Den ersten Wandertag im Jahr hatte ich bestimmt, über das Ziel des zweiten dürfen die Schüler entscheiden. Dazu schlugen sie Ziele vor, manche fade, andere interessanter. Für jedes Ziel fand sich ein Pate, der Details recherchieren und der Klasse einen Plan präsentieren sollte.
Heute fanden diese Präsentationen statt. Manche waren ordentlich, andere – darunter auch das später gewählte Ziel – nur rudimentär, so dass die Vorbereitung noch einiges an Besprechung kosten wird.
Und eine Präsentation war head and shoulders über den anderen. Das war auf mehreren Ebenen eine Vorführung.
Das Ziel: Salzburg. Statt Powerpoint gab es ein Dutzend sorgfältig gestaltetet DIN-A-3-Bögen, riesige cue cards sozusagen, mit denen die Schülerin ihren Vortrag in rascher Folge visuell unterstützte. Die kurze Anspielung auf Bob Dylan musste ich mir danach erst von Kollege Z. erklären lassen, dem ich das natürlich alles brühwarm erzählt habe.
Nicht nur waren Fahrtzeiten, Eintrittspreise und Sehenswürdigkeiten gründlichst recherchiert. Dazu kam ein gesunder Sinn für Timing und das Absurde. Auf einem Blatt waren Gemälde des Wiener Aktionismus nachgemalt, die nackten Frauen allerdings zensiert. „Salzburger Nockerln“ wurden vorgestellt: „Sie bestehen fast nur aus“ (neues Blatt) „Ei und Zucker“ (auf dem Blatt, fein säuberlich, die Worte „Ei“ und „Zucker“). Von einer weiteren kulinarischen Spezialität berichtete ein Blatt mit der Aufschritt „Die Entdeckung der Currywurst Bosna“*.
Klasse. So trocken wie möglich vorgetragen, auf so vielen Ebenen ironisch, aber auch aus echtem Anliegen heraus: Die Schülerin wollte wirklich am Wandertag nach Salzburg, und nicht wenige – aber leider zu wenige – mit ihr. Allein aufgrund der Präsentation hätte ich als Schüler für Salzburg gestimmt. Um das zu honorieren.
So stelle ich mir heimlich übrigens schon länger Abstimmungen in der Schule vor, auch Klassensprecher- und vor allem SMV-Wahlen: Mit Wahlkampf, Argumenten, Informationen, Positionen.
*Die Bosna: Heute verbreiteter, kannte ich sie in meiner Jugend außerhalb von Österreich nur in Augsburg. Schweinsbratwurst, glaube ich, vor allem rohe Zwiebel und viel Paprikapulver, lange Semmel dazu. Die noch schärferen Varianten hießen zu meiner Schulzeit „Jaguar“ oder „Super-Jaguar“, und gekriegt hat man sie in einem kleinen Laden unterhalb des Judenbergs, nur ein wenig unterhalb des besten kleinen Ladens für gebrauchte Comics und Heftromane und Taschenbücher, den es damals gab.
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