Das sind die Schullektüren meiner eigenen Schulzeit. Es waren sicher ein paar mehr dabei, Woyzeck vielleicht, und irgendetwas in der Unterstufe. Aber anscheinend blieben nur Werke aus den Jahrgangsstufen 11 bis 13 bei mir hängen, und eben da nicht mal alle. Gedichte (Archaischer Torso! Hälfte des Lebens!) gab es natürlich auch, und kleinere Geschichten, die ich hier nicht anführe.
Antoine de Saint-Exupéry, Le Petit Prince (11)
Das war auf Französisch und damit fast außer Konkurrenz. Französisch machte mir keinen Spaß, das Buch schreckte mich nicht, war aber auch nicht wirklich gut.
Johann Wolfang Goethe, Iphigenie auf Tauris (11, 12)
Sogar zweimal: Zuerst in der 11. Klasse, wo das Drama bei allen (so ist meine Erinnerung) sehr gut ankam. Aber das war auch beim Herrn Nickles. Hängen blieb: „Das Land der Griechen mit der Seele suchen“ und „Zwischen uns sei Wahrheit.“ Und dann noch einmal in der 12. Klasse im Leistungskurs – wo die Lehrerin irritiert über den Vorgänger war. Hat sich jemand nicht an Absprachen gehalten, oder nicht an den damals erst wenige Jahre alten neuen Lehrplan?
Johann Wolfang Goethe, Faust I (12)
Galt als Königsdisziplin. Ich halte das Stück ja für überschätzt. Damals: Ja, war okay, aber sicher eben auch wegen des Rufs des Dramas. Dass ich Mephistopheles lesen durfte, hat sicher auch geholfen.
Gottfried Keller, „Die drei gerechten Kammacher“ (12?)
Völlig uninteressant. Konnte mich an nichts erinnern. Laaaaangweilig. Heute dagegen: sehr, sehr witzig.
Friedrich Hebbel, Agnes Bernauer (13?)
Laaaangweilig. Also, wahrscheinlich. Es ist möglicherweise die einzige Lektüre, die ich dann doch nie gelesen habe, auch heute noch nicht. Erstens Realismus, nicht so meins; dann Drama, auch nicht so; und thematisch war das zu nah, weil Augsburg, und damit nicht so interessant.
Bert Brecht, Die Dreigroschenoper (13)
Kam auch sehr gut an. „Halt die Fresse, Trauerweide“ wurde sprichwörtlich in unserem Kreis, auch wenn sich Jahrzehnte danach herausstellte, dass diese Stelle in vielen Ausgaben fehlt – es ist eine Szene, die erst nach dem Film integriert wurde, so wie andere vielleicht wichtigere Stellen auch.
Siegfried Lenz, Jäger des Spotts (Kurzgeschichtensammlung) (11)
Eher langweilig, damals. Wiedergelesen habe ich nur „Die Nacht im Hotel“ mal, bei den anderen Geschichten sagen mir nicht einmal die Titel noch irgendetwas.
Heinrich Böll, Billard um halb zehn (13?)
Kaum Erinnerung. Mann mit Problemen. Oder war es am Ende ohnehin Ansichten eines Clowns?
William Shakespeare, Macbeth (12/13)
War okay. Aber ich kann mich nicht an Begeisterung erinnern. Zweisprachige Reclamausgabe, wenig handschriftliche Anmerkungen darin. „Something wicked this way comes“ habe ich angestrichen, weil ich das schon von einem Bradbury-Roman kannte, auch wenn ich den noch nicht gelesen hatte. Und „wayward son“, weil ich diese Kollokation schon aus einem Marvel-Comic kannte. Dort: „Carrion, My Wayward Son“ (1978, PPSSM #25), der Zusammenhang zu dem Lied „Carry On My Wayward Son“ (1977) von Kansas hat sich mir erst heute hergestellt. Oder geht beides auf eine noch ältere Quelle zurück?
Ernest Hemingway, „The Short Happy Life of Francis Macomber“ (12/13)
Langweilig. Ich konnte einfach nicht nachvollziehen, was diese Leute für Probleme hatten. Da passierte doch nichts. Heute: Sehr gute, sehr typische Hemingway-Geschichte, auch wenn ich viele andere von ihm lieber mag, die unerwartetere Seiten präsentieren.
James Joyce, „The Sisters“ (12/13)
Davon nur der Anfang, auf ein oder zwei Seiten, fisselige kleine Buchseiten zusammenkopiert. Und inhaltlich völlig unverständlich. Ich finde die Geschichte heute gut, aber immer noch nicht zugänglich und völlig ungeeignet – zu fremd die Perspektive und das Land und die Zeit. (Tatsächlich lasen wir wohl auch weitere Geschichten von Joyce, „Eveline“ und so.)
Bret Harte, „The Luck of Roaring Camp“ (12/13)
Null Erinnerung daran als Schullektüre, außer an den Titel. Vielleicht haben wir sie gar nicht gelesen, sondern nur ausgeteilt bekommen?
Edgar Allan Poe, „The Tell-Tale Heart“ (12/13)
Poe kannte ich natürlich schon, weil Filme und phantastische Literatur. (Meinen heutigen Elftklässlern sagt Poe übrigens überhaupt nichts, sie begegnen ihm erst in der zwölften Klasse.) Diese Geschichte irritierte mich. Wahrscheinlich war ich mit Metaphern und unzuverlässigen Sprechern überfordert. Wenn da stand, dass das Herz unter den Bodendielen zu hören war, dann war für mich als Leser phantastischer Literatur klar, dass da halt das Herz noch schlägt, aus irgendwelchen Gründen.
Evelyn Waugh, The Loved One (nur der Anfang) (12/13)
Mit Vergnügen gelesen. Später deshalb dann auch mal ganz gelesen und die Verfilmung mit Robert Morse gesehen. Mag Evelyn Waugh eigentlich nicht besonders, aber so kannte ich halt schon mal den Namen.
Dylan Thomas, verschiedene Radiobeiträge (12/13)
„A Visit to America“, „Under Milkwood“ (auch hier nur der Anfang), wohl auch schon die Weihnachtserinnerungen? Gefiel mir alles schon damals sehr gut.
Spike Milligan, Puckoon (nur der Anfang) (12/13)
Gefiel mir gut, aber Spike Milligan musste ich dann doch erst Jahre später über einen anderen Weg für mich finden.
Nie in der Schule gelesen, aber damals als Name schon bekannt: Der Herr der Fliegen, The Catcher in the Rye und Rolltreppe abwärts – der Inbegriff des literarisch uninteressanten, erzieherischen Problembuchs, das Deutsch-Geschichte-Sozialkunde-Lehrkräfte (anders als Englisch) ihren Klassen gerne mal vorsetzten. Aber vielleicht tue ich dem Buch auch unrecht, ich habe mich nie auch nur ein bisschen damit beschäftigt. Aber es stand mehrfach als Lektüre in der Auswahl.
Fast alles, an das ich mich erinnern kann, wird heute noch gelesen, oder taucht da und dort in Abituren oder Schulbüchern auf. (Dylan Thomas und Spike Milligan eher nicht.) Autorinnen sind heute ein wenig mehr dabei, hoffe ich.
Ich bin nicht gut im Stöckchenwerfen oder Themenvorschlagen – aber es würde mich schon interessieren, gerade bei späteren Lehrkräften, aber nicht nur da, wie andere sich an ihre Lektüren erinnern. War die Auswahl bei mir (Jahrgang 1967) typisch? Dass ich mich an so viel erinnern kann, liegt vermutlich daran, dass ich diesen Texten als Student und Lehrer immer wieder begegnet bin – sonst wäre nicht so viel hängengeblieben?
Nachträge – denn mir fallen immer mehr Sachen ein, waren doch eine Menge:d
John Steinbeck, „Of Mice and Men“ (12/13)
Ich weiß noch, dass ich das Wort „sycamore“ dort gelernt habe, gleich auf der ersten Seite. Sonst eher uninteressant, was Handlung oder Sprache betrifft. Der Lehrer, Herr Gratzke, sehr geschätzt, fragte die Klasse allen Ernstes, ob wir wüssten, wo der Titel wohl herkomme. Ich bot „are you a man or a mouse?“ an, aber das erwartete Robert-Burns-Gedicht konnte ich nicht liefern.
Alfred Andersch, Sansibar oder der letzte Grund (11)
Wenig Erinnerung, hat mich nicht interessiert.
Thomas Mann, „Tonio Kröger“ (12/13)
Und „Mario und der Zauberer“ gleich mit? Kamen in einem Band, aber ich erinnere mich nur an die eine Erzählung. Hat mir besser gefallen als der Andersch, weil sentimentaler, und sentimental mag ich immer noch; aber dennoch uninteressant, weil ja nichts passierte.
Friedrich Dürrenmatt, Der Richter und sein Henker (ha! endlich Mittelstufe, 9 oder 10)
Das Titelbild hat mir nicht gefallen, wie die meisten Titelbilder von Schullektüren, oder die gekritzelten Innenillustrationen. So Gebrauchskunst, wie ich sie mit Zahnarztpraxen verbinde. Dann lieber gar nichts wie bei Reclam. (Fotos gehen natürlich auch gar nicht. Titelbilder von Schullektüren, mal ein eigenes Thema wert.) Außerdem erinnere ich mich an das mindestens an einer Stelle erscheinende „Mano“, der Anrede nachgestellt, das wohl doch nichts mit dem süddeutschen „menno“ oder „männo“ meiner Kindheit zu tun hat, sondern, wie ich inzwischen weiß, eine berndeutsche, etwas herablassende Anrede für einen Mann ist, dessen Namen man nicht kennt. — Krimis mochte und kannte ich, war von diesem enttäuscht. The Maltese Falcon hatte ich wohl noch nicht gelesen, aber natürlich gesehen.
Carl Zuckmayer, Der Hauptmann von Köpenick (10?)
Gerhart Hauptmann, Der Biberpelz (10-13?)
Carl Zuckmayer, Des Teufels General (11?)
Deutsche Kurzgeschichten 9.-10. Schuljahr (9? gaaaanz dunkel)
Keine Erinnerung an den Unterricht, aber diese drei Stücke haben wir auch gelesen. Null Interesse. Beim ersten kannte ich den Film. Ansonsten: Drama war nie meins. Ob ich mir die Kurzgeschichtenanthologie nur bei einbilde, kann ich nicht sicher sagen. Vielleicht eine andere Sammlung? Ich habe ganz vage Erinnerungen an Poe auf Deutsch irgendwo.
Ian Fleming, For Your Eyes Only (9/10, fünf Bond-Kurzgeschichten)
John Buchan, The 39 Steps (11)
Tennessee Williams, The Glass Menagerie (12/13)
Erst mit teilweise großer Verspätung sind mir die eingefallen, und auch nur nach Anregung: Mittelstufe halt, oder Drama, ich glaube, da blieb einfach nichts hängen. Die ersten beiden Texte waren für die Schule bearbeitet (was mich nur bei John Buchan störte), beide hätten mir vom Thema eigentlich liegen müssen, taten das aber nicht. Ich kann mich auch nicht an Wörter oder Szenen daraus erinnern. Bei dem Williams wenigstens noch an zwei Wörter.
Wer auch darüber schreibt:
- Anne Schüssler, Schullektüre (schon 2017 geschrieben)
- Kiki Thaerigen, Schullektüre
- Fontanefan, Schullektüren in meiner Schulzeit
- Novemberregen, Schullektüre
- hmbl, 10.8.2021: Exkurs Schul-Lektüre
- Herzbruch, Schullektüren
- Hauptschulblues
- Herr Mess, Lateinlektüren meiner Schulzeit
- Hafensonne, Schullektüre
- poupous geheimes laboratorium, Schullektüren
- The Diary of Kitty Koma, Schullektüre
- Iberty as in Liberty, Schullektüren, 1987-1995
- Anke Groener, Schullektüren
- joel.lu, Schullektüre
- madiko, Schullektüre 1981-1993
- croco
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