule vielleicht mitgestalten kann, weil einem das eine gewisse Bestätigung gibt, und weil man dann mehr Geld kriegt. (Dann wird man nämlich irgendwann mal Studiendirektor und kriegt mehr Pension.)
— Allerdings kann man seine Schule auch außerhalb solcher Positionen sehr weit gestalten. Ich bastle recht viel an meiner Schule herum und freue mich sehr daran. Aber das sind zum größten Teil Arbeiten, die ich freiwillig erledige und jederzeit aufgeben kann, wenn ich keine Lust mehr habe oder wenn mir jemand dumm kommt. Wer eine Wichtige Stelle hat, der muss diese Arbeiten erledigen. (Also, theoretisch.) Maik, das ist wieder dein Konzept der ideellen Macht.
— Bestätigung ist tatsächlich etwas sehr Wichtiges. Und die Bestätigung durch eine Position ist wohl nicht zu verachten. Ich selber brauche sehr viel Bestätigung. Glücklicherweise sehe ich mich in der Lage, diese Bestätigung aus den verschiedensten, nicht unbedingt leicht nachzuvollziehenden Quellen zu schöpfen: dem Spaß an den Schülern und dem Unterricht, meinem Blog, den Büchern in meinem Regal, den Büchern auf meinem Nachttisch, meinem umfassenden Wissen über amerikanische Radioserien der 1930er bis 1950er Jahre und über die Geschichte der Marvel-Comics, meinen Rollenspielerfahrungen, ganz vor allem der Anerkennung durch Frau Rau. Da spielt die Schulhierarchie keine so große Rolle mehr.
— Das Geld wäre allerdings schon schön. Nicht für jetzt, bewahre, nur für die Pension natürlich. Aber das sind doch noch über zwanzig Jahre!
Warum ich gerade auf diese Gedanken komme: wenn auch das Kollegium an meiner Schule ein eher junges ist, so gibt es doch einige Kollegen mit wichtigen Positionen, die in absehbarer Zeit in Pension gehen. Die Fachbetreuung für das eine Fach (keines von meinen), die Fachbetreuung für das andere Fach (auch keines von meinen). Für die Nachfolgerrolle positionieren sich natürlich die in Frage kommenden Kandidaten.
Fußnote: Liebe nichtlehrende Mitleser, verachtet uns nicht zu sehr. Wie in jedem Laden, in dem die gleichen Kollegen Jahrzehnte miteinander verbringen, verbringen wir unsere Zeit auch mit solchen Spielchen, wenn wir erst einmal zehn Jahre auf dem Buckel haben.
Auch andere Positionen werden in absehbarer Zeit neu besetzt werden. Was gibt es für derartige Positionen an einer Schule? Mittel- und Unterstufenbetreuer: Nicht das meine. Oberstufenkoordinator (vormals Kollegstufenbetreuer): Geht schon mal gar nicht, da müsste ich ja bei Abistreichen mitmachen. Schulleitung: dafür braucht man erst andere Jobs, wird aber sogar Oberstudiendirektor. Nichts für mich. Vertreter der Schulleitung oder Mitarbeiter im Direktorat: bis vor kurzem hätte ich nicht darüber nachgedacht, jetzt ertappe ich mich dabei, das doch zu tun, also zumindest nachzudenken. Der Nachteil: ich müsste regelmäßig auf Konzerte und Theatervorführungen und so. Ich telefoniere auch nicht sehr gern. Aber jemand mit Computerkenntnissen in der Schulleitung könnte einige Prozesse noch optimieren.
Oder ich könnte mich nicht ganz so hoch strecken und Teil der mittleren Führungsebene werden wollen. So etwas wird nämlich in Kürze eingeführt und läuft bereits an einigen Schulen versuchsweise als sogenannte Modus-Maßnahme. Was ich davon gehört habe, klingt aber eher fade. Jedenfalls müsste ich mir bald Gedanken machen, da der Termin für die Anmeldung zu Fortbildungen für diese Aufgabe bereits nahe rückt.
Ich schätze, ich werde mal um ein Mitarbeitergespräch mit der Schulleitung bitten und Frau Rau fragen. Obwohl, was mir ja das liebste wäre, wäre ein Jahr Praktikum in irgendeiner Computerfirma da draußen. Wenn sich da eine Möglichkeite fände… ist aber dienstrechtlich ein Problem; ich darf nicht so einfach ein Jahr Urlaub nehmen und während dieser Zeit arbeiten. Ist nicht vorgesehen.
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