An meiner Schule gibt es viele Schüler, und von einigen davon kriege ich mehr mit als von anderen. Es gibt einen Achtklässler, der gerne und viel programmiert, am liebsten in der Programmiersprache PHP, und der wollte zu einem Treffen der PHP User Group München, aber nicht unbedingt allein. Und weil Ferien sind und ich noch nie bei so einem Treffen war, ging ich mit.
Ich programmiere gar nicht in PHP. Sprachen, in denen ein Punkt der Operator für die Konkatenation von Zeichenketten ist, sind mir unheimlich. Aber ein bisschen PHP kriegt man ja mit, wenn man an Blogs herumbastelt – WordPress ist darin geschrieben, Joomla, jede Menge Webanwendungen, selbst Facebook war usprünglich in PHP und verwendet jetzt einen eigenen, erweiterten PHP-Nachfolger. Ich programmiere selber eher in Java und Python, und wenn ich Muße hätte, auch in Inform 7. Ein Kollege an der Uni ist aktiv in der Plone-Community und hat mir öfter von den Plone-Treffen in München erzählt, und von Python-Treffen, auf denen er war. Also war mir das Format nicht fremd. Aber mitgegangen war ich dann doch nie.
Ich beschreibe erst mal, wie das war – Programmierer kennen das wohl alle, aber uns Nicht-Programmieren ist das wahrscheinlich fremd.
Das Treffen fand statt in den Räumen der TNG Technology Consulting GmbH. Die Firma ist einer von mehreren Sponsoren der zweimonatlichen Treffen. Es waren vielleicht sechzig Leute da, gemischtes Alter – es gab auch Ältere als mich, die meisten waren jünger, der Achtklässler vermutlich der jüngste. Deutlich mehr Männer als Frauen. Zuerst unterhielt man sich eine Stunde, begrüßte Bekannte oder wurde als Neuling willkommen geheißen. Es wurde eher mehr Englisch als Deutsch gesprochen; ich habe mich mit einem Ukrainer, einem Russen, einem Syrer unterhalten. Es wurden Pizzas für alle geliefert, es gab mindestens Mineralwasser, Club Mate, Club Mate Cola und Bier (im Kühlschrank). Es gab einen Hashtag (#phpugmunich, spärlich genutzt, aber immer noch mehr als auf jeder Informatikdidaktik-Veranstaltung) und eine Twitterwall. An den Wänden hing das Passwort fürs WLAN aus, zum Eintippen oder Einscannen als QR-Code.
Danach folgte ein Vortrag von Philipp Rieber über zwei PHP-Bibliotheken zum Erstellen von realistischen Testdaten. Nach einer halben Stunde Pause und Zeit zum Plaudern hielt Veit Osiander einen zweiten Vortrag über bestimmte Aspekte der Softwareentwicklung. (Ich halte beides mal sehr allgemein, Details zur Veranstaltung und zu den Vorträgen gibt bei der PHP UserGroup München). Nach jedem Vortrag gab es eine Frage-und-Antwort-Runde, die ebenso wie die Vorträge selber auf Englisch waren. Das Publikum war fachkundig.
In zwei Monaten ist das nächste Treffen. Vor zwei Wochen hat sich die Python User Group München getroffen, nächsten Dienstag trifft sich die Python & Plone User Group, in einer Woche ist ein JavaScript Retreat in München. (Dazu hat man gleich den Achtklässler eingeladen. Überhaupt: Herzerfrischend zu sehen, wie ein erwachsener Russe und ein deutsche Achtklässler auf Englisch über PHP fachsimpeln. Wenn man etwas zu sagen hat und etwas sagen will, dann kommt man bereits mit Mittelstufenglisch schon recht weit. So als junger Mensch ist man natürlich gefundenes Fressen auf solchen Treffen – die Industrie sucht Nachwuchs, und letztlich dienen solche Veranstaltungen auch dem Networking. Fußnote: Selbstverständlich waren die Erziehungsberechtigten informiert.) Bernhard Klux hat in der Sidebar seines Blogs eine Liste kommender digitaler Veranstaltungen in München. Es sind viele.
Mit was lässt sich diese Szene vergleichen? Improvisierte Volkshochschule? Ein Publikum, dass sich selbst aufklärt? Über meine Schulleitung kriege ich regelmäßig Einladungen zu einem Kabinett antiker Literatur und Philosophie in München, und im Lyrik-Kabinett München gibt es immer wieder Lesungen – ist das so etwas Ähnliches? Eigentlich nicht. Lässt sich das Modell User Group überhaupt auf andere Inhalte übertragen? Ich meine, wer sponsort denn für eine öffentlich zugängliche User Group “Thomas Mann” die Pizza? (Zugegeben, bei den kleineren Python-Treffen gibt es auch keine.) Und wer ginge da überhaupt hin? Barcamps sind letztlich so etwas Ähnliches, aber auch die kommen aus der Programmierecke, soweit ich weiß.
Fazit: Wer etwas lernen oder Wissen teilen will, der findet Gelegenheit dazu. Für die Schule ist das nur bedingt nutzbar: Da wollen manche Schüler gar nicht lernen und andere nicht das, was sie laut Lehrplan gerade lernen sollen. (Wer behauptet, dass Schüler oder Menschen grundsätzlich alle gerne lernen, geht von einem misszuverstehenden Lernbegriff aus.) Es gibt schon auch die Schüler, die neugierig auf alles sind und keine Mühe scheuen, aber das sind nicht viele. Einen Lehrplan vorausgesetzt, müssen wir in der Schule also daran arbeiten, wie man Menschen etwas beibringt, die gerade keine Lust dazu haben, oder sie erst einmal dazu bringen, etwas lernen zu wollen.