Bis Weihnachten unterrichte ich das Fach Informatik in meiner aktuellen 10. Klasse auf Englisch. Das Konzept dahinter heißt „Bilingualer Sachfachunterricht“ und klingt nur ein bisschen nach Lachundsachgeschichten, wird aber tatsächlich vom bayerischen Kultusministerium wie auch von der Kultusministerkonferenz gefördert.
Vom ISB (dem pädagogischen Arm – oder Fuß, oder welcher Körperteil auch immer, da gibt es verschiedene Ansichten – des Kultusministeriums) gibt es eine eigene Webseite dazu: http://www.bayern-bilingual.de/, und hier gibt es 140 Seiten von der KMK (pdf).
Auf Englisch heißt das „Content and language integrated learning“ (CLIL), keine geringere Mundvoll. Der Gedanke dahinter: Die Inhalte des Sachfachs stehen im Vordergrund, also Informatik. Nebenbei wird auch noch das Englisch der Schüler und Schülerinnen verbessert, vor allem bei Hörverstehen, Sprechfertigkeit und Wortschatz, so heißt es. Und außerdem, so die Theorie, lernen die Schülerinnen und Schüler die fachlichen Inhalte besser – weil sie besser aufpassen oder weil ich als Lehrkraft mir mehr Mühe geben muss.
Im bilingualen Sachfachunterricht gibt wird das Englisch der Schülerinnen und Schüler natürlich benotet, die deutschen Fachbegriffe werden ebenfalls gelernt, und Prüfungen sind wahlweise auf Deutsch oder Englisch. Eine Schule kann einen ganzen bilingualen Zug einrichten, eine Jahrgangsstufe, ein Fach, auch nur für drei Monate, oder eine einzelne fremdsprachliche Stunde pro Woche in einem Sachfach vorsehen, da gibt es die verschiedensten Modelle.
Darf man das so einfach? In Bayern ja. Dazu muss die Lehrkraft letztlich auch die Fremdsprache unterrichten dürfen. Meistens wird CLIL also in Kombination mit Geschichte und Geographie angeboten, weil diese Lehrer gerne auch mal Englischlehrer sind. (Gelegentlich gibt es das auch in Französisch.) Die Kombination mit Informatik ist seltener, weil das ein junges Fach ist und es nicht so viele Informatik-Englisch-Lehrkräfte gibt, auch wenn Englisch tatsächlich eines der wenigen Fächer ist, das man mit Informatk zusammen studieren kann.
Ich glaube, Informatik eignet sich ganz besonders dafür. Erstens arbeiten wir in der 10. Jahrgangsstufe ohnehin kaum mit dem Buch, aus, uh, verschiedenen Gründen. Zweitens ist viel Fachsprache ohnehin Englisch, angefangen von den Kontrollstrukturen der Programmiersprachen. Drittens, aber das darf man sicher nicht laut sagen, ist Informatik kein Fach, bei dem sich Eltern oder Schüler große Sorgen machen müssen, ob man deswegen nicht vorrücken darf. Bei Mathematik hätte man da vielleicht mehr Bedenken, auch weil das in Bayern jeder bis einschließlich Abitur belegen muss. Viertens ist Informatik ein Fach, bei dem Schüler vielleicht aktiver sind als in anderen Fächern; der Unterricht ist schon mal inhaltlich eher handlungsorientiert. Das Fach besteht viel aus Tun und weniger aus Reden. Damit zusammen hängt Punkt viereinhalb, der mir erst im Lauf der ersten Stunden aufgefallen ist: In Informatik – jedenfalls ab der Mittelstufe – wollen Schüler tatsächlich etwas vom Lehrer wissen. Zugegeben, das ist oft nur: „Warum funktioniert das nicht?“ oder „Wie kann ich das machen?“ Das gilt jedenfalls für alles, was mit Programmierung zu tun hat. Im Deutschunterricht fagen Schüler nie „Warum ist mein Satz grammatisch falsch?“, weil sie das nicht erkennen können. Beim Programmieren kriegen sie nach jeder Zeile Feedback, ob der Programm-Satz korrekt war oder nicht.
Und ich glaube, das Sprachenlernen und -verwenden fällt leichter, wenn es einen echten Redeanlass gibt. Im Deutsch- udn Englischunterricht versucht man natürlich diese Anlässe zu schaffen. Aber so richtig natürlich sind sie nicht immer.
Ich bin jedenfalls gespannt, wie das weitergeht. Die Klasse kenne ich schon vom Deutschunterricht vor zwei Jahren, und ein Muttersprachler-Gastschüler ist auch dabei. Bei den Schülerinnen und Schülern wirkt das Verwenden der englischen Sprache ganz natürlich, sind sie ja eh gewohnt, aber mehr weiß ich erst nach Weihnachten, da will ich das evaluiert haben.
(Freue mich über Hinweise zur CLIL-Forschung, da sichte ich gerade.)
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